Das Majestic-12 Dokument : Thriller (German Edition)
»Tra- - -ria«, was vor einer kleinen Ewigkeit wohl einmal »Trattoria« geheißen haben musste. Wallace ging geradewegs auf die bescheidene Trattoria zu, überhörte die wahrscheinlich wahnsinnig komischen Sprüche, welche die Teenager lachend losließen, als er an ihnen vorbeikam, und verschwand kurz darauf in der niedrigen Eingangstür. Warme, abgestandene Luft und ein Geruch nach Wein, Schweiß und Zigarettenrauch empfingen ihn. Hier war es entschieden leerer und vor allem leiser als in den Restaurants der Hauptstraße. Ein paar Einheimische saßen an den Tischen und verfolgten ein Fußballspiel in einem kleinen Fernseher, der provisorisch unter der Decke angebracht war. An der Bar diskutierten zwei ältere Italiener mit einem schlanken Mann mittleren Alters hinter dem Tresen. Dieser trug eine auffällige Brille mit so starken Gläsern, dass seine Augen aussahen, als würden sie jeden Augenblick aus seinem Gesicht quellen.
»Bonna sera. Telefono per favore?«, stammelte Wallace, und der Mann mit den Fischaugen zeigte, ohne das Gespräch mit den
beiden anderen Männern zu unterbrechen, gelangweilt auf einen
schmalen Flur neben einer Schwingtür. Ein überraschend modernes Münztelefon hing an der Wand und Wallace begann, hastig erst die Vorwahl, dann Judiths Nummer zu wählen. Es klingelte einmal. Es klingelte wieder. Wallace überlegte, was er ihr sagen sollte: Hallo, wie geht´s? Ach übrigens, du bist in Lebensgefahr. Blödsinn. Sie würde ihn für verrückt halten. Wieder klingelte es. Rasch legte er seinen Finger auf die Gabel. Vielleicht würde er sie nur mit reinziehen, wenn er sie jetzt anriefe? Sie würde sich sicher anders, auffällig verhalten oder gar zur Polizei gehen und damit alles nur noch schlimmer machen. Unschlüssig starrte er auf den Münzeinwurf. Vielleicht war es aber auch naiv zu glauben, er könne sie da raushalten. Hier ging es um Mord. Sicher würden die Killer vor nichts zurückschrecken, um ihr Ziel zu erreichen. Was sollte er also tun?
Frank fiel ihm ein. Er war zwar sein wissenschaftlicher Mit-arbeiter, stand aber in keinem verwandtschaftlichen Verhältnis zu ihm. Frank würde sicherlich nicht beschattet werden. So könnte er unauffällig herausfinden, wie es Judith geht, und in Erfahrung bringen, ob sonst noch etwas Beunruhigendes vor sich ging. Das war eine gute Idee, wie Wallace fand. Auf Frank konnte er sich verlassen. Außerdem hatte er ohnehin versprochen, sich bei ihm zu melden.
Er wählte hastig Franks Nummer und schon nach dem zweiten Klingeln nahm Frank ab: »Ja?«
»Frank, ich bin´s, Colin.«
»Colin? Verdammt endlich! Bist du in Florenz?«
»Ja. Alles in Ordnung bei mir. Und bei dir?«
»Oh Mann, da fragst du noch! Die Polizei war uns in der Uni. So ein Inspektor hat nach dir gefragt.«
»Und? Was wollte er?«
»Er sagte, du hättest dich im Präsidium gemeldet. Du hättest nach Polizeischutz verlangt. Er klang sehr misstrauisch.«
»Kann ich mir vorstellen. Und was hast du ihm gesagt?«
»Gar nichts. Ich hab gesagt, dass du dir Urlaub genommen hast. Er meinte, ich soll mich gleich melden, wenn ich etwas von dir höre. Er schien ein wenig beunruhigt.«
»Und dann?«
»Dann ist er gegangen.«
»Mmh. Okay.« Er ließ eine kleine Pause aufkommen. »Weißt du, wie es Judith geht?«
»Judith? Na, ich denke gut. Ich habe sie gestern zufällig getroffen. Sie war mit Einkaufstüten bepackt und machte einen ausgeglichenen Eindruck – soweit ich das beurteilen kann«, setzte er unsicher hinzu.
»Ah. Dann geht´s ihr also gut. Wie schön …« Neben einem Gefühl von Erleichterung spürte Wallace einen Anflug von Verärgerung darüber, dass sie die Scheidung anscheinend so gut wegsteckte.
»Aber was ist denn nun bei dir los?«, fragte Frank. »Hast du schon was herausgefunden? Und wer ist eigentlich diese Frau bei dir?«
Franks Stimme klang besorgt. Zu recht, wie Wallace zugeben musste. Er erzählte Frank in groben Zügen die ganze Geschichte und dieser kam aus dem Staunen nicht mehr raus. Gebannt hörte er zu, als Wallace beschrieb, wie sie den Treffpunkt im Baptisterium gefunden hatten. Natürlich berichtete er von dem Treffen mit Green und es tat ihm gut, mit Frank zu reden - den ganzen Ballast einfach einmal jemanden erzählen zu können.
Und je länger er sprach, desto mehr kam es ihm vor, als spiele er die Hauptrolle in einer James-Bond-Verfilmung: Inspektor Wiskin, die CIA. Wenn das alles nicht so bitterernst gewesen wäre, wäre es schon fast wieder
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