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Das marokkanische Mädchen. Ein Fall für Jacques Ricou

Das marokkanische Mädchen. Ein Fall für Jacques Ricou

Titel: Das marokkanische Mädchen. Ein Fall für Jacques Ricou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Wickert
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nachweisen. Als 22 jähriger wurde er bei einem Überfall auf einen Juwelier mit der Waffe in der Hand festgenommen. Das ist jetzt fast dreißig Jahre her. Aber ich habe es mitbekommen, weil ich damals auf dem Revier von Gennevilliers Dienst tat.«
    »Und bei dem Überfall auf den Juwelier machte auch Mohammed mit«, sagte Margaux. »Dati ist ein kleiner, schmächtiger Mann, so um die fünfzig. Er benutzte den Muskelmann Mohammed als seinen persönlichen Bodygard. Und dadurch hat er Mohammed mit nach oben gezogen. Denn Dati besitzt angeblich die besondere Gabe, Menschen anzusprechen und einzuwickeln. Er nennt sich jetzt Alexandre, weil das französisch klingt, und so steht es in allen Papieren. Dati hat angeblich nur ein Ziel: als Franzose Teil der Haute Bourgeoisie zu werden. Ganz genial hat er seine Beredsamkeit immer wieder eingesetzt, um aufzusteigen. Und den Zugang zu Leuten aus der Haute Bourgeoisie hat er in den angesagten Pariser Nachtclubs gefunden. Dort hat er sich an die richtigen Menschen rangeschleimt, hat Kontakte geknüpft und war ihnen zu Diensten. Ich besorg euch dies, ich besorg euch das. Einem Geheimdienstchef hat er zum Beispiel Mädchen zugeführt. Und der hat als Gegenleistung die Polizeiakte von Dati verschwinden lassen. Im Schlepptau lief Mohammed immer mit. Dabei hat auch er einiges aufgeschnappt.«
    Margaux nahm einen Schluck Rosé.
    »Und schließlich hat sich Dati für größere Gefälligkeiten Anteile an Geschäften seiner neuen Bekannten übertragen lassen. So hielt er sie am kleinen Finger, den er aber nicht mehr losließ. Dann erhielt Dati von Politikern oder Wirtschaftsleuten Aufträge, die denen zu heikel waren, aber immer viel Geld abwarfen. Heute ist er Multimillionär und an einer ganzen Reihe von Firmen beteiligt. Und für Mohammed blieb auch immer ein guter Anteil. Er begann, in der Banlieue billige runtergekommene Immobilien zu kaufen, bis er dann in einem der Clubs den Sohn Delon kennengelernt hat. Die Halbwelt der Mode verkehrte auch in den Nachtclubs, und so kam die Idee auf, Delon als Aushängeschild für eine Lederjacken-Firma einzuspannen.«
    Jeans Handy klingelte. Er entschuldigte sich, nahm das Gespräch an und stand auf, um vor dem Restaurant zu telefonieren. Es dauerte eine Weile, bis er mit ernster Mine wiederkam.
    »Is’ was?«, fragte Jacques.
    »Später«, sagte der Kommissar und las eine aufpoppende Kurzmitteilung. Er antwortete mit flinken Fingern.
    »Und Dati weiß auch, wie man sich ein gutes Image zulegt«, sagte Margaux. »Er spendet viel an Wohltätigkeitsorganisationen, am liebsten an die, deren Schirmherrin die jeweilige Première Dame der Republik ist.«
    »Nicht dumm. Hast du irgendetwas rausgefunden, was auf ein Mordmotiv hinweisen könnte?«, fragte Jacques.
    »Nicht direkt. Aber Mohammed wird nachgesagt, er diene sich als Geldwäscher an.«
    »Drogengelder? Man hat in seinem Kofferraum Hanf gefunden.«
    »Nicht mehr. Das gehörte wohl zum Lebensinhalt seiner alten Bande. Aber das ist angeblich vorbei. Allerdings war der Tote auf dem Beifahrersitz früher Dealer, der für Mohammed gearbeitet hat.«
    »Und Ibrahim? Hast du etwas von einem Streit um Geld erfahren?«
    »Nein. Überhaupt nicht. Ibrahim ist wohl aus der Art geschlagen, wenn man das so sagen kann. Er stammt aus derselben Banlieue. Und hat mit der Vergangenheit seines Schwagers angeblich nichts am Hut. Ibrahim ist nicht zu einer der Banden gegangen, sondern hat die Schule abgeschlossen, sich sogar um einen Studienplatz an der École Polytechnique beworben, ist aber zweimal bei der Aufnahmeprüfung durchgefallen. Immerhin ist er dann bei der École des Ponts angenommen worden, eine der besten Ingenieurschulen im Lande. Vor fünf oder sechs Jahren ist er zurück nach Marokko gegangen und leitet jetzt ein Ingenieurbüro in Marrakesch. Anders als sein Schwager, wirkt Ibrahim angeblich fein und gebildet.«
    Das war’s. Alle drei versanken für einen Moment in ihren Gedanken.
    Kein Dessert, nur drei Kaffee. Und die Rechnung gleich dazu. Als der Kaffee gebracht wurde, trat Senator Louis de Mangeville an den Tisch, grüßte und gab Margaux zwei Wangenküsse.
    »Margaux, wie wunderbar, dass ich dich hier treffe«, rief er, »ich habe nämlich einen Anschlag auf dich vor.«
    Louis de Mangeville trat einen Schritt zur Seite und zog seinen Begleiter näher zu sich heran.
    »Darf ich Alexandre Dati vorstellen? Er wollte dich schon immer kennenlernen, und ich habe ihm versprochen, das zu vermitteln.

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