Das mechanische Herz
doch wohl schon gelandet, oder?“
„Der Erhabene ist ganz in Ordnung“, fand Victor. „Auf jeden Fall ist er integer.“
„Das will ich ihm auch geraten haben!“, brummelte Pyke.
Wenig später kam Cristof zurück und breitete auf dem Tisch eine große Karte aus, mitten zwischen den Lochkarten und Papieren, für die sich nun niemand mehr interessierte. Alle beugten sich eifrig darüber und machten sich daran, ihre Route auszuarbeiten.
Kapitel 17
A ls unter ihr ratternd Gregors Droschke eintraf, stieß sich Taya vom Dach ab, auf dem sie gewartet hatte. Ihr Bein tat weh, obwohl sie vor dem Verlassen der Liktorenwache noch eine weitere Dosis ihres Schmerzmittels genommen hatte. Ein dumpfer, kaum wahrnehmbarer Schmerz am Rande ihres Bewusstseins, der sie dennoch davor warnte, es mit ihren Aktivitäten zu übertreiben.
Cassi und Pyke glitten neben sie, als Taya gerade den Schwanzteil heruntertrat und die Flügel nach unten bewegte.
In diesem Teil Tertius ’ war es des Nachts sehr still; hier gab es kaum Bewohner, weder Theater noch Bars, die lärmende Menschen hätten anziehen können, und die Fabriken waren geschlossen. Ruhig und dunkel lagen die Straße unter den Ikariern.
Die drei flogen fast lautlos, ganz auf den Luftraum konzentriert. Die Lichter der oberen Sektoren verliehen dem Himmel einen schwachen Glanz, und entlang der Drahtfährentürme brannten jeweils im Abstand von dreißig Metern Gaslaternen, aber trotzdem war es allzu einfach, einen Fabrikschornstein mit einem Schatten zu verwechseln oder ein Kabel zu übersehen, das sich zwischen zwei Türmen hinzog.
Von oben betrachtet unterschied sich die Raffinerie, in der die Bombe hochgegangen war, nicht wesentlich von den umliegenden Fabriken. Der Ruß und die zerbrochenen Fenster, die das Feuer hinterlassen hatte, waren auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Man hatte um das Werk herum eine provisorische Umzäunung errichtet, von der jedoch bereits Teile fehlten. Wahrscheinlich hatten die Nachbarn sie sich angeeignet.
Taya kippte die Flügel und ließ sich in einem langen, weiten Kreis hinuntersinken, gefolgt von Cassi, die einige Körperlängen Abstand hielt. Pyke blieb oben am Himmel.
Die leeren Fensteröffnungen der stillgelegten Raffinerie waren dunkel. Leise ächzend landete Taya auf dem Dach der gegenüberliegenden Fabrik – sie hatte versucht, den Aufprall mit dem gesunden Bein abzufangen, aber ganz war ihr das nicht gelungen. Besorgt tastete sie ihre Wade ab, schnitt eine Grimasse und zog die Hand rasch wieder fort.
„Da ist jetzt nichts mehr zu machen“, dachte sie resigniert. „Morgen kann ich mir Cassis Rat zu Herzen nehmen und im Bett bleiben. Vielleicht leiht sie mir ja einen ihrer schlüpfrigen Romane.“
Cassi glitt hinüber zur anderen Straßenseite und landete. Im Handumdrehen hatte sie die Schutzkappe von der kleinen Laterne entfernt, die sie bei sich trug, und gab Pyke das verabredete Zeichen: drei rasche Lichtstrahlen, reflektiert von ihren silbernen Flügeln.
Pyke signalisierte mit den Flügeln, dass er verstanden hatte, und flog zurück, um den anderen Bescheid zu sagen, dass die Luft rein war.
Taya ließ sich an der Dachkante nieder und suchte mit den Augen das ausgebrannte Gebäude ab, das vor ihr lag. Dort regte sich nichts. Eigentlich hatte sie auch nichts anderes erwartet. Sie war nur mitgekommen, um nicht untätig herumsitzen zu müssen.
Ein Stück weiter links von ihr war auf der Straße inzwischen die Kutsche stehengeblieben, aus der erst die Programmierer stiegen, dann Cristof.
Drei der Neuankömmlinge trugen Gewehre bei sich.
Cristof war nicht gerade entzückt gewesen, als Victor ihm die in Gregors Kutsche unter einer Plane verborgenen Perkussionswaffen gezeigt hatte und ihm gleich auch noch eines davon in die Hand drücken wollte.
„Feuerwaffen sind in der Stadt verboten! Wo habt ihr sie her?“
„Freunde von Freunden konnten sie uns beschaffen.“ Achselzuckend hatte Victor Isobel eine der Waffen weitergereicht. „Pyke und ich sollten uns ursprünglich allein in Schlackenseite umsehen, da wollte ich nicht unbewaffnet sein. Die Gewehre sind lediglich eine Vorsichtsmaßnahme.“
„Unser Victor spielt mal wieder Soldat!“, hatte Isobel geseufzt. „Er und seine Freunde tun gern so, als wären sie Ondiniums unsichtbare Streitkraft, die zweite Verteidigungslinie, sollte die erste fallen. Schafft euch doch endlich ein paar von den Luftgewehren an, die die Liktoren haben, Victor!“
„Die hier sind
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