Das mechanische Herz
Prestige.“
„Hat dort unten eigentlich je eine richtige Untersuchung stattgefunden?“, wollte Cristof wissen.
„Der Fall ist noch nicht abgeschlossen und geriet nach allem, was danach geschah, ein wenig ins Hintertreffen.“
„Vielleicht sollte man sich dort noch mal umsehen. Nur damit wir sicher sein können, dass uns nichts entgangen ist. Gehörte die Raffinerie einem Dekatur?“
„Nein. Das haben wir überprüft. Eigentümerin ist eine der drei großen Bergwerksgesellschaften. Deren Papiere sind in Ordnung.“
„Vielleicht war der Täter ein unzufriedener Arbeiter“, warf Victor ein. „Die Arbeiter sind mit keiner der großen Drei besonders glücklich.“
Scarios tat den Einwand mit einer Handbewegung ab. „Im Augenblick ist mir diese Raffinerie herzlich gleichgültig. Was mich interessiert, ist die Tatsache, dass eure Freundin entweder selbst eine Zerrissene Karte ist oder doch wenigstens mit den Terroristen zusammengearbeitet hat. Deswegen bekommt dieser Fall eine ganz neue Dringlichkeit. Wir müssen runter nach Schlackenseite.“
„Dürften wir ...“ Victor brauchte seine Frage gar nicht erst zu Ende zu formulieren, Scarios hatte ihn auch so verstanden. Er schüttelte den Kopf.
„Ihr habt euren Teil getan, aber nun wird es Zeit, dass ihr euch zurückzieht.“ Sein Ton duldete keinen Widerspruch. „Die Zerrissenen Karten sind gewalttätig. Ich werde nicht zulassen, dass sich Zivilisten in die Ermittlungen einmischen.“
„Was ist mit uns?“, drängte Cassi. „Ihr könntet doch bestimmt jemanden für die Luftüberwachung gebrauchen.“
„Tut mir leid, Ikarierin, aber für einen Flug, bei dem es zum Schusswechsel kommen kann, fehlt dir die Ausbildung. Unter anderen Umständen wäre ich vielleicht versucht, dein Angebot anzunehmen, aber in diesem Fall darf ich das Risiko einfach nicht eingehen.“
Die Auseinandersetzung ging noch ein paar Minuten lang hin und her, doch Scarios blieb unnachgiebig. Amcathra erteilte bereits den noch in der Wache verbliebenen Liktoren seine Befehle.
„Ich will, dass auch Ihr hierbleibt, Erhabener“, wandte sich Scarios an Cristof. „Ihr seid zu wichtig, um bei einer Schießerei ums Leben zu kommen.“
„Ich bin nicht ...“
„Ihr seid ein Erhabener, Ihr seid einer der Hauptzeugen im Verfahren gegen Euren Bruder, und das hier ist Liktorenarbeit. Der Rat würde mich stehenden Fußes zum Wachdienst an einem Sektorentor in Tertius verdammen, wenn Euch etwas zustößt.“ Darüber schien Cristof nachdenken zu müssen. Taya hielt die Luft an.
„Einverstanden“, erklärte er schließlich. „Aber ich gehe auf dem Nachhauseweg kurz bei der Raffinerie vorbei, um nach dem Rechten zu sehen.“
„Verschweigt Ihr mir etwas?“
„Nein. Mich stört einfach die Tatsache, dass die Raffinerie so kurz nach dem Angriff der Karten auf die Drahtfähre in die Luft ging.“
Scarios musterte den Erhabenen mit gerunzelten Brauen – Taya sah ihm an, dass er dasselbe dachte wie sie. Cristof war verzweifelt auf der Suche nach einer Beschäftigung, um nicht ständig über seinen Bruder nachdenken zu müssen. Endlich zuckte der Hauptmann die Achseln.
„Soll ich einen Liktor mitschicken?“
„Nein. Die Männer und Waffen, die du hast, brauchst du selbst.“
„Gut.“ Scarios wandte sich ab. „Leutnant? Wir wollen los.“
Amcathra schien unentschlossen. Nachdenklich ruhten seine blauen Augen auf Cristofs Gesicht.
„Was geht Euch durch den Kopf?“, fragte er Cristof, als der Hauptmann schon halb durch die Tür war.
„Die Raffinerie liegt nicht weit von einem der Kontaktpunkte entfernt, die in Neuillans Unterlagen erwähnt werden.“
„Außerdem nicht weit von der Stelle, an der ich überfallen wurde“, fügte Taya hinzu.
Amcathra warf ihr einen kurzen Seitenblick zu, wandte sich dann aber wieder an Cristof.
„Unternehmt nichts, was Euch oder die Ikarier gefährden könnte.“
„Mach dir keine Sorgen, Leutnant, wir passen schon auf ihn auf!“, versicherte Cassi mit einem schiefen Grinsen. Pyke grunzte – die Aussicht schien ihm wenig zu behagen.
„Sobald Ihr etwas gefunden habt, schickt Ihr einen Ikarier ohne Beinverletzung, um mir Bescheid zu sagen.“
„Auf jeden Fall.“
Amcathra verabschiedete sich mit einem knappen Nicken und eilte seinem Hauptmann hinterher.
Auf der Wache befand sich jetzt außer den Zivilisten gerade noch die Notbesetzung für die Nacht.
„Wir möchten mitkommen, wenn ihr die Raffinerie durchsucht“, verkündete
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