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Das Mal der Schlange

Das Mal der Schlange

Titel: Das Mal der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Oliver
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drehte sich auf den Rücken, „Aber sieh mich an. Ich bin eine Abart der Natur, ich weiß nicht einmal, ob ich mich noch Mensch nennen darf, und trotzdem bin ich hier.“
    „ Weißt du, mir war von Anfang an klar, dass Nathaniel nicht dein Cousin sein kann und etwas anderes für dich empfindet als familiäre Nächstenliebe.“
    „ Ach ja?“
    „ Die Art und Weise, wie er dich ansieht. Sie ist nicht brüderlich. Aber er hat mich im Krieg beschützt und dafür werde ich ihm ewig dankbar sein.“ Er beugte sich über sie und küsste sie, „Trotzdem will ich, dass er nie wieder in deine Nähe kommt.“

34.

    „ Wir müssen weg von hier“, Emmalines Stimme war sanft, aber sie ließ keinen Zweifel an ihren Worten zu. „Wenn wir uns immer nur kurz an einem Ort aufhalten, werden sie uns nicht so leicht finden.“
    „ Was heißt nur kurz?“
    Sie zuckte die Schultern, „Ein paar Monate, vielleicht ein Jahr, aber nicht länger.“
    „ Ich bin eine alte Frau, Em, wohin schlägst du vor, dass wir gehen?“
    „ Am besten zuerst einmal nach Süden, dann weiter nach Westen. Bis du neunzig bist, sind wir sicher in Kalifornien.“
    Louise lachte, „Gott bewahre!“
    Daniele schloss Louises Koffer. „Was ist mit meinem Beruf?“
    „ Du musst ihn aufgeben. Geld ist kein Thema, wir haben genug davon.“
    Emmaline nahm das Bild vom Kaminsims und gab es Louise, „In den nächsten Wochen suchen wir uns ein neues Zuhause, dann können wir gelegentlich kurz mit Danieles Eltern in Kontakt treten, damit niemand Verdacht schöpft.“
    „ Das sollte kein Problem sein“, mit einem spöttischen Lächeln hob Daniele den Koffer ins Auto, „Meine Eltern wären eher beunruhigt, wenn sie öfter von mir hören würden.“
    Emmaline wunderte sich, dass Daniele und Louise die Tatsache, dass sie von nun an auf der Flucht waren, zu akzeptieren schienen.
    Zuerst fuhren sie nach Florida. Louise fand es schrecklich dort. „Zu viele alte Leute, zu viele Amerikaner“, launisch schnippte sie ihren Zigarettenstummel aus dem Autofenster.
    Nach wenigen Wochen entschlossen sie sich zur Weiterreise und durchquerten mehrere Bundesstaaten, bis Daniele und Louise übereinstimmend feststellten, dass sie lieber nach Kanada wollten.
    Emmaline war es vollkommen egal wohin sie fuhren, die Hauptsache für sie war die Sicherheit der beiden.
    Im Winter kamen sie in Vancouver an.
    „ Nun habe ich die Westküste doch noch lebend erreicht“, scherzte Louise. Sie mieteten ein großes Haus auf Vancouver Island und genossen die ruhige Abgeschiedenheit.
    Alle drei liebten sie das Meer, die Einsamkeit der Natur und den Wechsel der Jahreszeiten. Sie hatten nur wenig Kontakt mit den Einheimischen und nach Ablauf des ersten Jahres fühlte sich Emmaline so sicher, dass sie dem Drängen der anderen nachgab und einwilligte, noch länger zu bleiben. Louise erfreute sich bester Gesundheit, Daniele kaufte ein Boot und sie verbrachten viel Zeit auf See.

    „ Wir müssen nach Rom“, sagte Daniele eines Nachmittags. Er hatte Lachse gefangen und nahm sie auf der Veranda aus.
    Emmaline sah erschrocken auf, „Wieso nach Rom? Ist etwas mit Carlo und Eleonora?“
    Daniele nickte. „Sie sind tot.“
    „ Was? Woher weißt du das?“
    „ Von meinem Vater. Ich habe heute das obligatorische Telefonat mit ihm geführt. Sie hatten einen Autounfall, schon vor zwei Wochen. Offenbar hat es niemand für nötig gefunden, sich persönlich um die Beerdigung zu kümmern. Meine Eltern haben einfach nur Geld geschickt und alles telefonisch veranlasst.“ Er warf die Innereien in einen Eimer.
    „ Das ist ja schrecklich!“
    Sorgfältig spülte er den Fisch mit Wasser aus, bevor er ihn in die Gewürzlake zu den anderen vorbereiteten Lachsen legte. Wenn alles gut durchgezogen war, würden sie die Fische räuchern.
    „ Ehrlich gesagt, schäme ich mich für meine Eltern. Ich möchte nach Rom fahren und nach dem Grab sehen. Und wir müssen entscheiden, was mit dem Haus geschehen soll. Meine Großeltern haben es mir hinterlassen.“
    „ Natürlich“, Emmaline stand auf, „Ich werde mich um die Flüge kümmern.“
    „ Danke. Ich weiß, dass es vielleicht nicht ungefährlich sein wird, aber ich verspreche dir, wir bleiben nur kurz und reisen schnellstmöglich wieder ab.“ Er streckte die Arme zur Seite, um sie nicht mit seinen Fischfingern zu berühren und küsste sie. Dann nahm er den nächsten Lachs aus dem Eimer.

35.

    1959
    Rom
    Italien

    Louise war in Kanada geblieben. Sie hatten lange

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