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Das Mal der Schlange

Das Mal der Schlange

Titel: Das Mal der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Oliver
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telefoniert. Es wäre sehr bedauerlich, wenn du ihn durch irgendetwas Unüberlegtes in Gefahr bringen würdest.“
    Die Drohung verfehlte ihre Wirkung nicht, sie nickte und blieb sitzen.
    „ Weißt du“, fuhr er fort, „ Als ich überlegte, mit wem aus Victors unmittelbarem Dunstkreis ich in Verbindung treten sollte, fiel meine Wahl sofort auf dich. Ich denke wirklich, dass wir viel gemeinsam haben.“
    „ Das glaube ich nicht“, flüsterte sie.
    Er lächelte ein unwiderstehliches Kinderlächeln. Ein Mann mit dem Gesicht eines Jungen.
    „ Was würdest du tun, wenn jemand die Person brutal ermordet, die du liebst?“, er legte den Kopf schief, als ob er nachdächte und fuhr dann fort, „Aber das ist ja gar keine Hypothese, nicht wahr? Das ist dir tatsächlich zugestoßen. Genau wie mir. Und ich weiß, wie deine Reaktion darauf war. Brilliant!“
    Emmaline wurde blass. „Woher weißt du das?“
    „ Es gibt nicht viele Menschen, die man nicht zum Reden bringen kann. Und die Ältesten sind doch am Ende wieder genau das – nur Menschen. Der arme Sisto, er hat wirklich eine lange Zeit Widerstand geleistet, aber am Ende hat auch er mir alles gesagt, was ich wissen wollte. Es stellte sich dann nur bedauerlicherweise heraus, dass seine, sagen wir, „Konstitution“ nicht ganz so stabil war, wie die eines Jägers. Leider hat er sich von der „Befragung“ nicht mehr erholt. Er hätte besser früher gesprochen.“ Er nahm einen Schluck aus Nathaniels Glas.
    „ Du bist ein Monster!“
    „ Auch darin ähneln wir uns, Schwester. Wir sehen beide aus wie Engel, sind aber im Grunde nichts anderes, als Killer.“
    „ Ich bin kein Killer.“
    „ Ach nein? Was würde wohl Massimo dazu sagen, wenn er noch antworten könnte?“, er lehnte sich verschwörerisch nach vorne, „Einen Zeitjäger zu töten ist unerhört! Es ist das größte Verbrechen, das wir kennen. Also erzähle mir nicht, dass du auch nur einen Deut besser bist, als ich!“
    „ Meine Beweggründe waren anders. Ich habe aus Liebe getötet, du tötest aus Habgier.“
    Er lachte kurz auf, „Hat Victor dir das erzählt? Was für ein Unsinn! Ich töte aus genau demselben Grund, wie du! Victor war nicht immer so selbstgerecht – er war ein wildes, mordendes Tier, ein reißender Wolf, als ich ihn traf! Ich stamme aus einer sehr wohlhabenden, mächtigen Familie, wusstest du das? Meine Eltern herrschten über große Ländereien. Natürlich geht nicht immer alles gerecht zu, wenn man die Verantwortung für viele Dörfer und Familien trägt, aber deswegen hatten sie es noch lange nicht verdient, zu sterben. Victor kam mit seinen Leuten und hat sie abgeschlachtet, sich all ihrer Güter bemächtigt und ich glaube ihm bis heute nicht, dass er einen Auftrag dazu hatte! Er ist nicht das väterliche Oberhaupt, das er vorgibt zu sein!“
    „ Tristan. Man kann nicht immer in der Vergangenheit leben. Was geschehen ist, kannst du nicht mehr rückgängig machen – aber du kannst entscheiden, was passieren wird. Es gibt immer einen anderen Weg, als Blut mit Blut zu vergelten. Außerdem glaube ich nicht, dass du ein besseres Oberhaupt wärst, als er.“
    „ Anscheinend hat er dich auch damit belogen – mir liegt nichts daran Oberhaupt zu werden. Ich bin gekommen, um dir die Wahrheit zu sagen und dir eine Wahl zu lassen. Dir und allen, denen du davon erzählst. Wählt, auf wessen Seite ihr stehen wollt. Jeder, der sich für Victor entscheidet, ist mein Feind. Aber es muss nicht so sein.“ Er griff über den Tisch und nahm ihre Hand. Trotz ihrer Nervosität empfand sie seine Berührung nicht als unangenehm. Während er sprach, drehte er langsam ihre Handfläche nach oben, „Alles, was ich will, ist Victors Herz und seinen Kopf. Quid pro quo – was er mir genommen hat, werde auch ich ihm nehmen – ich hatte gehofft, damit bei dir auf etwas Verständnis zu stoßen. Liam war sein Handlanger und direkt beteiligt an der Ermordung meiner Familie, er hatte es verdient, zu sterben.“ Er ließ etwas Kühles in ihre Hand gleiten und schloss ihre Finger darüber, „Victors Herz habe ich mir schon geholt – fehlt also nur noch sein Kopf – und ich betone noch einmal, dass ich nur den seinen will, nicht den meiner Brüder und Schwestern.“ Damit stand er auf, beugte sich über den Tisch und hauchte sanft einen Kuss auf Emmalines Stirn. Tristan roch nach Verbene und Zedernholz und seine Lippen waren kühl, „Betrachte alle Seiten, bevor du urteilst und wähle klug, kleine

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