Das Matarese-Mosaik
im Wagen saßen, wobei ihr erster Leibwächter hinten bei Scofield und Antonia Platz genommen hatte und der zweite vorn neben dem Fahrer saß, fragte Scofield wütend: »Was, zum Teufel, geht hier vor? Wo fahren wir hin?«
»Zu M15-Zentrale.«
»Warum?«
»Keine Ahnung, Sir.«
»Na prima, ist ja großartig.«
»Benimm dich, Bray«, sagte Antonia.
Geoffrey Waters war so wütend, wie man ihn noch selten in seiner langen Dienstzeit erlebt hatte. Scofield und Antonia wurden in sein Büro geführt, die Tür schloß sich hinter ihnen, und Waters schritt erregt hinter seinem Schreibtisch auf und ab.
»Was ist dir denn für eine Laus über die Leber gelaufen?« fragte Scofield.
»Das wirst du gleich hören, alter Freund. Setz dich. Ich glaube, das macht es ein wenig erträglicher.«
Die beiden Scofields nahmen gegenüber dem Schreibtisch auf zwei Sesseln Platz.
»Also was ist los, Geof?« fragte Antonia.
»Etwas Unglaubliches ist passiert: Matareisen ist entkommen.«
»Was?« brüllte Scofield und schoß in die Höhe. »Wenn das ein Witz sein soll, dann ist er wirklich schlecht!«
»Das ist kein Witz, obwohl ich mir das wünschen würde.«
»Wie, zum Teufel, konnte das passieren? Ihr hattet ihn doch praktisch in einem Glaskäfig unter ständiger Bewachung!«
»Er war nicht hier, Bray.«
»Herr im Himmel, du hast ihm Ausgang gegeben?«
»Laß Geof erklären, Brandon.«
»Danke, meine Liebe, das ist wirklich nicht leicht für mich. Um drei Uhr fünfundvierzig heute morgen erhielt ich einen Anruf von der Matareisen-Wache. Er huste Blut; es ströme ihm förmlich aus dem Mund, sagte der Arzt. Und er sei bewußtlos. Aus Angst um sein Leben erteilte ich Anweisung, ihn ins Krankenhaus zu bringen, und wies die Wache an, ihn zu begleiten. Irgendwo zwischen hier und der Notaufnahme, zwölf Minuten nach dem Anruf, erlangte er das Bewußtsein wieder und brachte es zu meiner völligen Verblüffung fertig, zwei hervorragend ausgebildete, junge Beamte zu überwältigen, wobei er einen der beiden tötete und dem anderen seine Kleidung abnahm. Er muß ihnen auch die Brieftaschen, das
Bargeld und die Ausweise weggenommen haben, denn die sind alle verschwunden. Und dann hat er die hintere Tür aufgebrochen und ist nach draußen gerannt, auf die Straße.«
»Was waren das denn für Wachen? Bugs Bunny und Micky Maus?«
»Also wirklich, Bray«, sagte Antonia zornig. »Einer dieser jungen Männer ist tot!«
»Tut mir leid, aber – das ist verrückt!«
»Cameron Pryce kann euch ein Lied von Matareisens Nahkampftalent singen – er hat so etwas noch nie gesehen. Wir kämmen natürlich die ganze Stadt nach ihm ab und haben auch die Londoner Polizei mit eingeschaltet, ohne nähere Erklärungen.«
»Ihr werdet ihn nicht finden«, sagte Scofield. »Er hat mit Sicherheit Kontaktleute, die ihn verstecken und außer Landes schaffen werden.«
»Das nehmen wir ebenfalls an, aber das ist gar nicht meine Hauptsorge. Das seid jetzt ihr beide. Ihr werdet vom Savoy ins Ritz verlegt.«
»Warum?« protestierte Scofield. »Matareisen wird London schleunigst verlassen, und Guiderone ist tot. Ich werde von ihm nicht aufs Korn genommen.«
»Das wissen wir nicht«, sagte Waters. »Ich habe keine Ahnung, ob Guiderone mit Matareisen in Verbindung war, und wenn ja, was er ihm gesagt hat. Guiderone war im Begriff, den wichtigsten Mord seiner Karriere zu begehen. Vielleicht hat er sich bei Matareisen rückversichert.«
»Höchst unwahrscheinlich, wenn nicht unmöglich«, widersprach Scofield. »Wenn ich geschafft habe, was ich mir vorgenommen habe, und das gelingt mir meistens, habe ich eine Mauer zwischen Guiderone und der Keizersgracht errichtet.«
»Bei allem Respekt, alter Junge, aber niemand von uns weiß, was andere unter äußerster Belastung tun. Vorhersagen sind da einfach nicht viel wert.«
»Also schön, wir ziehen ins Ritz.«
»Vielen Dank, Bray«, sagte Antonia.
Das Telefon auf Waters Schreibtisch klingelte. »Ja?« meldete er sich. Er lauschte ein paar Augenblicke, legte auf und sah die
Scofields an. »Die Besatzung eines Streifenwagens glaubt, Matareisen gerade entdeckt zu haben. Sie hielten an, er hat das Fahrzeug gesehen und ist in eine U-Bahnstation gerannt. Sie haben die Verfolgung aufgenommen.«
»Warum glaubst du, daß er es war?«
»Zunächst die Kleidung. Die saß ausnehmend schlecht. Und dann die allgemeine Beschreibung, basierend auf den Fotos, die wir nach seiner Überführung aus Amsterdam gemacht hatten. Die haben
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