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Das Mauerblümchen erringen (German Edition)

Das Mauerblümchen erringen (German Edition)

Titel: Das Mauerblümchen erringen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eloisa James
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gesehen.“
                  „Schon erstaunlich, wie blind die Londoner Männer sind“, bemerkte Lucy. Nun sprach wieder trockener Humor aus ihrer Stimme, und ihre Augen blitzten vor Übermut. Sie war weiß Gott keine Frau, die einen Mann mit Lügen beschwichtigte oder zuließ, dass er sich zum Narren machte.
                  Sie würde ihrem Ehemann eine ebenbürtige Partnerin sein.
                  „Was tue ich da?“, rief sie unvermittelt aus und stieß ihn von sich. Cyrus war so in seine Gedanken vertieft gewesen, dass er es geschehen ließ und die Arme senkte. „Mein Haar! Mein Réticule ... wo ist es?“
                  Er wusste es. Das Täschchen war ihm im Weg gewesen, deshalb hatte er es gegen den Topf einer Zierorange gelehnt, die am Rande des Säulenvorbaus stand.
                  „Ich glaube, Sie haben Ihr Täschchen im Ballsaal liegen lassen“, sagte er.
                  Szenen aus der Ehe seiner Eltern zogen vor Cyrus´ innerem Auge vorbei: Wie sein Vater sich blindlings in die Arme seiner Mutter gestürzt hatte, wenn er einen Prozess verloren hatte und der Angeklagte gehängt wurde. Sein Vater verlor nur selten, doch die Arme seiner Mutter standen ihrem Mann stets offen, und selbst als Kind hatte Cyrus gewusst, dass alles wieder gut würde, dass sein Vater wieder mit Farbe in den Wangen und einem weniger gehetzten Ausdruck in den Augen zu seiner Familie heimkehren würde.
                  Partnerschaft hatte nicht auf seiner verdammten, dummen Liste gestanden, doch plötzlich wurde ihm bewusst, wie sehr er sich nach einer Parterin sehnte. Vielleicht mehr als nach allem anderen, was in seinem Plan verzeichnet stand.
                  „Pflegen Sie frühmorgens auszureiten?“, erkundigte er sich, als sie wieder Richtung Ballsaal schritten.
                  Lucy hatte ihre Mutter mit Lady Summers sprechen sehen. Eine kleine Falte erschien zwischen ihren Augenbrauen. „Ja“, erwiderte sie zerstreut. „Mutter muss sich bereits fragen, wo ich abgeblieben bin.“
                  Sie wollte wohl nicht, dass ihre Mutter sie mit ihm zusammen sah.
                  „Auf Wiedersehen, Miss Towerton“, sagte er daher, ließ ihre Hand los und verneigte sich hastig. „Danke, dass Sie mich auf die Terrasse begleitet haben.“ Und er zog sich zurück, bevor ihre Mutter ihn bemerken konnte.
                  Lucy schaute ihm einen Augenblick nach. Sie war vor Überraschung wie betäubt. Erst küsste er sie, als wäre sie etwas Kostbares, und im nächsten Moment ließ er ihre Hand fallen und zog sich zurück, als wäre sie ... was?
                  Nie im Leben war sie verwirrter gewesen.
                  Er sagte, er küsse sie nicht wegen der Aufmerksamkeiten des Herzogs von Pole, und etwas in ihr wollte ihm unbedingt glauben.
                  Aber wenn es nicht dieser Grund war ... dann welcher?
                  Tatsächlich schien er auf Rathbone eifersüchtiger zu sein als auf Pole, und das war geradezu absurd. Oder vielleicht doch nicht so absurd. Denn Rathbone gefiel ihr. Er brachte sie zum Lachen, während das Zusammensein mit Cyrus nur Wut und Verwirrtheit und Begierde zur Folge hatte.
                  Und Begierde, das begriff Lucy allmählich, war ein recht lästiges Gefühl. Im Moment zum Beispiel pochte ihr ganzer Körper.
                  Ein Mann, der ihr unbekannt war, löste sich aus einer kleinen Gruppe, und sah sie. Doch statt rasch den Blick abzuwenden, als wäre sie Luft, sah Lucy Interesse und Wärme in seinen Augen aufblitzen.
                  Sie richtete sich gerade auf ... zu ihrer vollen Größe. Der Fremde war ein hochgewachsener Mann, aber nicht groß genug für sie. Sie hatte höhere Ansprüche. Sie wollte einen großen Mann, der nicht schlecht aussah und ein gewisses Maß an Intelligenz besaß.
                  Als sie auf ihre Mutter zuging, wiegte sie sich leicht in den Hüften.
                  Dies war nicht mehr der Gang einer Debütantin. Den hatte sie weit hinter sich gelassen.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     

10
     
    Lucy verbrachte an diesem Abend geraume Zeit in der Badewanne. Sie kam sich seltsam verändert vor, als ob sie einen Schritt in ein fremdes Land getan hätte, ein Land, in dem Eltern und

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