Das Mallorca Kartell (German Edition)
die Tränen brachen sich Bahn. »Wann hört dieser Albtraum endlich auf?«, schluchzte sie.
»Ich weiß es nicht, Cariño, ich weiß es wirklich nicht.« Célia stand von ihrem Stuhl auf, schloss sie in die Arme und streichelte ihr über den Rücken. Diese zärtliche Geste ließ sie noch mehr schluchzen.
Sie saßen einige Minuten schweigend beisammen. Cristina hatte sich wieder etwas beruhigt und fragte sich, ob der Unfall der Grund ihrer inneren Unruhe gewesen war. Hatte sie gespürt, dass etwas Fürchterliches geschehen war? Es spielte keine Rolle mehr. Zuerst musste sie Martins Eltern verständigen.
Das Telefonat mit Herr und Frau Schneider hatte sie völlig ausgelaugt. Sie hatte ihnen versprochen, sich um die Flüge zu kümmern. Sie waren verständlicherweise verstört, da ihr Sohn schwer verletzt in einem Krankenhaus, weit weg von zu Hause, lag und sie nicht sofort an sein Bett eilen konnten. Sie buchte einen Flug von Stuttgart nach Palma für denselben Nachmittag. Das Flugzeug würde um siebzehn Uhr landen. Cristina versprach, sie abzuholen und direkt in die Klinik zu fahren. Manchmal wunderte sie sich über sich selbst. In Extremsituationen funktionierte sie wie ein Roboter. Sie erledigte alles automatisch und schaltete ihre eigenen Gefühle einfach ab. Erst wenn sie zur Ruhe kam, brachen sich Trauer und Wut Bahn.
Nachdem sie die Tickets per Mail verschickt hatte, mietete sie einen Leihwagen. Dann fiel ihr Jesús ein, den sie auch noch informieren musste.
Das Flugzeug aus Stuttgart landete pünktlich. Cristina wartete am Gate E auf Martins Eltern. Sie hatte befürchtet, sie nicht in der Schar der ankommenden Touristen zu erkennen, doch ihre Sorge war unbegründet.
Sie erkannte Frau Schneider sofort an den rot geweinten Augen. Das Gesicht von Martins Vater zeigte eine wächserne Blässe. Hoffentlich gab es im Krankenhaus gute Nachrichten. Sie fuhren gemeinsam nach Palma und stellten den Wagen im Parkhaus bei den Ramblas ab. Von dort waren es nur wenige Schritte bis zur Clinica Rotger. Am Empfang erfuhren sie die Zimmernummer, und die Rezeptionistin rief den behandelnden Arzt. Martins Eltern baten sie, bei der Besprechung anwesend zu sein, obwohl sie kein Familienmitglied war.
Der Arzt führte sie in sein Büro und bat sie, Platz zu nehmen. Ohne Umschweife begann er, in einfachen Worten das Krankheitsbild zu beschreiben. »Ihr Sohn hatte großes Glück. Hätte man ihn später gefunden, wäre er nicht mehr am Leben. Er hat eine starke Hirnschwellung, die wir Gott sei Dank behandeln konnten. Bisher ist er noch nicht zu sich gekommen, was aber durch das künstliche Koma gewünscht ist. Sein Körper muss sich von den schweren Verletzungen erholen, wobei wir nicht sagen können, ob bleibende Schäden entstanden sind. Dazu ist es noch zu früh. Wenn alles gut verläuft, sollte er in den nächsten Tagen aufwachen. Die gute Nachricht ist, der Druck in seinem Kopf hat nachgelassen, was zu einer Besserung seiner Gesamtverfassung führte. Sie können zu ihm, wenn Sie möchten. Wir können Ihnen auch ein Zimmer hier im Hospital anbieten, wobei Sie vielleicht die Übernahme der zusätzlichen Kosten erst mit Ihrer Versicherung abklären sollten.« Der Arzt erhob sich und ging zur Tür. »Wenn Sie mir nun bitte folgen wollen.«
Martins Eltern hatten kein Wort gesprochen. Cristina hatte mit Erleichterung vernommen, dass Martin auf dem Weg der Besserung war. Vielleicht ging es seinen Eltern ähnlich. Mit hängenden Schultern schlichen sie hinter dem Arzt her. Cristina blieb etwas zurück. Sie wollte nicht stören. Als Martins Mutter ihren Sohn erblickte, brach sie in Tränen aus. Sie zog ein Taschentuch hervor und wischte sich immer wieder über die Wangen. »Mein armer Junge«, flüsterte sie verzweifelt. Ihr Mann umarmte sie und versuchte, sie zu beruhigen. »Er ist ein starker Bursche. Er schafft das schon, Elsbeth.«
Cristina warf einen Blick in das Krankenzimmer. Martin lag auf dem Rücken, sein Kopf war bandagiert und ruhte in einer Stütze. Aus den Bandagen ragten Schläuche. Die piependen Geräusche der Maschinen jagten ihr einen Schauer durch den Körper.
Wahrscheinlich war es besser, wenn Martins Eltern ein Zimmer in der Klinik bezogen. Sollte die Versicherung die Sonderausgaben nicht decken, so würde sie die Kosten übernehmen. So wäre sichergestellt, dass Martin nicht alleine war, wenn er aus dem künstlichen Koma erwachte.
Sie ging auf das Bett zu und erklärte den Eltern, dass sie das
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