Das magische Schwert
weiterzuerzählen.«
»Cotton ist ermordet worden«, rügte Margaret. »Das ist nicht unbedingt guter Tratsch.«
»Na, er ist doch selber schuld, dass es mir piepegal ist, ob er tot ist. Er hat seine Bibliothek nie verlassen, außer um Bücher zu kaufen. Es ist doch ein Wunder, dass jemand überhaupt gemerkt hat, dass er tot ist, und dass er keine Haustiere hatte, denn wenn er welche gehabt hätte, darauf verwette ich meine neuen Fächer mit dem Elfenbeingriff, dann hätten die nichts von seiner Leiche übrig gelassen.«
»Madinia, du bist wirklich eklig! Können wir bitte aufhören, über Tote zu reden und Tiere, die sie auffressen?«
»Warum? Du bist doch die, die damit angefangen hat!«
Margaret schnappte sich ein Buch und schmiss sich damit in einen Sessel in der Zimmerecke.
Madinia, die entschied, ihre Schwester auch nicht weiter zu beachten, nahm sich eine kleine Gießkanne von einem Beistelltisch
neben ihr und fing beleidigt an, den Pflanzen Wasser zu geben.
In Petras Kopf rasten die Gedanken. Robert Cotton war auch ermordet worden? Da musste es einen Zusammenhang mit dem Tod des Westens geben … aber welchen?
Sie wollte darüber nachdenken, wurde aber bald durch einen neuen Ausbruch von Konversation zwischen den Schwestern abgelenkt.
»Madinia« - Margaret blätterte eine Seite in ihrem Buch um -, »diese Kuckucksblume ist künstlich.«
»Künstlich?« Madinia goss einen dünnen Strahl Wasser auf rosa Blütenblätter.
»Die Blumen sind aus Seide.«
»Seit wann? Ich gieße diese Pflanze schon zwei Jahre!« Das Wasser floss über den Topfrand und auf den Boden. »Oh, Mist!«
»Du sollst nicht so rumfluchen. Und diese Pflanze war immer schon künstlich. Du glaubst doch nicht im Ernst, Dad würde eine echte Kuckucksblume im Haus dulden.«
»Warum nicht?« Petra hatte noch nie von dieser Pflanze gehört.
»Kuckucksblumen können ihren Mund nicht halten«, sagte Madinia.
»Blumen haben keinen Mund«, sagte Margret.
»Du weißt, was ich meine.«
»Du weißt doch, dass Blumen Pollen haben?«, fragte Margaret Petra, die nickte. »Und dass Menschen Teile von sich abstoßen?«
»Äh, nein. Haben die Menschen in England abnehmbare Zehen?«
Madinia kicherte, doch da einer von Petras besten Freunden Finger mit unsichtbaren Fingerspitzen hatte, die er sehr
weit ausstrecken konnte, hielt sie nichts mehr für unmöglich. Also ging Petra davon aus, dass die Menschen in England abnehmbare Zehen haben konnten.
»Du stößt ständig etwas ab. Du verlierst Wimpern, Haare fallen dir vom Kopf oder du kratzt ein Fleckchen trockener Haut ab«, erklärte Margaret. »Wenn du das in der Nähe einer Kuckucksblume machst, nimmt sie die Dinge in ihre Pollen auf und erinnert sich an dich. Wenn diese Pflanze eine echte Kuckucksblume wäre, und ich würde ihr ein Blütenblatt ausreißen, würde sie vielleicht schreien: ›Margaret‹ oder ›Madinia‹ oder ›Petra‹!«
»Ach so«, sagte Petra. »Eine Kuckuckspflanze ist nicht gerade besonders angebracht in einem Haus mit einem Spion, der seine Treffen geheim halten möchte.«
»Nicht so sehr«, sagte Madinia. »Ich meine, wenn jemand herausfindet, dass Dad sich mit dem Westen am Morgen seines Todes …«
»Madinia!« Margarets Augen waren vor Schreck weit aufgerissen.
»Ups.« Madinia biss sich auf die Lippe.
»Was sie damit meint«, Margaret wandte sich an Petra, »wenn Dad sich - mal rein hypothetisch angenommen - mit dem Westen getroffen hätte, würden sich daraus natürlich einige Fragen ergeben. Aber da er an diesem Morgen unserem Lautespiel zugehört hat, gibt es da überhaupt kein Problem.«
Kein Problem? , murmelte Astrophil. Hört sich das für dich wie eine Lüge an, Petra? Also, für mich schon.
Petra stimmte ihm zu. Sie verstand nicht, wie die Todesfälle von Robert Cotton und Gabriel Thorn zusammenhingen, doch dieses Gespräch mit Madinia und Margaret rückte andere Dinge an ihren Platz.
Petra erinnerte sich daran, wie Walsingham und Cecil an dem Tag, als sie sich in Whitehall trafen, um Thorns Leiche zu untersuchen, irgendeine Art Reaktion von Dee erwartet hatten. Sie wusste, dass Thorn beinahe Agathas Verstand zerstört hätte. Petra rief sich Dees Zorn ins Gedächtnis, als Walsingham von seinen »hohlköpfigen Wohltätigkeitsfällen« sprach.
Madinia und Margaret mussten die Geschichte ihrer Mutter kennen, sonst wären sie nicht so besorgt darum, ihren Vater zu schützen - und vielleicht sollten sie besorgt sein, wenn Dee sich mit Thorn so
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