Das Mallorca Kartell (German Edition)
ich von Cristina habe.« Endlich hatte er eine Spur. Wenn Carlos und Cristinas Chef Jesús gemeinsame Sache machten, dann war Cristina tatsächlich in Gefahr.
»Mir fällt eben noch ein Gespräch ein. Vor einigen Tagen kam ich von einer Besprechung und hörte, wie Guillem Salinas telefonierte. Aus dem Gespräch werde ich immer noch nicht ganz schlau. Er sprach von einer Akteneinsicht durch Ana. Er meinte auch, er wisse nicht, wo die Kopien abgeblieben wären. Den Rest habe ich nicht verstanden, weil ich nicht von ihm gesehen werden wollte. Könnte es sich dabei um die Akten handeln, von denen du eben gesprochen hast?«
»Gut möglich. Weiß jemand, dass du das Gespräch belauscht hast?« Er musste unbedingt mit diesem Guillem sprechen. Wenn er ihn ordentlich in die Mangel nahm, würde er schon auspacken.
»Diesem Inspektor von der Udyco habe ich davon erzählt. Wie heißt er gleich? Ángel Martínez Ruíz. Er wollte mit Guillem darüber sprechen.«
»Genau das werde ich auch tun. Und dieses Gespräch könnte ziemlich schmerzhaft für ihn werden.« Juán Carlos` Stimme bekam einen harten Klang. »Wo finde ich diesen Kerl?«
Iñaki seufzte. »Er wird schon von der Udyco gesucht. Er hat sich kurzfristig Urlaub genommen. Seither hat er sich nicht mehr gemeldet. Dass er irgendwelche krummen Dinger gedreht hat, davon bin ich inzwischen überzeugt. Er hat das alles vor meinen Augen abgezogen, und ich habe nichts bemerkt. Das ärgert mich gewaltig. Es ist wohl Zeit, in Rente zu gehen.«
»Wir gehören noch lange nicht zum alten Eisen! Ich finde dieses windige Bürschchen schon. Die Jungen können noch einiges von uns lernen.« Mit Mitte fünfzig in Rente zu gehen, kam für ihn überhaupt nicht infrage. Wenn er an einer heißen Sache dran war, fühlte er sich keinen Tag älter als fünfundvierzig. Er wusste auch jetzt schon, was seine nächsten Schritte sein würden. Zufrieden lehnte er sich zurück und genoss die wärmenden Sonnenstrahlen auf seinem Gesicht.
***
Enrique Zapatero war seit Wochen nur noch ein Nervenbündel. Sobald das Telefon in seiner Praxis läutete, zuckte er nervös zusammen. Unter keinen Umständen wollte er auch noch Célia Crespo auf dem Gewissen haben. Er grübelte, was er tun könnte, um ihren Tod zu verhindern. Sollte er sie warnen? Nein, das würde nichts nützen. Sie würde trotzdem sterben.
Er horchte die Lunge seines kleinen Patienten ab. Der anhaltende Husten war auf die Bronchien geschlagen. Es war die richtige Entscheidung gewesen, ihn zu untersuchen, obwohl er die Praxis eigentlich schon geschlossen hatte. Mit dem richtigen Medikament wäre der Junge bald wieder auf den Beinen. Er nahm das Thermometer zur Hand, um die Temperatur des Jungen zu kontrollieren.
Das Schrillen des Telefons ließ ihn zusammenzucken. Vor Schreck rutschte ihm das Thermometer aus der Hand. Er blickte entschuldigend zur Mutter des kleinen Jungen, die ihn missbilligend ansah, und verließ das Behandlungszimmer, um den Anruf an der Rezeption entgegenzunehmen.
Enrique durchlief ein Schauer. Er war es. Er spürte es genau. Behutsam nahm er den Hörer ab. Die Stimme, die an sein Ohr drang, hatte nichts von ihrem befehlsgewohnten Klang verloren. Kalter Schweiß brach ihm aus. Es war so weit. Er sollte die nächsten Tage zur Verfügung stehen. Seine Bedenken, die er vorsichtig vorgebracht hatte, waren mit einem heiseren Lachen vom Tisch gewischt worden. Er hatte ihm nochmals gedroht, die Fotos zu veröffentlichen und ihn damit erneut eingeschüchtert. Er musste es tun, wenn er seinen angeschlagenen Ruf nicht vollends ruinieren wollte. Das Gespräch hatte keine Minute gedauert und trotzdem hatte es ihn ausgelaugt.
Enrique riss sich zusammen, verabreichte dem Jungen ein Medikament und schob den kleinen Patienten und seine Mutter aus der Praxis, die er hinter ihnen sofort absperrte.
Er schleppte sich in die über der Praxis liegende Wohnung, wo er schwerfällig über den abgewetzten Teppich zur Bar schlurfte. Er nahm ein Glas heraus, füllte es zur Hälfte mit Whisky und überlegte kurz, ob er Eis aus dem Gefrierschrank holen sollte, um sich einen zivilisierten Drink zu gönnen. Mit einem abfälligen Kopfschütteln verdrängte er den Gedanken, setzte das Glas an die Lippen und trank es in einem Zug leer. Ein zivilisierter Drink für einen erbärmlichen Säufer? Geradezu lächerlich, dachte er.
Obwohl der Alkohol seine angespannten Nerven etwas beruhigte, überkam ihn das unangenehme Gefühl, einen Fehler
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