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Das mechanische Herz

Das mechanische Herz

Titel: Das mechanische Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dru Pagliassotti
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sie keine reinrassige Mareaux war. Einmal, als Taya noch wesentlich jünger gewesen war, hatte sie sich die Haare schwarz gefärbt, weil sie aussehen wollte wie alle anderen. Kein großer Erfolg: Das schwarze Haar hatte im Kontrast zu ihrer hellen Haut seltsam stumpf und leblos gewirkt, zudem erwies sich die Farbe als nicht besonders haltbar. Einige Wochen lang hatte sich jedesmal das Wasser dunkel verfärbt, wenn Taya sich die Haare wusch; auch dies ein Grund, das Experiment nicht zu wiederholen.
    Der Liktor am Tor musterte sie gründlich, als sie vortrat, und unterzog auch ihre Papiere einer eingehenden Prüfung. Erst danach klappte er ihre Brieftasche wieder zu und reichte sie ihr mit höflichem Nicken zurück.
    „Sichere Reise, Ikarierin.“
    „Danke.“ Taya verstaute die Brieftasche sorgsam im Mantel, ehe sie den Boden von Tertius betrat.
    Die höheren Bereiche von Tertius unterschieden sich kaum von den niedrigen in Sekundus: Smog und Ruß sorgten in beiden gleichermaßen für eine gewisse Dämmerstimmung. Aber je weiter man nach unten stieg, desto dichter wurde die industrielle Bebauung, auch wenn kein Teil der Stadt wirklich frei von Schwerindustrie war. Weit unten am Fuß des Berges, an den sanfteren Hängen, die in eine Flusslandschaft übergingen, stand mehr ebene Fläche zur Verfügung, weswegen sich hier mehr rauchende Schornsteine pro Quadratmeile befanden als irgendwo sonst in der Stadt. Je tiefer man kam, desto enger und schmutziger wurden die Straßen, desto ärmer deren Bewohner.
    Als Taya sich auf die Prüfungen zum diplomatischen Dienst vorbereitete, hatte sie sich gründlich mit anderen Ländern befassen müssen. Sie wusste, dass viele Fremdlinge, deren erste Begegnung mit Ondinium in Tertius stattfand, ihre Stadt für ein Höllenloch hielten, das nach Schwefel stank. Sie hatten etwas gegen den Smog und den Dreck der Stadt, dagegen, dass man den Himmel hier unten vor lauter Kabeln und Türmen nicht sah, gegen die eng bebauten Straßen und dicht aneinandergedrängten Häuser, das System der Kasten und Ondiniums strenge, manchmal rigide und drakonische Gesetze. Aber gleichzeitig neideten sie Ondinium den materiellen und kulturellen Reichtum, den hohen Bildungsstandard, die ausreichend vorhandenen Arbeitsplätze, die für eine niedrige Arbeitslosigkeit sorgten, und den relativen Wohlstand des überwiegenden Teils der Bevölkerung. In Ondinium gab es nur wenig Arme. Ja, die Ausländer neideten der Stadt ihre technologischen Ressourcen – vor allem aber gierten sie nach den kostbaren Ondiumvorkommen.
    Ondinium hatte schon seit zweihundert Jahren keine Armee mehr in einen Krieg geschickt, wohl aber zahllose Angriffe überstanden. Die Liktoren der Stadt gehörten von der Ausbildung und Ausstattung her zu den besten Sicherheitskräften der Welt. Heutzutage gab sich selbst Alzana, Ondiniums aggressivster Rivale, nicht mehr mit direkten Überfällen ab, sondern trug seinen Krieg lieber mit Hilfe von Spionen und Dieben aus statt mit Soldaten und Kanonen, mit Bomben und Terrorismus statt mit Armeen und Belagerung.
    Taya sah sich um, konnte aber die Stelle, an der letzte Nacht in der Raffinerie die Bombe hochgegangen war, hinter den Wänden und Dächern der umliegenden Gebäude nicht erkennen.
    Hier, im tiefsten Sektor der Stadt, verdunkelte der schmutzige Nebel aus Kohlensmog und Holzasche den Himmel, dazu kam das Netz aus Kabeln und Eisenträgern, das die unterste Ebene des Transportsystems der Drahtfähre bildete. Die eng beieinanderstehenden Häuser wiesen oft vorspringende Erker auf, die über den schmalen Straßen hölzerne Bögen bildeten, so dass man den Himmel nur noch durch einige schmale Schlitze sehen konnte.
    Als Kind hatte Taya viel Zeit auf den Dächern dieser Häuser zugebracht, wo sie auf den rußgeschwärzten Ziegeln gespielt und den Ikariern mit ihren hellen Schwingen zugesehen hatte, die hoch über ihrem Kopf hin und her flogen. Es hatte ihre Familie und Freunde nicht weiter überrascht, als man sie nach der großen Prüfung zu den Ikariern berief. Für Taya war damals ein Traum in Erfüllung gegangen.
    Obwohl sie nun schon lange fort war, erinnerte sich Taya doch noch gut an diesen Teil Tertius ’ . Von daher dauerte es auch nicht lange, bis sie die Straße gefunden hatte, in der sich Cristof Forlores Werkstatt zwischen vielen anderen kleinen Handwerksbetrieben verbarg, von denen die meisten auf die eine oder andere Art mechanischer Reparaturarbeiten ausgerichtet waren. Der

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