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Das Maya-Ritual

Das Maya-Ritual

Titel: Das Maya-Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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Kopie davon bekommen?«
    »So ähnlich. Sie sagte, sie brauche einen juristischen Beweis, dass ich die nächste Verwandte sei, und ob es mir etwas ausmache, wenn sie den Anwalt Marrufo anriefe, um es über ihn laufen zu lassen. An diesem Punkt fand ich, es sei an der Zeit, mich aus der Sache herauszuwinden, deshalb antwortete ich, ich wäre vollauf zufrieden, wenn ich den Totenschein lesen und mir seinen Inhalt notieren dürfe.« Deirdre reichte mir ein Blatt aus ihrem Notizbuch: CAUSA DE MUERTE - PARO CARDIACO.
    Todesursache - Herzversagen. Klar und einfach. Unkompliziert. Überzeugend.
    »Tja, sieht so aus, als hätte ich mich getäuscht«, sagte ich seufzend. »Und weißt du was, ich bin sogar irgendwie erleichtert. Danke, dass du das für mich getan hast, Deirdre. Mir wird jetzt erst klar, dass ich das nicht durchgestanden hätte.«
    »Kein Problem. Und auch wenn es schwer fällt, du musst diese Sache jetzt abschließen.«
    »Ist mir klar.«
    »Und um das gewissermaßen zu begießen, gehen wir jetzt in der Stadt aus. Kein schickes Essen, nur jede Menge Drinks und wir zwei wilde Weiber.«
    »Ich dachte, du hättest vorgestern Abend schon genug getrunken.«
    Aber Deirdre war in Partylaune. »Das war damals. Heute ist heute. Auf geht’s, Schwester.«

19
    Ungefähr zehn Minuten lang hörte ich schon Knallfrösche losgehen, bevor mir dämmerte, dass in San Miguel ein Fest stattfand. Das erklärte außerdem, warum Alfredo den Pick-up haben wollte - er fuhr wahrscheinlich mit seinen Freunden auf der Ladefläche kreuz und quer durch die Stadt. Ein Veranstaltungskalender, der mit einem Magnet am Kühlschrank befestigt war, enthüllte, dass es sich um die Fiesta de San Miguel handelte, den Festtag des heiligen Michael persönlich, des Schutzheiligen der Insel: Ich war derart mit anderen Dingen beschäftigt gewesen, dass ich alle Hinweise auf das Nahen des Festes übersehen hatte.
    Als ich Deirdre erklärte, es sei Fiesta, jauchzte sie und bestand darauf, dass wir uns herausputzten. »Jetzt, da ich dank Eleanoras Kostüm aus Shorts und T-Shirt herausgewachsen bin, gibt es kein Zurück mehr«, scherzte sie und verschwand in ihr Zimmer.
    Eine halbe Stunde später tauchte sie in einem knappen schwarzen Partykleid wieder auf, sie trug Make-up und Lippenstift, hatte das Haar hochgesteckt und protzte mit einer Perlenkette und dazu passenden Ohrringen.
    Ich selbst hatte mich für ein lose sitzendes rotes Sommerkleid entschieden und stellte erfreut aufs Neue fest, wie kühl und leicht sich das Material auf meiner Haut anfühlte. Als Schmuck hatte ich ein goldenes Halsband und ein Armband aus dünnen, ineinander verschlungenen Schnüren ausgesucht. Ohrringe trug ich schon lange keine mehr, da ich immer in den Riemen von Taucherbrillen und den Tauchkapuzen damit hängen blieb.
    Wir ließen uns von einem Taxi so weit wie möglich in die Stadtmitte bringen, bis Massen von Einheimischen und Touristen die Straßen verstopften und wir nicht weiterkamen. Dann gingen wir in Richtung Hauptplatz, zur Plaza del Sol, den Einheimischen als zocalo bekannt. Sie lag nur hundert Meter vom Fährhafen entfernt, auf halber Höhe der linken Seite des Schachbretts, als das sich die Karte von San Miguel nach Norden hin darstellt.
    Schon aus einer Entfernung von mehreren Straßen drang der Klang einer Reihe von Musikkapellen, die alle gleichzeitig spielten, an unsere Ohren. Schrille Bläser, Gitarrengeklimper, kreischende Akkordeons, Trompetenstöße, Stimmen in voller Lautstärke aus einer übersteuerten Verstärkeranlage - alles auf der Plaza oder in den angrenzenden Straßen. Dann zischte es über unseren Köpfen, und Feuerwerkskörper explodierten in einem goldenen Sternenregen. Wie die übrige Menge stießen wir kurze Freudenschreie aus und reckten den Hals nach der nächsten Rakete. Einer Salve in Rot, Grün und Weiß, den Farben der mexikanischen Flagge, folgte rasch ein blendendes, türkises Schauspiel, das in Smaragdgrün überging, während es glitzernd vom Himmel fiel: Ich war mir nicht sicher, aber ich glaubte, es stellte den Quetzal dar, den heiligen Vogel der Maya.
    »Gehen wir was trinken«, sagte Deirdre, während uns die immer ausgelassenere Menge hin und her stieß.
    »Gute Idee, hier entlang.« Ich führte sie in eine Seitenstraße. Mein Ziel war eine Bar, die einfach Jazz hieß, aber auf unserem Weg durch die verwinkelten und mit bunten Wimpeln geschmückten Straßen stießen wir wiederholt auf Hindernisse aus geparkten Autos und

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