Das marokkanische Mädchen. Ein Fall für Jacques Ricou
statt!«
»Dati hat die Einladung an sich gerissen.«
Margaux zögerte ein wenig. Bei einem Essen mit vielen Gästen würde sie kaum Gelegenheit haben, Dati auszufragen.
»Gut, ich komme, aber nur, wenn ich auch etwas davon habe. Ich will mit Dati richtig reden können. Entweder findet das Essen zu dritt statt, oder ich bin die Tischdame von Dati.«
»Olàlà! Margaux in ihrem Element! Du stellst ganz schöne Bedingungen. Aber ich werde das arrangieren. Wir essen zu dritt.«
»Und Valérie ladet ihr einfach so aus?«
»Deren Essen wird verschoben. Lass das mal meine Sorge sein.«
Verstohlen lächelte Louis in sich hinein.
Die Idee, Margaux zum Essen einzuladen, war Alexandre Dati spontan gekommen, als Louis, kaum hatte er Margaux mit dem Untersuchungsrichter und dem Kommissar an einem Tisch gesehen, seinem Gast von der schönen Journalistin vorschwärmte und von einem Abenteuer mit ihr sprach. Dabei ließ der Senator offen, ob er von der Vergangenheit schwärmte oder die Gegenwart meinte.
»Trotz des Richters?«, hatte Dati gefragt, der nicht auf dem Laufenden über die Trennung von Margaux und Jacques war. Louis drückte sich wieder um eine genaue Antwort.
Er schlug vor, sie sollten als Köder behaupten, die Première Dame komme auch zu dem Essen, wobei er vorgaukeln würde, er richte den Abend aus. Dati war begeistert.
»Also, was ist nun?«, fragte Louis etwas ungeduldig.
Margaux zögerte kurz und überlegte, ob sie vielleicht in eine Falle laufen würde. Aber für ein Treffen mit Dati war ein überschaubares Risiko allemal wert.
»Ich komme direkt vom Büro«, sagte sie schließlich, »schick mir die Adresse. Ich bin dann zwischen halb neun und neun da.«
Sie wollte Louis nicht glauben lassen, er könne sie nach Hause begleiten und dann noch auf eine Tasse Kaffee zu ihr in die Wohnung kommen. In der Hoffnung auf einen Kaffee zum Frühstück.
Zweites abgehörtes Telefongespräch
D er abhörende Agent legte sich gleich zu Beginn seines Protokolls fest: Nach Analyse des Textes lassen sich die Teilnehmer eindeutig festlegen.
Anrufer: Georges Hariri.
Hariri, in Paris als Sohn einer reichen franco-libanesischen Familie geboren, hat unter anderem auch einen französischen Pass. Er vermittelte viele Geschäfte im Auftrag der französischen Regierung unter dem konservativen Premierminister Édouard Balladur und hat als Zwischenhändler allein für einen Waffendeal zwischen Frankreich und Saudi-Arabien, der ein Volumen von sechs Milliarden Euro hat, 300 Millionen Euro erhalten. Politisch ist Hariri in den arabischen Staaten bestens verdrahtet. Er hat für Präsident Sarkozy die Kontakte zum libyschen Führer Muhammed Gaddafi hergestellt und war der entscheidende Mann im Hintergrund, der die Befreiung der bulgarischen Krankenschwestern durch die Frau von Staatspräsident Sarkozy arrangierte. Hariri hat sein Vermögen so angelegt, dass er in Frankreich keine Steuern zahlen muss. Lange Jahre war er Eigentümer des »Hotel Dune«, des teuersten Etablissements in Saint-Tropez. Dort hat er den ehemaligen Innenminister Louis de Ronsard kennengelernt, für den er angeblich das TGV -Geschäft mit Marokko abgewickelt hat.
Der Protokollant des abgehörten Gesprächs fügte in Klammern die Erklärung hinzu: (Frankreich hat für mehrere Milliarden Euro Marokko eine Superschnellzug-Verbindung zwischen Tanger und Casablanca verkauft, die jetzt gebaut wird. Hariri hat als Vermittler eine dreistellige Millionensumme erhalten.)
Hariri ist mit einer Frau aus einer wohlhabenden, marokkanischen Familie verheiratet, der eine der schönsten Besitzungen in Marrakesch gehört.
Angerufener: Alexandre Dati.
Dati leitet eine Holding, die Beteiligungen an den größten französischen Industrieunternehmen aus dem CAC 40 an der Börse hält und bedeutende Investments im Ausland tätigt. Sein Ruf als äußerst geschickter Kommunikator führt dazu, dass er häufig gebeten wird, bei schwierigen internationalen Verhandlungen zu vermitteln oder Kontakte herzustellen, die eine besondere wirtschaftliche oder finanzielle Bedeutung haben. Seine persönlichen Beziehungen reichen bis in die höchsten Etagen der Politik.
Das Telefongespräch beginnt mit kurzen, recht freundlichen Begrüßungsformeln.
Dann Hariri: »Verzeih, dass ich keinen Termin für ein Dîner finde. Aber ich fliege in wenigen Tagen für eine Weile nach Marrakesch …«
Dati: »… oh, in die Orangenplantage deiner Schwiegereltern? Wie herrlich. Ich erinnere mich
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