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Das mechanische Herz

Das mechanische Herz

Titel: Das mechanische Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dru Pagliassotti
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genannt.
    Sie hätte Alister Flügel gebracht und fest damit gerechnet, ihm zeigen zu müssen, was er damit zu tun hatte, und dann hätte er sie mit seinen Künsten beeindrucken können ...
    Taya holte tief Luft. Vergiss es einfach. Es spielt doch jetzt keine Rolle mehr.
    „Aber Ihr selbst habt es nie gelernt?“ Sie bemühte sich, ganz normal zu klingen.
    „Nein.“
    „Es wird schon gutgehen. Ihr wisst, wie eine Flugausrüstung funktioniert, das ist schon mal ein Vorteil.“
    „Zu wissen, wie ein Apparat funktioniert und diesen Apparat dann auch zu benutzen, sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe.“
    „Eigentlich ist es ganz einfach“, versicherte sie. „Die Landebahnen der Ikarier sind hoch oben angebracht, über sämtlichen Türmen und Kabeln, mit Ausnahme der Drahtfähre hoch zum Sitz des Rates. Den zerstörten Drähten dort können wir problemlos ausweichen. Der Wind stellt die einzige Gefahr dar, aber ich helfe Euch, darin zu navigieren.“
    „Der Wind macht mir keine Sorgen. Sorgen macht mir die Entfernung zum Boden.“
    „Ihr habt doch nicht etwa Höhenangst?“, spottete Taya gutmütig. Sie sah ihn von der Seite an. Das scharfe Profil, das sich gegen die untergehende Sonne abzeichnete, zeigte wieder den gewohnten, missmutigen Ausdruck.
    „Ich leide sogar unter großer Höhenangst.“
    Das sagte er so trocken, dass sie spontan in herzliches Gelächter ausbrach. Cristof blieb mitten auf der Straße stehen und warf ihr einen finsteren Blick zu.
    „Verzeihung! Tut mir leid! Ich lache nicht, weil Ihr Angst habt“, entschuldigte sie sich hastig, woraufhin sein Blick womöglich noch finsterer wurde. Er zog die Schultern hoch, glich mehr denn je einer Krähe mit gesträubtem Gefieder, als eine Windböe aufkam und seine Mantelschöße flattern ließ. „Mir wird nur plötzlich allerhand klar!“, fuhr Taya fort. „Deswegen verschafft Ihr Euch immer einen genauen Überblick über Reparaturarbeiten am Drahtfährensystem! Ich wünschte, das hättet Ihr früher gesagt.“ Ein welkes Blatt wurde aufgewirbelt und blieb an seinem Haar hängen. Spontan streckte sie die Hand aus und zupfte es fort.
    „Das wollte ich einer Ikarierin nur ungern anvertrauen.“
    „Macht Euch nicht lächerlich!“ Taya ließ das Blatt los, sah zu, wie der Wind es davontrug. Cristof strich sich verunsichert über die Stelle, an der es gehangen hatte. „Ihr solltet nicht mitkommen, wenn Ihr unter Höhenangst leidet. Ich kann verhindern, dass ihr abstürzt, aber wenn ihr vor Angst starr werdet oder in Panik geratet, könntet Ihr verletzt werden.“
    „Ich gerate nicht in Panik.“
    „Wie man da oben reagiert, weiß man erst, wenn man in der Luft ist.“
    „Ich schaffe das. Ich habe keine Wahl.“ Er klang zunehmend ungeduldig.
    „Schon gut, schon gut! Kein Grund, gleich sauer zu werden.“
    „Ich bin nicht sauer.“ Cristofs Stimme klang zum Zerreißen gespannt. „Ich fahre dich nicht an, ich schreie nicht, ich schüttele dich nicht und halte dir auch keine Vorträge. Ich gebe nicht vor, etwas zu sein, was ich nicht bin. Im Gegenteil. Ich bin vollkommen ehrlich. Ist das in Ordnung, Ikarierin?“
    „Ja, Erhabener.“ Taya seufzte. Typisch! Natürlich musste er wieder in eine seiner trübsinnigen Stimmungen verfallen, wo sie gerade anfingen, eine richtige Unterhaltung zu führen. „Sind wir bald beim Haus Eures Bruders?“
    Er warf ihr einen letzten, durchdringenden Blick zu, ehe er den Kragen hochschlug und sich abwandte.
    „Es liegt gleich da drüben.“
    Das Anwesen der Familie Forlore schien sich in nichts von den umstehenden Häusern zu unterscheiden: ein riesiges Gebäude hinter einer Mauer mit einem Eisentor. Cristof hastete darauf zu, als hätte er es eilig, Taya zu entkommen.
    Taya sog die kalte Herbstluft tief ein, während sie zusah, wie Cristof in seinen Taschen wühlte, bis er einen Schlüsselbund gefunden hatte. „Ihr habt einen Schlüssel zu Alisters Haus?“
    „Es ist auch mein Haus, und Alister hatte Schlüssel zu meinem Laden.“
    Er schloss auf, und sie gingen die Auffahrt hinauf zum Haus, wo auf ihr Läuten hin eine Frau aus der Famulatenkaste öffnete. Die Frau trug Trauerkleidung, und Taya erkannte in ihr die Zofe, die sie bei ihrem Abendessen mit Alister bedient hatte.
    „Guten Tag, Erhabener. Wir haben Euch schon erwartet.“ Die Zofe verneigte sich tief.
    „Ich hätte gestern kommen sollen, wurde jedoch aufgehalten.“ Cristof steckte die Schlüssel wieder in die Tasche und trat ein. „Ist

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