Das Mallorca Kartell (German Edition)
überhaupt auf diese Idee?« Ángel verstand nicht, worauf Cristina anspielte.
Cristina ließ diese Frage unbeantwortet. »Die Zahlung stammt aus dem Treuhandfonds meiner Eltern. Er wurde nach ihrem Tod eingerichtet. Wenn Sie sonst keine Fragen mehr haben, bitte ich Sie nun zu gehen.«
Ángels Erleichterung machte der eisige Blick aus ihren Augen zunichte. Seine Frage war eine Unterstellung gewesen, die sie ihm nicht verzeihen würde. Doch im Zuge seiner Ermittlungen war es unumgänglich gewesen, Cristina diese Frage zu stellen. Verlegen stand er auf, folgte ihr zur Haustür und blieb kurz stehen. »Es tut mir leid. Ich musste Sie das fragen.«
Wortlos schloss sie die Tür hinter ihm.
***
Cristina drückte Martin den Autoschlüssel in die Hand. Sein alter Wagen war schon wieder kaputt, und er hatte Anas Eltern einen Besuch versprochen. Cristina hatte ihm angeboten, ihren Jeep zu nehmen, wenn er sie vorher bei Célia absetzte, mit der sie zum Abendessen verabredet war.
Martin graute vor dem Treffen. Er hatte Anas Eltern vor einem halben Jahr kennengelernt. Sie hatten sich auf Anhieb verstanden. Gemeinsam hatten sie Grillfeste veranstaltet oder waren in den Bergen zum Wandern gewesen. Heute besuchte er sie das erste Mal ohne Ana. Ana wäre nie wieder dabei. Er wusste nicht, was er bei ihren Eltern überhaupt zu suchen hatte. Die Einladung hatte ihn dermaßen überrascht, dass ihm keine plausible Ausrede eingefallen war. Ana fehlte ihm schrecklich.
Martin steuerte den Wagen in Richtung Norden. Anas Eltern besaßen ein Haus in Soller. Um seine Ankunft zu verzögern, nahm er nicht die Abkürzung durch den neu gebauten Tunnel, der durch den Berg führte, sondern die alte Passstraße. Die Strecke mit ihren Haarnadelkurven würde ihm noch etwas mehr Zeit verschaffen. Die Serpentinenstraße war schon immer eine seiner Lieblingsstrecken gewesen. Sie bot atemberaubende Ausblicke in die umliegende Berglandschaft. Für einen ungeübten Fahrer konnte die Passstraße bei Regen tückisch werden. Der viele Staub auf dem brüchigen Asphalt verwandelte sie in eine glatte Piste. Er scheute den Weg selbst bei Regen nicht, zumal er in den Alpen aufgewachsen und im Winter immer über rutschige Straßen gefahren war. Heute schien jedoch die Sonne, die mit ihrem Licht- und Schattenspiel alles verzauberte. Martin nahm weder die reizvolle Umgebung wahr, noch roch er den intensiven Geruch der Aleppokiefern. Mechanisch durchfuhr er eine Kurve nach der anderen und wich automatisch Radfahrern aus. Vielleicht hätte er Cristinas Angebot, ihn zu begleiten, annehmen sollen. Handelte es sich bei Anas Tod tatsächlich um keinen Zufall? Hatte sie im Rathaus Dinge gesehen, die ihr zum Verhängnis geworden waren? Cristina schien davon überzeugt, auch wenn sie versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen.
Ein fluchender Radfahrer kam ihm entgegen. Nach den wenigen Wortfetzen zu urteilen, die ihm der Wind durch die offene Fensterscheibe zutrug, war es ein Engländer.
Er hatte das Wort light verstanden, und ihm fiel auf, dass er immer noch ohne Licht fuhr. Es dämmerte bereits. Ohne die eingeschalteten Scheinwerfer hatte ihn der Fahrradfahrer wohl erst sehr spät gesehen. Er stellte das Licht an und wunderte sich über seine Nachlässigkeit.
Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, in seiner Verfassung über den Pass zu fahren. Ein Unfall auf dieser Strecke würde ihm noch fehlen. Bald läge die Straße verlassen da, und keiner würde ein Auto bemerken, das die Böschung hinabgestürzt wäre. Er reduzierte die Fahrgeschwindigkeit. Es war schließlich nicht sein Wagen, bei dem es auf eine Beule mehr oder weniger nicht ankam.
Gemächlich nahm er eine Kurve nach der anderen. Im Rückspiegel bemerkte er ein weiteres Fahrzeug. Ein dunkler Jeep fuhr ebenfalls noch ohne Licht, was ihm ein Lächeln entlockte. Der Geländewagen schloss auf. Martin hängte seinen linken Arm aus dem offenen Fenster und bedeutete dem Fahrer vorbeizufahren. Der Jeep ließ sich einige Meter zurückfallen. Angsthase, dachte Martin. So eng ist es hier nun auch wieder nicht.
Der Fahrer des dunklen Wagens schloss erneut auf und setzte zum Überholen an. »Was für ein Vollidiot!«, murmelte Martin. »Direkt in der Kurve will der Trottel überholen.« Da Martin freie Sicht nach vorn hatte und weit und breit niemand zu sehen war, drosselte er das Tempo, um den unsicheren Fahrer vorbeizulassen. Die Straße machte einen spitzen Knick, und Martin sah zu seiner Rechten
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