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Das mechanische Herz

Das mechanische Herz

Titel: Das mechanische Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dru Pagliassotti
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endlich aus dem Netz zu befreien.
    Auf allen vieren kroch Taya zu ihrem Messer.
    Hinter ihr zischte es, ein seltsames, scharfes Geräusch wie von einer Maschine, gefolgt von einem lauten, irgendwie erstaunten Stöhnen des Demikaners.
    Taya sprang auf, wirbelte geduckt und kampfbereit herum.
    Der Demikaner stand da und starrte fassungslos auf seine Brust – dort ragten zwei lange Metallnadeln aus dem Hemd, um die sich bereits kleine Blutkreise bildeten, die sich zu dem rasch wachsenden Blutfleck dort, wo Tayas Messer ihn getroffen hatte, gesellten.
    „Lass sie, wir hauen ab!“, schrie der Alzaner auf Ondinisch, während er losrannte. Wankend sah der Demikaner seinem flüchtenden Gefährten nach, ehe er langsamer folgte.
    Taya reckte den Hals, konnte aber von dem zweiten Alzaner auf dem Übergang keine Spur mehr entdecken.
    Ihre Flügel, im schweren Metallnetz gefangen, schwebten knapp über dem Boden. Besorgt eilte Taya zu ihnen hin. Hoffentlich konnte sie den Apparat aus den Seilen befreien, ohne ihm größeren Schaden zuzufügen.
    Als hinter ihr Schritte ertönten, warf sie einen Blick über die Schulter, wobei sie fest damit rechnete, einen Liktor zu sehen.
    Ihr Retter hatte sich hingekniet, um die Blutflecken auf dem Kopfsteinpflaster zu untersuchen. Der Saum seines Gewandes hing auf der Straße. In der Hand hielt der Mann eine schwere, eiserne Luftpistole, ein für Taya ungewohnter Anblick. Wächter des Rates trugen manchmal Luftgewehre, aber die waren wesentlich größer und schwerer.
    Als der Mann aufsah, brach sich das Lampenlicht im Silbergestell seiner Brille. Einen Moment lang starrten Taya und er einander überrascht an.
    „Erhabener!“ Es war der Mann, den sie im Arbeitsraum Dekatur Forlores getroffen hatte – und was für ein unangenehmes Zusammentreffen das gewesen war! „Danke. Ihr habt mir das Leben gerettet.“
    Cristof schwieg einen Augenblick, ehe er aufstand und die Luftpistole in die Manteltasche gleiten ließ, wo sie eine unhübsche Beule verursachte. Die kalte Nachtluft zerrte an seinem grob gestutzten Schopf. Taya, klein und leicht wie die meisten Ikarier, musste aufsehen, wenn sie ihm in die Augen schauen wollte. Alle Erhabenen waren groß, ein Meter achtzig und mehr. So auch dieser.
    „Ikara!“, begrüßte er sie stirnrunzelnd. „Du scheinst mir sehr sorglos zu sein. Oder hast du im Moment einfach viel Pech?“
    Taya ärgerte sich über diese Begrüßung. Rasch, ehe er ihr den Unmut am Gesicht ablesen konnte, wandte sie sich ihrer Ausrüstung zu.
    „Eigentlich finde ich, ich hatte großes Glück“, erwiderte sie, wobei es ihr schwerfiel, ruhig und gelassen zu bleiben. „Immerhin lebe ich noch.“
    „Du blutest.“
    Sie warf einen kurzen Blick auf den dunklen Fleck auf ihrem Fliegeranzug. Die Wunde an ihrer Schulter brannte, störte aber weniger als der Schnitt über den Fingerknöcheln.
    „Nur eine Kratzwunde.“ Taya versuchte, sich einen Überblick über das Netz zu verschaffen, in dem ihre Flügel gefangensaßen. Wo war der Boden?
    „Lass das“, befahl Cristof. „Es geht zuviel kaputt, wenn du versuchst, es hier auf der Straße zu entwirren. Komm mit in meinen Laden, wo wir Licht haben.“
    Taya zögerte. Ihr missfiel die Art dieses Erhabenen. Wäre sie nicht allzusehr in Sorge um ihre Flügel gewesen, hätte sie sein Angebot mit großer Genugtuung abgelehnt.
    So jedoch blieb ihr kaum etwas anderes übrig, als sich ihm anzuschließen – aus purem Stolz ihre Flügel einem weiteren Risiko auszusetzen, war die Sache nicht wert.
    „Wo befindet sich Euer Laden denn? Hier in der Gegend?“
    „Nur ein paar Straßenzüge entfernt.“ Der Erhabene trat neben sie und schickte sich an, die losen Enden des Netzes zusammenzuraffen. Taya kam ihm zuvor, indem sie einfach beide Arme um das Bündel schlang. Cristof warf ihr einen kritischen Blick zu. „Ich mache das schon“, knurrte er.
    „Ich kann die Sachen tragen, Erhabener!“, insistierte Taya. „Es sind meine Flügel, und sie sind nicht schwer.“
    Mit kühlem Blick reichte er ihr die Enden des Netzes, die er aufgesammelt hatte, wartete ab, bis sie auch diese im Bündel verstaut hatte, und ging los, eine Hand in der Manteltasche.
    Taya folgte schweigend. Sie fragte sich inzwischen, ob dies alles nicht doch ein Test sein konnte – bloß war es bei all ihren Lektionen über das richtige Benehmen im diplomatischen Dienst nie darum gegangen, wie man sich einem verstoßenen Erhabenen gegenüber benimmt.
    ***
    Cristof nannte eine

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