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Das Matrazenhaus

Das Matrazenhaus

Titel: Das Matrazenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paulus Hochgatterer
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Glas, in dem eine Zitronenscheibe schwimmt, und plötzlich ist es, als würden die beiden Dinge zusammengehören, Switi zurückzuschicken und eine Zitronenscheibe im Glas zu haben. Ich höre die beiden mit seltsamen Stimmen reden, ganz hoch und wie durch Watte. Für einen Moment glaube ich, jetzt lache ich los, dann muss ich mich total zusammennehmen, um nicht umzufallen.
    Ich gehe langsam in mein Zimmer. Ich lege mich aufs Bett und versuche einzuschlafen. Es funktioniert nicht.
    Nach einer Weile höre ich die Haustür ins Schloss fallen. Er hat wichtige Kunden, sie fährt auf Tour. Ich liege noch ein paar Minuten reglos da und schaue an die Decke. Dann hole ich den Schlüssel aus der Zuckerdose.
    Das Bild mit dem Igel und der Eule ist noch da, das Schlüsselloch auch. Die Matratzen liegen in den Zimmern. Ich zähle sie durch, alles stimmt. Sie sind ein wenig anders gestapelt als sonst, die geblümten zwei auf zwei, aber das ist manchmal so. Die Kameras stehen im gestreiften Zimmer und sind gegen die Wand gerichtet. Das sieht ein wenig komisch aus. Ich schnuppere. Die Luft riecht ganz frisch, wie vom Wasserfall genommen und hereingeblasen. Ab und zu sitzen dort kleine Vögel auf den Zweigen, mit schwarzen Kappen und gelben und roten Punkten auf den Flügeln. An die denke ich.
    Im Schlafzimmer der beiden halte ich aus Gewohnheit die Luft an. Das geht nur kurz. Ich lege mich auf den Bauch und schaue unters Bett. Die Lurchwolken vor meinem Gesicht erinnern mich an die Gestrüppkugeln, die im Film über amerikanische Landschaften rollen. Unter dem kleinen rot-gelben Teppich vor dem Bett finde ich eine Fünfzig-Cent-Münze. Ich lasse sie liegen.
    Die rechte Seite der begehbaren Garderobe gehört ihm, die linke ihr. Die Kleider in ihren Hängeelementen sind gelb, schwarz oder grau; eins ist großgeblümt und bunt, eins lila mit aufgenähten Metallplättchen. Aus einer grauen Wolljacke mit schwarzen Punkten fliegt eine Motte auf, als ich sie zur Seite schiebe. Ihre Strumpfhosen sind alle zu Knoten gebunden, blödsinnigerweise. Er hat jede Menge Jeans und Sakkos und Hemden mit Knopfkragen. Switi ist nirgendwo, weder links noch rechts.
    Zwischen seinen beiden Nadelstreifenanzügen finde ich die Cuculla. Ich habe mir den Namen gemerkt, weil er klingt wie ein Nest voller junger Igel. Er hat sie uns vor Jahren gezeigt. Sie ist das Festtagsgewand von Mönchen. Er hat gesagt, er war selbst einmal für kurze Zeit bei so einem Verein. Er hat sie einfach mitgenommen, weil sie ihm gefallen hat. »Was mir gefällt, das nehme ich« – das sagt er immer noch manchmal. Jetzt nehme ich sie mir. Sie gefällt mir auch – wegen der vielen Falten.
    Ich gehe in den Keller, in die Garage, in den Schuppen, dann drehe ich noch eine Runde durchs Erdgeschoß. Ich schaue hinter jede Tür, in jede Lade, in jedes Fach, so, als könne sie plötzlich geschrumpft sein und irgendwo versteckt drinliegen, zum Beispiel hinter den Teetassen oder zwischen den Rollen mit dem Geschenkpapier.
    Im Arbeitszimmer öffne ich den Wandschrank und ziehe die Hängemappenladen raus. Nichts als Bewerbungsschreiben. Fotos von Leuten, die alle gleich ausschauen. Die Schreibtischtüren sind versperrt; die Mittellade ist es nicht, aber in ihr finde ich nur Stempel, Büroklammern, Radiergummis und so Zeugs. Ich schiebe den Drehstuhl nach hinten, knie mich hin und krieche unter dem Schreibtisch vor bis zur Wand. Dort befindet sich der Safe. Zwei Buchstaben, drei Ziffern – es ist so primitiv, dass ich mich fast geniere. Im Safe ist sie auch nicht, haha. Eine Mappe mit Dokumenten, die ich nicht verstehe, Bank, Notar und Grundbuch, eine Schatulle mit einer Perlenkette, mehreren Ringen und zwei kleinen Goldbarren, ein Kuvert mit fünfzehntausend Euro in bar und zwei Sparbüchern. Auf dem einen liegen dreiundvierzigtausend Euro, auf dem anderen einhundertzwölftausend. Ein schmaler Ordner, in dem nur vier Blätter hängen; auf jedem stehen ein paar Namen, Adressen und Mobiltelefonnummern. Ein Stapel mit DVD-Hüllen, insgesamt acht Stück; auf allen dieselben Worte: Eating Sweet Brownie . Ich denke an England, an den Porridge zum Frühstück, an den Hund mit dem Rüschenkleid und den Geruch nach Sellerie. Das Wattegefühl ist wieder da. Die Dinge beginnen sich zu drehen.
    Fluchtweg Nummer vier, umgekehrte Richtung. Raus durch die Garage, auf der Fürstenau in Richtung Walzwerksiedlung, vor Halle B hocken Hakan und das Schulgespenst, sie quatscht mich an, ich schaue zu Boden,

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