Das mechanische Herz
da ausländisches Blut in seinen Adern, wahrscheinlich demikanisches. Die blassen Augen ließen sein Gesicht so hart und hager wirken – ein Eindruck, der durch das silberne Brillengestell noch verstärkt wurde. „Dieser Flügel scheint in Ordnung zu sein.“ Taya schreckte aus ihren Gedanken auf. Cristof hatte seine Arbeit beendet.
„Meiner auch, es sei denn, es hat ein paar der Scharniere erwischt.“
Cristof warf einen Blick auf ihre Hände. „Du machst alles ganz blutig. Setz dich.“
„Das sind nur ein paar kleine Kratzer.“ Taya sah nun selbst an sich hinunter und verzog das Gesicht. Der Mann hatte recht: Blutflecken verunzierten ihren Fliegeranzug, ein paar Blutstropfen waren auf den Tisch gefallen. Gut, die Schnitte waren wirklich nicht tief, aber da sie mit den Händen gearbeitet hatte, waren die Wunden offen geblieben, hatte sich keine erste Schorfkruste bilden können.
Cristof zog seinen Mantel aus, warf ihn über einen Stuhl und verschwand durch einen Türbogen. Erleichtert, seinen kritischen Blicken einen Moment lang entronnen zu sein, ballte Taya die blutenden Hände im Schoß und sah sich noch ein wenig um.
Alle Zeitmesser im Raum zeigten dieselbe Uhrzeit an, aber das war auch schon alles, was sie gemeinsam hatten. Die Unterschiede zwischen ihnen waren erheblich: Das ging von der streng anmutenden, schwarzen Standuhr in der Ecke bis zu einer als springender Hirsch daherkommenden Tischuhr hoch oben auf einem der Regale. Bei einer der kleineren Standuhren, deren Gehäuse aus einem Glasmantel bestand und die auf dem obersten Brett eines Werkzeugregals fast einen ganzen Meter einnahm, konnte man sämtliche Zahnräder bei der Arbeit beobachten. In der Nähe einer Werkbank befand sich ein kleineres Regal mit drei Brettern voller Spielzeug zum Aufziehen, wie Taya es noch aus ihrer Kindheit kannte. Zwei der winzigen Geräte fielen ihr besonders ins Auge: Vögelchen, die, durch Bindfäden gesichert, damit sie nicht davonflogen, über dem obersten Regalbrett schwebten. Neugierig stand sie auf, um sich die Vögel näher anzusehen, wobei sie die Hände vor der Brust barg, damit nur ja nirgendwo Blutflecken landeten.
Die Vögel waren wirklich wunderschön, kleine Meisterwerke der mechanischen Kunst, mit winzigen, leuchtend emaillierten Federn und kleinen, goldenen Schnäbeln. Auch die zwischen den beiden Flügelpaaren verborgenen Miniaturschlüssel glitzerten, als seien sie aus Gold, und die Äugelein funkelten im Lampenlicht, so dass Taya sich unwillkürlich fragte, ob sie aus Glas oder Edelsteinen gefertigt sein mochten. Wenn diese Spielzeuge wirklich so kostbar und teuer waren, wie sie aussahen, tippte sie eher auf Edelsteine. „Der Kern ist jeweils aus Ondium.“ Cristof war zurückgekehrt, eine volle Waschschüssel und zwei Handtücher in den Händen. Er stellte alles auf dem Tisch unter der schwebenden Flugausrüstung ab. „Wasch dir die Hände.“
„Sie sind herrlich.“ Mit Mühe riss sich Taya vom Anblick der kleinen Kunstwerke los, um ihre Hände in das kalte Wasser zu tauchen, das sich sogleich rot färbte. Gewissenhaft wusch sie ihre Wunden aus. „Sind sie hier, weil Ihr sie für jemanden reparieren sollt?“
„Nein, sie gehören mir.“ Cristof reichte ihr ein Handtuch, das sie gegen die Schnitte drückte. Auch er hatte sich die Hände gewaschen, aber Taya kam nicht umhin zu bemerken, dass um seine Manschetten herum noch ein Dreckrand saß. Ebenso auf dem scharfen Nasenrücken, den er wohl berührt hatte, um sich die Brille zurechtzurücken.
„Können sie wirklich fliegen?“
„Lass mich nach deiner Schulter schauen. Die Wunde mag dich im Moment nicht stören, wird aber aufreißen, sobald du dein Geschirr anlegst.“
„Ich glaube nicht, dass sie sehr tief ist.“ Taya verrenkte den Hals, um nach der Wunde zu sehen. „Sie brennt, tut aber eigentlich kaum weh.“
„Ich möchte sie sehen“, wiederholte Cristof ungeduldig. Taya verzog das Gesicht, knöpfte aber folgsam den hohen Kragen ihres Fliegeranzugs bis zum Brustansatz auf. Ein Uhrmacher mochte nicht gerade der Arzt sein, von dem sie träumte, war aber wohl besser als gar nichts.
„Das brennt jetzt wahrscheinlich sehr“, warnte Cristof, der ihr den Anzug von der bloßen Schulter zog. Dessen Baumwollfutter klebte auf dem geronnenen Blut fest, und Taya musste die Zähne zusammenbeißen, um nicht vor Schmerz zu stöhnen. Cristof schob ein feuchtes Handtuch zwischen Anzug und Haut.
Taya zitterte, als ihr das kalte Wasser
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