Das Mallorca Kartell (German Edition)
Anwesenheit, blaffte sie ihn an. »Was machst du denn hier?« Sie wäre viel lieber alleine gewesen. Sie musste dringend nachdenken. Immer noch hallten die Worte es wäre zu gefährlich in ihr nach. Ángel war Chef einer Spezialeinheit. Er wusste, wovon er redete. Konnte es tatsächlich sein, dass sie für Ana durch die inoffizielle Akteneinsicht eine bedrohliche Lage heraufbeschworen hatte?
»Ich habe dir nur die Akten zurückgebracht. Alles erledigt. Dann wollte ich natürlich wissen, was bei der Besprechung herausgekommen ist. Viel kann es bei deiner Laune ja nicht gewesen sein.« Martin ging im Raum auf und ab.
»Setz dich, du machst mich nervös.« Cristina riss sich zusammen, sah Martins Arbeiten durch und erzählte ihrem Kollegen von der Absicht der Udyco, sich das Rathaus Andratx etwas genauer anzusehen. »So, und nun werde ich Herrn Balder anrufen und mich mit ihm treffen. Er hat das Recht zu wissen, dass wir einen Schritt weiter sind.« Aber erst werde ich Ana anrufen, dachte sie. Ich muss mit ihr sprechen und sie unbedingt fragen, ob jemand aus ihrem Büro etwas gemerkt haben könnte. Sie wusste, sie fände vorher keine Ruhe.
***
Noch am selben Tag trommelte Ángel Martínez Ruíz sein Team zusammen. Die Udyco ermittelte seit Monaten wegen der willkürlichen Vergabe von Baugenehmigungen. Es war bereits auffällig gewesen, dass fast jede Baustelle mit einem Schild einer ganz bestimmten Baufirma versehen war. Die Firma gehörte niemand anderem als dem Bürgermeister von Andratx! Bisher konnte man Juán Pérez de Barall nichts nachweisen, was Ángel mehr als nur eine schlaflose Nacht eingebracht hatte. Er wusste genau, dass Pérez de Barall noch mehr Dreck am Stecken hatte, als hinter vorgehaltener Hand getuschelt wurde. Pérez de Barall hatte in Abstimmung mit den zuständigen Bauträgern und Landschaftsarchitekten Liegenschaften aufgekauft, um dort angeblich Landwirtschaft zu betreiben. Ángel hatte sich schon damals schwer vorstellen können, wie der Bürgermeister mit Gummistiefeln auf einem Acker oder einer Mandelplantage stünde; es sei denn, die Presse wäre zugegen. Diese Information war ihm von einem Anwohner zugespielt worden. Daraufhin hatte die Udyco das Gelände überwacht. Innerhalb von vierzehn Tagen lag für dieses Gebiet eine Baugenehmigung für eine zweistöckige Lagerhalle mit achthundert Quadratmetern bebaubarer Fläche vor. Warum man für eine kleine Plantage mit nur fünftausend Quadratmeter Grund und einigen lausigen Mandelbäumchen ein Lager in dieser Größe benötigte, war ihm ein Rätsel gewesen, welches sich jedoch kurze Zeit später löste. Nach weiteren drei Monaten war eine zweistöckige Villa mit Swimmingpool auf das Grundstück gezaubert worden, welche der Bürgermeister nun bewohnte. Mit einer Lagerhalle hatte das Anwesen nichts gemein. Nach erneuter Einsicht war die Lizenz kurzerhand erweitert worden, und ein Stempel prangte auf der Genehmigung für den Bau einer landwirtschaftlichen Finca. Die einzelnen Gemeinden waren eigenständig und nicht dem Inselrat unterstellt. Sie durften Baugenehmigungen nach eigenem Ermessen erteilen. Ángel wünschte, es wäre nicht so einfach. Noch mehr wünschte er sich jedoch, Pérez de Barall endlich etwas nachweisen zu können. Schon in den ersten Jahren seiner Amtszeit als Bürgermeister machte es in der Gemeinde Andratx die Runde, wer auf die Schnelle eine Genehmigung benötige, solle sich nach Möglichkeit einen neuen Wagen zulegen. Das Autohaus von Pérez de Barall verkaufte in den folgenden zwei Jahren mehr Fahrzeuge als je zuvor und die Anzahl der auf Mallorca zugelassenen Audis war rasant gestiegen. Die Ermittlungen führten meist in eine Sackgasse, da die Papiere das offizielle Siegel der Gemeinde Andratx trugen. Zudem konnte man keinem Bauherrn verbieten, sich genau in dieser Zeit einen Neuwagen zuzulegen. Dass der Bürgermeister mithilfe von Krediten und den erfolgreichen Autoverkäufen über kurz oder lang ein Bauunternehmen aufkaufte, wunderte niemanden. Man konnte auch keinen Bauherrn zwingen, sich ein anderes Bauunternehmen für den Hausbau auszuwählen. Dass zusätzlich noch Schmiergelder geflossen waren, war zwar naheliegend, konnte aber bisher nicht bewiesen werden. Die Informationen des GOB boten nun eine Möglichkeit für neue Ermittlungen.
Die Cala Llamp war als geschützte Zone eingetragen. Laut Gesetz durften nur Einfamilienhäuser gebaut werden. Cristina Díaz hatte die Ereignisse, die zur Anzeige durch
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