Das Matarese-Mosaik
dʹEste am Comer See schickte seinen neuen amerikanischen Gästen, Mr. und Mrs. Paul Lambert, alias Brandon Scofield und Antonia, eine Limousine zum Flughafen Mailand. Ihre Pässe stammten von Frank Shields in Washington, der sie ihnen per Militärkurier zugeschickt hatte. Das Flugzeug landete um zehn Uhr morgens ins Mailand, und die beiden trafen zwei Stunden später in ihrer Suite ein, wobei »Mr. Lambert« sich über die lange Einsatzbesprechung der vergangenen Nacht beklagte.
»Geoffrey ist einfach nicht imstande, etwas einmal zu sagen. Er muß es dreißigmal wiederholen.«
»Bray, du hast ihm ja dauernd widersprochen.«
»Freilich, weil ich ihn nicht brauche! Ich habe schließlich Togazzi.«
»Von dem Geof, wie du weißt, nicht gerade begeistert ist.«
»Er mag die Italiener nicht.«
»Nein, er ist nur nicht gerade glücklich darüber, mit einem Mann zusammenzuarbeiten, dem der Ruf vorangeht, ein mächtiger Mafioso zu sein.«
»Das ist doch Pferdekacke. Silvio hat seit Jahren nichts mehr mit der Mafia zu tun gehabt. Er ist in allen Ehren pensioniert.«
»Wie anständig von ihm.« Das Telefon klingelte, und Antonia ging zu dem Empiretischchen mit seiner lederbezogenen Platte und nahm den Hörer ab. »Ja?«
»Das muß die grandiose Antonia sein, eine mediterrane signora , die ich nie kennengelernt habe – aber ich freue mich bereits darauf, bald die Ehre und das Vergnügen zu haben, das nachzuholen.«
»Sie sprechen außergewöhnlich gut englisch … Signore Togazzi?«
»Ja, in der Tat, und mein inglese habe ich größtenteils zu Füßen eines Meisters gelernt, Ihres außergewöhnlichen Begleiters.«
»Ja, das habe ich mir schon gedacht. So, und jetzt lasse ich Sie mit dem … Meister … sprechen.«
»Ich höre noch den Klang des Mare Nostra in Ihrer Sprache, große Schönheit!« ließ Togazzi nicht locker.
»Wie schön, ich habe mir jahrelang Mühe gegeben, ihn loszuwerden.« Sie reichte Scofield den Hörer, der verzweifelt den Kopf geschüttelt und auf das Bett gezeigt hatte. Schließlich nahm er ihn widerstrebend entgegen.
»Hi, Itaker.«
»Stets der liebenswürdige Brandon. Und wie geht es dem Yankeekotzbrocken, so sagt man doch, oder? Ich höre, du bist eingetroffen?«
»Nein, ich bin ein Klon, der ein paar Stunden Schlaf braucht.«
»Aber nicht jetzt, alter Freund. Es gibt Arbeit. Das Postamt in Mailand läßt wissen, daß eine weitere postlagernde Sendung aus Barcelona eingetroffen ist für einen gewissen Signore Del Monte IV, wobei Del Monte ein in Italien ziemlich verbreiteter Name ist, und das IV wie ein Schreibfehler aussieht und vermutlich ein Code für den Empfänger sein soll. Der nächste Lieferung ist heute nachmittag um drei Uhr fällig. Mein Mann wird das Material festhalten und behaupten, es komme mit dem letzten LKW. Wir müssen dort sein.«
»Von dort komme ich doch gerade! Hast du denn keine Schatten auf deiner Lohnliste, die demjenigen, der die Sendung abholt, nachfahren können?«
»Die letzte Sendung aus Barcelona kam vor sechs Tagen. Wann wird wieder eine kommen?«
»Herrgott, du hast recht! Der Keizersgracht ist geschlossen …«
»Was? Che cosa ?«
»In dieser Woche war ziemlich viel los, ich erzähle dir später mehr. Aber du hast recht, wir könnten unsere Chance verpassen, die Mailänder Verbindung ausfindig zu machen. Wie wirst du mich abholen?«
»Geh zum Westeingang hinaus, als ob du vorhättest, einen Spaziergang um die Hotelanlage herum zu machen, und dann nimmst du den Weg an der Schranke vorbei zur Straße nach Bellagio. Dort werde ich mich mit dir treffen.«
»Ich habe keine Waffe dabei – diese verdammten Metalldetektoren -, und ich möchte das ändern. Hast du welche?«
»Ist im Comer See Wasser?«
»Das habe ich mir schon gedacht. Wir sehen uns also in einer Viertelstunde.« Scofield legte den Hörer auf und drehte sich zu Antonia herum. »Du hast mitgehört, schätze ich.«
»Das schätzt du richtig, und das mit den Waffen gefällt mir gar nicht.«
»Wahrscheinlich brauche ich keine, aber ich würde mich sicherer fühlen, wo wir uns hinter den feindlichen Linien befinden. Du erinnerst dich doch an die alten Zeiten, oder, Mädchen?«
»Ja, mein Lieber. Ich erinnere mich auch daran, daß du damals viel jünger warst. Und Togazzi ist älter als du. Zwei alte Männer, die Rollen spielen wollen, die sie schon lange hinter sich gelassen haben.«
»Warum läßt du uns denn nicht gleich einbalsamieren. Wo sind meine Schuhe mit den
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