Das Matarese-Mosaik
Abschlag landen – das ist ein langes, ebenes Stück und weit genug vom Clubhaus entfernt. Die Maschine wird um Viertel vor fünf eintreffen, wenn es noch einigermaßen hell, aber für die Golfspieler bereits zu dunkel ist – um diese Jahreszeit wird es ohnehin nicht viele geben. Man wird Sie zu einem Flugplatz in Schottland fliegen, wo Ihr Jet Sie erwartet. Dort wird ein Flugplan nach Marseille unter dem Namen einer Ihrer Firmen eingereicht werden, Abflugzeit offen, Genehmigung garantiert. Alles ist soweit. Soll ich beginnen?«
»Sofort.«
Den Rest des Nachmittags verbrachte Matareisen in einem Kino. Um fünfzehn Uhr nahm er sich ein Taxi und gab dem Fahrer Anweisung, ihn zum Fleetwood-Golfclub zu bringen. Sie trafen bei dichtem Verkehr um 16.10 Uhr ein, und Matareisen wies den Mann an, außen um den Platz herumzufahren. Eine Viertelstunde später entdeckte der Holländer die Fahne am zwölften Loch, ließ das Taxi anhalten, bezahlte, stieg aus und ging, sobald der Wagen um die nächste Kurve verschwunden war, den Weg zurück, den sie gekommen waren.
Um 16.30 Uhr lag Matareisen auf einem Grasstreifen in
einem mit Bäumen bewachsenen Rough auf halbem Weg zwischen dem elften Loch und dem zwölften Abschlag. Es dunkelte bereits, aber man konnte noch sehen. Um 16.39 Uhr konnte man das Brummen einer kleinen Propellermaschine am Himmel hören. Matareisen kroch an den Rand des kleinen Baumbestandes und richtete sich im Schutz eines Baumstammes auf. Er spähte zwischen den Zweigen nach draußen; jetzt war das Flugzeug deutlich zu erkennen und begann am Himmel zu kreisen, ging dabei jedesmal tiefer.
Plötzlich eine unerwartete Störung; ein Berieselungssystem sprang an. Ein Greenkeeper kam mit einer Taschenlampe in der Hand in einem Elektrokarren angefahren, um die Beregnungsanlage zu überprüfen. Er fuhr im Zickzack über den Fairway und geriet damit direkt in die Bahn der jetzt zur Landung ansetzenden Maschine! Matareisen rannte aus dem Schutz des Wäldchens heraus und schrie: »Sie dort drüben! Kommen Sie her! Ich bin gestürzt, ich habe mich verletzt, ich war bewußtlos.«
Der Greenkeeper drehte das Steuer herum und rollte in schneller Fahrt auf Matareisen zu. Sie trafen in der Mitte des Fairways aufeinander, der Landepiste. Matareisen packte den Mann am Haar und riß seinen Kopf ruckartig herunter, schmetterte ihn gegen den Rahmen des kleinen Elektrokarrens, riß ihm dann die Taschenlampe weg und fing an, den schwachen Lichtkegel der Lampe im Kreis zu bewegen. Im letzten Augenblick vor der Landung riß der Pilot die Maschine noch einmal hoch und flog einen Bogen nach links, um einen neuen Landeanflug vorzunehmen. Matareisen riß den Bewußtlosen, dessen Kopf mit Blut überströmt war, aus dem Karren, sprang hinein und fuhr an den Rand des Grüns. Er schaltete den Motor ab, warf den Schlüssel in weitem Bogen von sich und rannte auf die gepflegte Rasenfläche zurück, bewegte die Taschenlampe jetzt in kurzen senkrechten Rucken und deutete dem Piloten damit an, daß er landen sollte. Der verstand sofort, setzte erneut zur Landung an und rollte auf Matareisen zu.
»Haben Sie mir etwas zum Umziehen mitgebracht, wie ich verlangt habe?« fragte Matareisen schroff, während er auf den engen Rücksitz kletterte.
»Ja, Sir. Aber bitte ziehen Sie sich jetzt nicht um. Ich will hier weg, ehe der Boden völlig durchnäßt ist und wir keine Bodenhaftung mehr haben.«
»Dann starten Sie!«
»Außerdem wimmelt es hier von Golfkarren. Ich möchte ungern mit einem kollidieren.«
»Sie sollen starten!«
Als sie dann in der Luft waren und sich der schottischen Grenze näherten, fing Matareisen wieder zu grübeln an – eine Frage, die ihn seit seiner Ergreifung geplagt hatte. Bei seinem ausgeprägten Ego war er von Anfang an überzeugt gewesen, daß er irgendwie würde fliehen können; das war unvermeidbar. Das eigentliche Problem war jetzt, von wo aus er operieren sollte, wo er das Hauptquartier der Matarese einrichten würde. Er besaß zahlreiche Häuser, alle gut ausgestattet, wenn auch nicht mit derartiger technischer Perfektion wie das Haus an der Keizersgracht, aber jedenfalls mit entsprechenden Computern für globale Kommunikation, und das war alles, was er brauchte. Die Zeit war so knapp! Nur noch Tage bis zu den Bränden im Mittelmeer, der ersten der geplanten Katastrophen, dem Vorboten zahlreicher Krisen rund um die Welt, die schließlich in wirtschaftlichem Chaos münden würden!
Und dann überkam Jan van der
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