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Das mechanische Herz

Das mechanische Herz

Titel: Das mechanische Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dru Pagliassotti
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Stärken.
    „Das will ich hoffen.“ Cristof beäugte das Schreiben in Tayas Hand. „Du gehst doch aber zum Arzt, ehe du den da auslieferst, oder?“
    „Das Schreiben ist für mich.“ Ehe Taya den Brief umdrehte, auf dem in großen, geschwungenen Lettern Taya Ikara geschrieben stand, sah sie sich dessen Siegel an.
    Cristof stand auf und streckte die Hand aus. Ohne zu protestieren, ließ sich Taya das Schreiben aus der Hand nehmen. Der Erhabene hob es dicht an seine Augen, woraufhin sich seine Miene verfinsterte.
    „Was ist?“
    „Das ist das Forlore-Siegel.“
    „Ach ja?“ Taya ließ sich den Brief zurückgeben und warf einen zweiten Blick auf das Sigel, ehe sie es erbrach.
    Tapfere und wunderschöne Taya Ikara,
    ich weiß, Viera hat sich schon bei dir bedankt, hoffe aber, dir auch persönlich meinen Dank für die meiner Familie geleisteten Dienste aussprechen zu dürfen. Ich schicke heute abend um acht Uhr einen Chauffeur zu deinem Horst. Solltest du Zeit haben, wird er dich nach Primus ins Restaurant Rodanthe bringen. Wir könnten dort gemeinsam essen. Solltest du heute abend schon etwas anderes vorhaben, so werde ich allein speisen und hoffen, dass dich deine Pflichten morgen zum Oporphyrturm bringen.
    Mit respektvollen Grüßen
    Alister Forlore.
    Taya warf einen hastigen Blick auf den Chronometer, der inzwischen stehengeblieben war. Sie schluckte. Ihre Wangen waren ganz heiß geworden.
    „Der Brief ist natürlich von Alister“, bemerkte Cristof mit tonloser Stimme.
    „Ja.“ Sie biss sich auf die Lippen. „Er will heute abend mit mir essen.“ Sie hielt ihm den Brief hin, fast so, als müsse sie es ihm beweisen.
    „Natürlich will er das.“ Die Hand des Erhabenen schwebte einen Augenblick lang über dem Pergament, ehe er es nahm. Während er las, rückte er sich gedankenverloren die Brille auf der Nase zurecht.
    „Aber warum nur?“
    „Du hast sein Interesse geweckt.“ Cristof gab ihr das Schreiben zurück. „Es bleibt dir aber immer noch Zeit für einen Arztbesuch.“
    Taya wurde knallrot. Sie wusste, was Cristof dachte. Ikarier standen in dem Ruf, sich ebenso locker von einem Liebhaber zum nächsten zu bewegen wie von einem Sektor zum anderen. Ehe sie etwas sagen konnte, kam Gwen ihr zuvor.
    „Was soll das Gerede von einem Arzt?“
    „Ich habe gestern nacht eine Schnittwunde davongetragen.“ Taya faltete das Schreiben zusammen. „Der Erhabene Forlore meint, ich sollte die Wunde von einem Profi ansehen lassen.“
    „Der Erhaben Forlore ist mein Bruder“, stellte Cristof richtig. „Meister Uhrmacher reicht völlig, wenn du formell sein möchtest.“
    „Wie Ihr wünscht, Meister Uhrmacher.“ Taya stopfte das Schreiben in die Tasche. „Ich gehe jetzt. Bitte wartet nicht, bis ich zurückkomme.“
    „Das hatte ich nicht vor.“
    Kopfschüttelnd verließ Taya den Horst. Natürlich hatte Cristof etwas dagegen, dass sich sein Bruder mit einer Ikarierin traf – in den Augen mancher Leute waren Ikarier kaum besser als Prostituierte. Aber ein Erhabener sollte eigentlich auch über solchen Vorurteilen stehen.
    Abendessen mit Alister Forlore. Der Gedanke an das gut geschnittene Gesicht und die hellen grünen Augen des Dekaturs war verführerisch, aber Taya wusste, es wäre närrisch, die Einladung anzunehmen. Höchstwahrscheinlich sah Alister in ihr dasselbe wie sein Bruder. Selbst wenn er sich beim Essen wie ein Gentleman benahm, hieß das noch lange nicht, dass er keine Erwartungen hatte und ... und überhaupt! Was sollte sie bei einem Restaurantbesuch in Primus anziehen?
    Was, wenn er sich um sie bemühte und sie nicht widerstehen konnte? Sie war stolz darauf, in der Frage ihrer Liebhaber höchst wählerisch zu sein, hatte aber schon lange keinen mehr gehabt, und es ließ sich nicht leugnen, dass Alister attraktiv war.
    Nein, wenn man alle Umstände in Betracht zog, dann war es besser, wenn sie Alisters Diener am Abend wieder nach Hause schickte. Sie würde den Dekatur auf der Feier der Octavus unter völlig ehrbaren Umständen treffen und konnte dann immer noch sehen, wie sich die Dinge entwickelten.

Kapitel 5

    D er Arzt reinigte und verband ihre Wunde, riet ihr, ein oder zwei Wochen lang lieber niemanden aus einer abstürzenden Drahtfährengondel zu retten, und schickte sie wieder fort. Taya eilte zurück in den Horst, wo die Enttäuschung ihr einen kleinen Stich versetzte, als sie feststellen musste, dass Cristof bereits gegangen war und in der Eingangshalle nur die sorgsam wieder

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