Das Mal der Schlange
schottischen Familien zum Begräbnis gebeten, die Ältesten sowie einige handverlesene Jäger, denen er vertraute. Sie alle waren in den Farben ihrer Clans gekommen, die Männer im Kilt, die Frauen trugen Schärpen in ihren Tartans.
Bevor sie Edinburgh verlassen hatten, war Adam zu ihr gekommen, mit einer blau-weiß-roten Schärpe in der Hand.
„ Das sind zwar die MacFarlane Farben“, hatte er schüchtern gesagt, „Aber ich dachte, da du keines hast, könntest du ja mein Tartan bei der Beisetzung tragen.“
Sie wusste, dass ihre Antwort ihn verletzen würde, aber sie war dennoch ehrlich, „Ich danke dir Adam, und weiß deine Geste sehr zu schätzen, aber ich denke nicht, dass ich die Farben deines Clans tragen kann. Das steht mir nicht zu.“
„ Wie du meinst.“
Irgendwie war sie sich sicher, dass es ihm viel bedeutet hätte, aber sie brachte es nicht übers Herz.
Victor hatte den verlegenen Moment unterbrochen, indem er mit einer anderen Schärpe durch die Tür kam, das Muster darauf war rot, blau und grün.
„ Emmaline, da Nathaniel nicht hier ist, dachte ich, du solltest seine Clanfarben heute tragen. Weil du und er doch…“, er sah erstaunt von einem zum anderen, „Was ist, stimmt etwas nicht?“
„ Nein, nein“, beeilte sich Emmaline zu sagen, „Es ist nur – Adam hatte mir angeboten, seine Farben zu tragen.“
„ Oh!“, Victors Blick bohrte sich in Adams Augen, „Ich verstehe.“
„ Tust du nicht. Es war ein rein freundschaftliches Angebot. Ich wusste nicht, dass du ihr die Robertson Schärpe geben willst. Ich dachte nur, bevor sie gar keine hat…“, kühl hielt er Victor stand.
„ Nach allem was war, gehört sie doch immer noch zu Nathaniel, Bruder, also sollte sie die Farben seines Clans tragen.“, er streckte die Hand aus und gab Emmaline das schmale Wolltuch.
„ Robertson?“, flüsterte Emmaline, „War das früher Nathaniels Name?“, ehrfürchtig legte sie sich die Schärpe um und zupfte sie zurecht.
„ Oh bitte!“, zischte Adam, „Sie kennt nicht einmal seinen Namen! Wie kann sie zu ihm gehören, wenn er ihr nicht einmal sagt, wie er heißt?“
Victor legte ihm die Hand auf die Schulter, „Lass es gut sein, die Dinge sind, wie sie sind.“
„ Das weiß ich!“
Während des Weges hinaus aufs Moor hatte er kaum mit ihr gesprochen und nun standen sie nebeneinander in einer flachen Felsenhöhle am Rande des Sees, inmitten ihrer Brüder und Schwestern.
Die Dämmerung brach an und die Jäger zündeten Fackeln an, anstatt ihre mitgebrachten Taschenlampen zu verwenden. Alles sollte so sein, wie schon seit Urzeiten.
Victor stieg in ein Boot und ruderte hinaus auf den See. In der Mitte angekommen, hielt er eine kleine kupferne Urne hoch, in der sich Liams Asche befand. Vom Ufer aus konnten sie seine Worte so deutlich hören, als würde er neben ihnen stehen. Die alte kehlige Sprache, die keiner von ihnen je gelernt hatte, aber die sie alle verstanden, hallte über das Wasser als er segnende Abschiedsworte sprach und die Urne im schwarzen Moorsee versenkte, damit Liam neben seinen verstorbenen Brüdern und Schwestern schlafen konnte.
Emmaline reihte sich in die Linie der Jäger ein, die ihre Fackeln im Wasser löschten, einer nach dem anderen.
Die Zeremonie war kurz, aber alle fühlten die Schwere der Stunde und obwohl sie Liam nicht wirklich gekannt hatte, trauerte Emmaline um ihren Bruder, der vor seiner Zeit hatte sterben müssen.
Nachdem die letzte Fackel gelöscht war, wurde in der Höhle ein großes Feuer entzündet. Der Wind verblies den Rauch noch bevor er richtig aufsteigen konnte und es war kalt und dunkel. Man konnte nur die Gesichter derer erkennen, die den Flammen am nächsten standen, bereits die zweite Reihe lag im Schatten.
Nathaniel hatte sich seit dem Vortag in einer kleinen Nische hoch in der Höhlenwand versteckt und das Begräbnis von dort aus beobachtet.
Obwohl er erschüttert war, erfüllte es ihn mit Stolz Emmaline in den Farben seines Clans zu sehen. Es weckte in ihm die Hoffnung, dass doch noch nicht alles verloren war. Anscheinend hatte sie sich mit Adam ausgesprochen, denn er stand die ganze Zeit über dicht neben ihr. Fast wirkte es so, als seien sie befreundet.
Nun trat Victor nach vorne und das Licht des Feuers fiel auf ihn, so dass alle ihn sehen konnten.
„ Meine Brüder und Schwestern“, begann er mit lauter Stimme, die von den Wänden widerhallte, „Wir haben uns heute aus einem traurigen Grund hier versammelt. Unser Bruder
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