Das magische Schwert
wurde. Ihr Arm wurde von dem Schlag erschüttert. Beide ließen sie ihre Waffen fallen. Petra sah Blut tropfen.
Dann merkte sie, dass es ihres war.
»Petra!« Kits Gesicht war kreidebleich. »Geht es dir gut?« Er griff nach ihrer linken Hand, und dann sah sie den Schnitt auf ihrem Handgelenk, wo sie die Bruchkante von Kits Schwert über dem Dolch gesteift hatte. »Es tut mir so leid!«
Jetzt spürte sie den Schmerz. Aber es war nicht so schlimm und die Blutstropfen waren klein. »Es ist nur ein Schnitt, das ist nicht so tragisch.«
»Doch, ist es!« Kit schob sie zu einer Bank, hob schnell den Deckel eines Kastens hoch, riss eine Stoffbandage heraus und kniete sich neben sie. Schnell verband er ihr Handgelenk.
Er war fast schon verzweifelt, was, wie Petra fand, schon
irgendwie komisch war, wenn man bedachte, dass es beim Fechten schließlich nur darum gehen sollte, Leute aufzuschlitzen. »Kit, das tut nicht so weh. Und ich weiß, dass du es nicht mit Absicht gemacht hast.«
»Aber ich hab mich so bemüht, vorsichtig zu sein!«
»Es war ein Unfall. Mach dir deswegen keine Gedanken.« Sie stutzte kurz. »Aber warum tröste ich eigentlich dich, wenn ich es bin, die blutet?«
Er lachte leicht.
»So was musste ja früher oder später passieren«, sagte sie. »Wir benutzen schließlich richtige Waffen.«
»Das ist es ja gerade! Das sollten wir nicht mehr machen. Du bist Anfängerin und wir müssten mit Übungsschwertern aus Holz fechten. Ich hab das Dee gesagt. Ich hab’s ihm gesagt und er hat nicht auf mich gehört. Er hat darauf bestanden, dass wir Metall benutzen!«
Petra stand auf. Ihr war eingefallen, dass es zu dieser Situation nur gekommen war, weil sie Magie eingesetzt und Kits Schwert zerbrochen hatte. Sie ging zu der metallenen Spitze, rund acht Zentimeter lang, die auf dem Boden lag, und hob sie auf.
»So was ist mir bis jetzt noch nie passiert.« Kit betrachtete sein Schwert genauer. »Da muss eine fehlerhafte Stelle in der Klinge gewesen sein.«
»Glaube ich auch.« Petra blickte auf das Metallstück in ihrer Hand. Dann steckte sie es in die Tasche, weil sie nicht wusste, was sie sonst damit machen sollte.
»Lass uns von hier verschwinden«, sagte Kit unvermittelt.
»Wohin?«
»Irgendwohin.«
Während sie gingen, war er still, was Petra gelegen kam, denn sie musste über vieles nachdenken, angefangen mit der neuen Wendung, die ihre magische Fähigkeit genommen hatte. Und dann war da die Tatsache, dass Kit sich wegen einem kleinen Schnitt so aufregte.War es falsch, wenn sie sich darüber freute?
Verstohlen warf sie einen Blick auf Kit - und trat prompt in eine Pfütze. Also das ist der Frühling in London , dachte sie verärgert. Schlamm und Wasser. In Okno würden sich jetzt die Knospen an den Bäumen zu kleinen Fäusten kringeln. Hier in London gab es keine Bäume. Der Himmel war blass, die Straßen schmutzig.
Petra kannte diesen Teil von London nicht. Sie waren westlich von Cheapside, das wusste sie. Die Häuser waren klein, schmal und schäbig. Die Menschen sahen ihnen ziemlich ähnlich.
»Ich kapier das nicht«, brummte Kit. »Was für ein Spiel spielt Dee?«
»Was meinst du damit?«
»Erst einmal, warum will er, dass du fechten lernst?«
»Mein Vater … hat mir ein Schwert gegeben. Dee hat gedacht, ich sollte lernen, damit umzugehen. Und ich wollte das auch.«
»Warum?«
Petras Stimme war leise. »Ich hab gedacht, ich hätte Talent dafür.«
»Hast du ja auch«, sagte er. »Du bist ein Naturtalent. Manchmal kann ich gar nicht glauben, dass du seit Jahren nicht trainiert hast.« Er sah sie an. »Ich glaube, ich weiß noch einen anderen Grund, warum du den Unterricht so ernst nimmst.«
Angst überkam sie. Konnte er von den Gristleki wissen? Von den Albträumen, die sie nach über fünf Monaten in London
noch hatte, und in denen sie die brennende Berührung ihrer grauen Haut spürte? Sie hatte sich das noch gar nicht klargemacht - nicht bis zu diesem Augenblick -, dass sie immer noch grässliche Angst vor ihnen hatte, aber das Fechtenlernen geholfen hatte, das Entsetzen unter Kontrolle zu halten.
»Es ist wegen deinem Vater«, fuhr Kit behutsam fort. »Ich weiß, dass er dir fehlt. Dee hat gesagt, dass er vor Kurzem gestorben ist.«
»Aber …«
»Ich bin auch Waise. Es macht mir nichts aus. Nicht wirklich. Meine Eltern sind an den Pocken gestorben, als ich noch ein Baby war. Ich erinnere mich nicht einmal an sie. Aber wenn ich etwas von ihnen hätte, so wie du das Schwert
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