Das Mallorca Kartell (German Edition)
geschafft hatte, war das kurze Treffen mit Diego gewesen. Er hatte sich so scheußlich gefühlt, dass er den Umschlag, den er ihm in die Hand gedrückt hatte, achtlos eingesteckt und sich gleich verabschiedet hatte. Den von Diego angebotenen Drink hatte er wegen der sich anbahnenden Grippe dankend abgelehnt. Zu Hause hatte er erst nach dem Bad hineingesehen und fünftausend Euro darin gefunden. Eine Weile hatte er darüber nachgedacht, warum für Diego diese Information so wertvoll war. Eigentlich konnte es ihm egal sein. Trotzdem geriet er über die Höhe der Summe immer wieder ins Grübeln.
Martin stand von seinem Schreibtisch auf und schlenderte zu Cristinas Büro. »Hast du eine Ahnung, warum Ana nicht ans Telefon geht? Sie hat gestern nicht s von irgendwelchen Terminen erzählt. Zumindest kann ich mich nicht daran erinnern. Allerdings war ich auch ganz schön neben der Spur. Wie geht es dir eigentlich heute?«
Cristina sah vom Schreibtisch auf. »Dasselbe kann ich von mir behaupten. Ich habe die halbe Nacht nicht geschlafen.« Sie gähnte herzhaft. »Ich weiß auch nicht, wo Ana steckt. Ich habe sie vor einer Stunde versucht zu erreichen, aber bei ihrem Handy meldet sich nur die Mailbox. Wahrscheinlich hat sie mal wieder vergessen, den Akku aufzuladen. Wir könnten kurz in ihrem Büro anrufen.«
Auf den Gedanken war Martin auch schon gekommen, allerdings scheute er sich davor, weil er wusste, dass Ana ungern private Anrufe im Büro bekam. »Darf ich dein Telefon benutzen?«
Cristina nickte und hielt ihm den Hörer hin. »Gib sie mir bitte auch kurz.«
Martin tippte rasch die Nummer ein und wartete, bis jemand abnahm. Es war Iñaki, Anas Kollege, den er nie verstehen konnte. »Un momento, por favor«, brachte er noch über die Lippen und gab das Telefon an Cristina weiter.
In flüssigem Catalan erklärte Cristina, sie wolle gerne mit Ana sprechen. Sie hörte einen Moment zu und legte verblüfft auf.
»Ana ist heute nicht ins Büro gekommen. Sie hat sich bisher auch nicht gemeldet. Iñaki macht sich schon Sorgen um sie.«
Martin zog die Stirn kraus. »Ich fahre zu ihr. Sobald ich etwas Genaueres weiß, melde ich mich bei dir, okay?«
»Gute Idee. Fahr hin. Ich sage Jesús Bescheid.«
Irgendwie machte Martin Cristinas besorgter Gesichtsausdruck Angst. Er verließ ihr Büro, kramte seinen Schlüssel aus der Jackentasche und eilte aus dem Gebäude.
Fünfzehn Minuten später hielt er neben der Apartmentanlage in Sa Cabaneta. Direkt vor dem Gebäude parkten zwei Streifenwagen der Polizei. Er spürte, wie ihm alles Blut aus dem Körper wich. Mit zitternden Knien stieg er aus dem Wagen. In seinem Hals bildete sich ein Knoten, der ihm die Luft abschnürte. Er sah sich um und konnte Anas Wagen nirgendwo entdecken. Sein Gefühl sagte ihm trotzdem, dass die Polizeiwagen mit Ana zu tun hatten. Er beschleunigte seine Schritte. Sekunden später hatte er den Pool erreicht, hinter dem Anas Apartment lag. Vor der Tür standen zwei Uniformierte. »Ana!«, rief er laut und lenkte damit die Aufmerksamkeit der Polizisten auf sich. Er versuchte sich an den Beamten vorbeizudrängen, die ihn unter Protest zurückhielten. Er erhaschte einen Blick durch die offene Tür und sah, wie andere Polizeibeamte Anas Wohnung durchwühlten. »Ana!«, brüllte er erneut.
»Wer sind Sie und was wollen Sie hier?«, fragte ihn ein Polizist barsch, ohne seinen Arm loszulassen.
»Ich suche meine Freundin Ana. Ich konnte sie telefonisch nicht erreichen und auf ihrer Arbeitsstelle ist sie auch nicht. Was zum Teufel geht hier vor? Warum durchsuchen Sie Anas Wohnung?«
»Xisco, kommst du mal bitte?«, rief der Polizist nach einem Kollegen. »Ich habe hier den Freund von Señorita Llábras.«
Ein in Zivil gekleideter Mann kam aus Anas Apartment. »Xisco Garau«, stellte sich der Mann vor. »Ich bin hier der Einsatzleiter. Wer sind Sie?«
»Ich bin Martin Schneider, Ana Llábras Freund. Würden Sie mir endlich sagen, was hier los ist?«
Xisco Garau drängte ihn von der Eingangstür zurück und suchte nach einer Sitzgelegenheit im Garten. Er deutete auf eine Sonnenliege. »Setzen wir uns dorthin.«
Martin war mittlerweile klar, dass Ana etwas zugestoßen sein musste, und setzte sich widerstandslos neben Xisco auf die Liege.
»Es tut mir sehr leid. Ana wurde gestern Abend überfallen. Sie ist tot.«
Martin schüttelte den Kopf. Der Polizist musste sich irren. Ana konnte nicht tot sein. Sie war gestern im Kino gewesen und hatte bestimmt den
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