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Das Maya-Ritual

Das Maya-Ritual

Titel: Das Maya-Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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große palapa und bei einer davon eine Bar, die gerade ihre Türen schloss - es waren nirgendwo Gäste zu sehen.
    Mein Vater hatte gesagt, er würde nach einer Gebetsstunde in der Baptistenkirche gegen zehn Uhr wieder im Hotel sein. Wir hatten vereinbart, uns bei einer der beiden palapas zu treffen, deshalb spazierte ich in dem Glauben, er habe sich verspätet, noch ein Stück weiter zur Lagune, wo ein hölzerner Pier vom Strand hineinragte. Er war mit bunten Lichtern behangen, die sich auf der ölig-glatten Wasseroberfläche spiegelten. Eine einsame Gestalt stand am Ende des Piers und blickte zur anderen Seite der Lagune hinüber, wo die Neonfarben der Hotels und Nachtclubs strahlten. Der ältere Herr war mit einer beigefarbenen Hose und einem hellgrünen, kurzärmeligen Hemd bekleidet. Dann erkannte ich, dass es mein Vater war.
    Auch ohne sein Gesicht zu sehen, konnte ich feststellen, dass er gealtert war. Ich merkte es an der stärkeren Wölbung seines Rückens, wodurch er die Schultern hängen ließ und den Kopf vorschob. Es gab mir einen kurzen Stich ins Herz, weil ich sah, dass er ein alter Mann wurde.
    »Dad«, sagte ich leise und trat auf den Pier. Er drehte sich um und reckte den Kopf zur Seite, eine alte Angewohnheit von ihm, wenn sich jemand näherte.
    »Jessica… wie lange das her ist, dass wir uns gesehen haben.« Selbst seine Stimme, so schien es mir jetzt, hatte ein wenig von den tieferen Registern eingebüßt. Er ging auf mich zu und stand dann einen Augenblick mit linkisch herabhängenden Armen da, offenbar den Drang unterdrückend, sie um mich zu legen. Die Lampions funkelten in seiner Brille, deshalb konnte ich keinen Ausdruck in seinen Augen lesen.
    Ich drückte ihm schnell einen flüchtigen Kuss auf die Wange, um ihn aus seinem Dilemma zu befreien. Dann drehte ich mich in Richtung des Gartens um. »Können wir über den Gefallen reden, um den ich dich bitte?«, sagte ich, während er mir auf den Fußweg folgte.
    »Natürlich. Aber lass mich erst sagen, wie Leid es uns tat, als wir von Kens Abschied aus diesem Leben hörten. Wir haben natürlich für ihn gebetet.«
    »Er hätte das sicherlich zu schätzen gewusst«, murmelte ich leise.
    »Allerdings sehr heidnisch, seine sterblichen Reste auf diese Weise beseitigen zu lassen.«
    Ich hatte ihm zuvor am Telefon erzählt, dass Ken ohne Gottesdienst oder irgendeine Feier sofort eingeäschert worden war. Und damit hatte ich einen Ansatzpunkt, um an das Mitgefühl meines Vaters zu rühren.
    »Aber genau darum geht es ja«, sagte ich und setzte mich in einen Stuhl unter eine der palapas. In der Bar nahe der anderen räumte der Barkeeper immer noch auf. Mein Vater nahm an dem Holztisch in der Mitte Platz und stützte die nackten Ellbogen auf. »Es war nicht sein Wille, auf diese Weise beseitigt zu werden. Wie ein Tier. Das geschah, um den wahren Grund für seinen Tod zu vertuschen.«
    »Und der liegt deiner Ansicht nach in diesem verseuchten Wasser.«
    »Ja.« Ich hatte ihm bereits einige Einzelheiten mitgeteilt, wobei ich insbesondere zu erwähnen vermied, dass ich mich in der Nacht, in der die Studenten massakriert wurden, in Chichen Itza aufgehalten hatte. Sanchez hatte sich an seinen Teil der Abmachung gehalten, also war die Nachricht auch von keiner der US-Zeitungen verbreitet worden.
    »Warum gibst du deine Proben nicht an ein Labor hier in Cancun?«, fragte er. »Sollen die eine eventuelle Toxizität feststellen und dann die zuständigen Stellen alarmieren.«
    »Ausgeschlossen. Was immer da im Gange ist, es reicht in alle möglichen Organisationen hier hinein. Selbst wenn ich das Meeresforschungszentrum in Cancun darum bitten würde, gäbe es bestimmt irgendein Gesetz über Staatsgeheimnisse oder dergleichen, das sie zum Schweigen verpflichtet.«
    »Das heißt, wenn ich mitmache, handle ich außerhalb des Gesetzes?« Er versuchte, sich herauszuwinden.
    »Komm, Dad, ich bitte dich schließlich, giftige Wasserproben auf einen Flug nach Tampa mitzunehmen. Natürlich bewegst du dich außerhalb des Gesetzes.«
    »Und ich muss lügen.« Ich hatte vorgeschlagen, er solle der Fluggesellschaft erzählen, dass er Blutproben eines Missionars transportiere, um sie auf Lassafieber testen zu lassen, und dass sie getrennt vom Passagiergepäck verstaut werden müssten.
    »Und meinen Besuch abkürzen, meinen Rückflug umbuchen.«
    Ich seufzte verärgert. Er ersparte mir nichts. »Schau, Dad, ich könnte es ja selbst machen, aber für Hin und Rückflug würde der

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