Das Mars-Labyrinth: Roman (German Edition)
Daddy weitertobt und seine schwere Panzerschicht gegen die Tunnelwände rammt, wodurch immer mehr Staub die Luft erfüllt, schiebe ich einen Arm unter ihre Knie. Berge sie an meiner Brust. Obwohl sie unerträgliche Schmerzen haben muss, gibt sie keinen Laut von sich. Mich verlässt der Mut. Keine Reaktion bedeutet kein Schmerz, und das bedeutet, es sind keine lebendigen Nervenenden mehr übrig. »Durchhalten, Chief.«
»Nenn mich Mimi.«
»Halte durch, Mimi.«
Mit einer Hand, die zu einer Klaue verkrümmt ist, krallt sie sich an meiner Brust fest. »Lass ... nicht ... sterben, Cowboy. Das ... kein ... Schöner Tod.« Ihr Körper erbebt, und sie tut einen letzten, rasselnden Atemzug und stirbt in meinen Armen. Dann wird es plötzlich still im Tunnel, doch ich habe nicht die Ressourcen, es zu merken.
Als ich mich aufrichte, sehe ich einen gewaltigen Schatten über mir aufragen. Höre ein Zischen. Etwas Nasses trifft auf die Kapuze, die meinen Hinterkopf bedeckt. Es stinkt nach Batteriesäure, und ich habe ein Ploppen gehört. Meine Symbipanzerung setzt eine Ladung statischer Elektrizität frei. Meine Beine werden steif.
Die Symbipanzerung hat einen Kurzschluss. Ich bin erstarrt. Unfähig, mich zu rühren. Eine Mumie, gefangen in ihrem Sarkophag. Ein toter Mann. Während ich noch mit meiner eigenen Panzerung kämpfe, frisst sich das Sandflohsekret durch das schadhafte Gewebe und brennt sich in meinen Körper. Ich schreie, als Angehörige des Stoßtrupps in den Tunnel vorrücken. Sie zielen mit ihren Nadelwerfern und Plasmastrahlern auf den Big Daddy, treiben ihn weit genug zurück, um einen Licht-Masse-Granatwerfer aufzubauen. Alle ziehen sich zurück.
Jetzt rüttelt ein elektrostatischer Schlag mich wach. Mimi schreit in meinem Kopf: »Wach auf! Die Dame hat das Raster verlassen. Ich habe ihre Signatur verloren.«
Ich falle auf den Boden, doch meine Symbipanzerung fängt einen Teil des Aufpralls ab. Ich ziehe mir die Stiefel an und schnalle das Gewehrfutteral um. »Warum hast du mich nicht geweckt?« Ich öffne die Tür und renne über den Korridor zum Haupteingang.
»Ich versuche schon seit zehn Minuten, dich wach zu kriegen. Das war schon die dritte Statikladung. Sei froh, dass du noch deine Panzerung getragen hast.«
»Öffne einen Vid-Link. Regulatoren! Aufstellung im Kreuz in einer Minute. Jenkins! Jenkins! Hör auf zu schnarchen!« Ich schließe den Link und renne zum Kreuz. Dort verbreiten die Reste des Feuers noch immer Rauch und Asche. Ein paar Minenbewohner liegen schlafend am Boden. »Mimi, wie lange ist die Dame schon außer Reichweite?«
»Fünf Minuten. Zuletzt habe ich sie von hier aus in west-nordwestlicher Richtung geortet.«
Diese Richtungsangabe liefert uns immerhin einen Anhaltspunkt, wo wir mit der Suche beginnen können, aber in einer Mine ist es unmöglich zu sagen, wo die Gesuchte inzwischen ist. Sie könnte auf der Oberfläche oder in einem der Tausende von Sandflohlöchern sein.
»Cowboy«, sagt Mimi. »Ich habe auch Jean-Pauls Signatur verloren.«
Verdammt. »Hast du ihn auch die ganze Zeit im Auge behalten?«
»Du hast mir nie gesagt, ich soll aufhören.«
»Schon verstanden. Wo hast du ihn zuletzt geortet?«
»Westnordwest.«
In der gleichen Richtung wie seine Mutter. »Er folgt ihr.«
»Sieht so aus.«
»Schon als ich den Knaben das erste Mal gesehen habe, wusste ich, das gibt Ärger.« Ich spreize die Hände – ich werde den Burschen erwürgen.
Ein paar Sekunden später taucht mein Davos auf. Fuse kommt aus Richtung der Tunnels, Ebi aus ihrer Unterkunft und Jenkins aus einem Minenbewohnerquartier. Er sieht verschlafen aus und zieht die Kettenkanone hinter sich her.
Vienne taucht als Letzte auf. Ihr Fuß steckt in einer Aircastschiene, und sie stützt sich auf Krücken, doch sogar verwundet hält sie sich großartig.
»Du musst dich ausruhen«, sage ich.
Zur Antwort legt sie die Schiene ab und wirft die Krücken weg. Dann zieht sie ihren Stiefel an, den sie unter dem Arm getragen hat. »Ich ruhe mich aus, wenn ich tot bin.«
Ich will gerade widersprechen, als Mimi sich meldet: »Sensorendaten deuten darauf hin, dass sie Schmerzmittel genommen hat.«
»Funktioniert das?«
»Ich liefere nur die Information, Cowboy. Die Entscheidung musst du treffen.«
Es wäre leichter, Jenkins eine Windel anzulegen, als Vienne zu erklären, dass sie nicht kämpfen wird. Und mein ganzer Plan hängt von ihr ab.
»Regulatoren«, grüße ich meine Leute, als sie Habachtstellung
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