Das Matarese-Mosaik
dann warten, bis Panik ausbricht.«
»Ich denke, das habe ich an der Keizersgracht auch schon gesagt. Auf diese Weise erreicht man mehr als mit den meisten anderen Strategien.«
»Was war da mit Reue?« fragte der Pilot. »Wie haben Sie das festgestellt?«
»Das, was er gesagt hat, bloß ein paar Worte. Aber auch wie er es gesagt hat. Als ich sagte, Fowler könnte aussteigen, hat er etwas Ähnliches wie ›all die Jahre, die Arbeit, was haben wir getan?‹ geflüstert, gerade als ob das, was sie getan hatten, nicht ganz koscher gewesen wäre. Und dann, später, immer noch Fowler betreffend, sagte er: ›Er ist genauso loyal wie ich, zugegebenermaßen aus völlig anderen Gründen.‹ … ›Völlig andere Gründe‹, was kann man dem entnehmen?«
»Daß sie auf unterschiedlichen Wegen ihre Ziele erreichen wollen?« schlug Leslie vor.
»Ich glaube nicht. Vielleicht geht es um die Ziele selbst, ich weiß es nicht. Aber eines weiß ich, er wirkte nicht so heuchlerisch wie die anderen – hat nicht versucht, sich zu rechtfertigen. Die anderen schon.«
»Und was willst du jetzt unternehmen?«
»Meinen Dienstrang ausspielen, wie du das wahrscheinlich formulieren würdest, Colonel. Da ich im Außeneinsatz bin, werde ich Frank Shields anrufen, und ihm Anweisungen erteilen. Ich möchte ein komplettes Dossier über Benjamin Wahlburg, und ich möchte es morgen früh haben.«
Scott Walker lieferte das Dossier am nächsten Morgen in einem versiegelten Umschlag um 7.15 Uhr ab. »Das ist um fünf Uhr früh in Langley abgegangen. Sie sind dort im Augenblick nicht sonderlich beliebt, Sir.«
»Das bricht mir das Herz, Scotty, aber damit werde ich wohl leben müssen.«
»Das sieht man Ihnen an. Ihnen läuft ja das Wasser im Mund zusammen.«
»Sie haben es erfaßt, Officer Walker.«
»Soll ich auf Antwort warten? Der Pilot wartet noch.«
»Nicht nötig. Das ist alles, was ich brauche.«
»Sie wissen, wo Sie mich erreichen können, Sir. Ich kann in zwanzig Minuten hier sein.«
Pryce, noch in Unterhosen, riß den verklebten Umschlag auf und fing zu lesen an. Leslie schlief noch. Eine halbe Stunde später, als sie gähnend aus dem Schlafzimmer kam, verkündete er: »Colonel Montrose, wir haben vielleicht das Glied in der Kette gefunden, das man zerbrechen kann.«
»Was…?« Sie setzte sich neben ihn auf die Couch.
»Wahlburgs Akte. Die macht richtig Spaß. Unser allmächtiger Bankier kommt ursprünglich von der radikalen Linken. Ende der vierziger Jahre stand er auf Hoovers Liste für unamerikanische Umtriebe, war ein Freund der Kommunisten und hat daraus auch kein Hehl gemacht. Dann verschwand er für ein paar Jahre von der Bildfläche und tauchte wieder als
treuer Vertreter des kapitalistischen Systems auf, ein Verteidiger all dessen, was er vorher kritisiert hatte.«
»Ob ihm die Erleuchtung gekommen ist?«
»Kann sein, aber möglicherweise hat er auch nur nach einem anderen Weg gesucht, einem realistischeren Weg, um die Reformen durchzuführen, die ihm in seiner Jugend so wichtig erschienen.«
»Mit den Matarese?« fragte Leslie verblüfft. »Wie kann das sein? Das sind doch richtige Faschisten, Monopolisten – sie wollen alles kontrollieren!«
»Die Kehrseite des Sozialismus«, sagte Pryce. »Eine Spielwiese ebenso für die Reichen wie für die Armen, und das ist ausgemachter Blödsinn, weil es so was nicht gibt. Kennedy hat recht gehabt, als er sagte, die Welt sei unfair. Das ist sie, und die Matarese werden sie nur noch viel schlimmer machen. Vielleicht fängt Wahlburg an, das zu begreifen.«
»Was wirst du jetzt tun?«
»Ich lasse ihm einen Tag Zeit, um mit mir Kontakt aufzunehmen. Wenn er das nicht tut, werde ich mich bei ihm melden.«
Scofield und Antonia schlenderten durch die Straßen von London und genossen ihre neue Freiheit – auch wenn diese dadurch beeinträchtigt war, daß Geoffrey Waters darauf bestanden hatte, zwei Mann zu ihrem Schutz einzuteilen, einen, der ein paar Schritte vor ihnen ging, der andere im gleichen Abstand dahinter. Es war früher Morgen, und sie schlenderten die Mall im St. James Park entlang, als ein Wagen angerast kam und mit quietschenden Reifen am Bürgersteig anhielt. Die beiden MI5-Leute rissen sofort die Waffen heraus und stellten sich zwischen das Fahrzeug und die Scofields. Dann verschwanden ihre Waffen ebenso schnell, wie sie zum Vorschein gekommen waren; sie hatten den Fahrer erkannt, es war ein Kollege.
»Notfall, Leute, sie sollen einsteigen.«
Sobald sie
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