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Das mechanische Herz

Das mechanische Herz

Titel: Das mechanische Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dru Pagliassotti
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zusammengesetzte Standuhr wartete.
    „Taya!“ Taya, die schon halb auf der Treppe gewesen war, wechselte seufzend die Richtung, als Gwen aus dem Salon nach ihr rief.
    „Was ist?“
    „Dein Geächteter ist wieder weg. Er hat mir gesagt, was die Reparatur über den Daumen gepeilt kosten würde und ist abgezogen. Mit einem Gesicht wie hundert Tage Regen, wenn ich das noch bemerken darf.“
    „Kann ich mir lebhaft vorstellen.“ Taya ließ sich in einen der Plüschsessel im Empfangszimmer fallen. „Der Cousin der Frau, die ich gestern gerettet habe, möchte sich bei mir bedanken und hat mich zum Abendessen eingeladen.“
    „Was deinem Verbannten nicht passt, was?“
    „,Mein ‘ Geächteter heißt Cristof Forlore und ist der Bruder des Erhabenen, der mich eingeladen hat.“
    „Aha!“ Gwens Brauen zuckten in die Höhe. „Eine Familienaffäre!“
    „Von einer Affäre kann keine Rede sein.“ Taya wurde langsam ärgerlich. „Cristof findet mich nicht angemessen für seinen Bruder, und ich möchte nicht, dass es meinetwegen zwischen den beiden zu Unstimmigkeiten kommt.“
    „Dieser Bruder ist Dekatur?“
    „Dekatur Alister Forlore.“
    Gwen nickte langsam. Sie wirkte fasziniert. „Na ja, wenn ein Erhabener dich zum Essen einlädt, um sich dafür zu bedanken, dass du seiner Cousine das Leben gerettet hast, dann kannst du wohl schlecht ablehnen. Wie ist er denn? Hat er Manieren? Kannst du ihn leiden?“
    „Ich habe bisher nur einmal mit ihm gesprochen, aber er wirkt sehr charmant.“ Taya seufzte. Gefährlich gutaussehend ist er auch, fügte sie im Geiste hinzu. „Ich muss ablehnen. Wahrscheinlich hat der Mann ein vollkommen falsches Bild von mir, du weißt doch, wie das ist – und außerdem habe ich nichts zum Anziehen.“
    „Geh im Fliegeranzug. Ein vollkommen angemessener Aufzug für eine Ikarierin, die beruflich unterwegs ist.“
    Taya rümpfte die Nase. „Ich glaube nicht, dass er diese Abendeinladung für ein Geschäftsessen hält.“
    „Er schreibt, er will sich bei dir bedanken.“
    „Das schon.“ Taya erwähnte nicht, dass die Anrede in Alisters Schreiben alles andere als rein geschäftlich gewesen war.
    „Dann kann er sich auch nicht beschweren, wenn du im Fliegeranzug kommst. Wenn du ihm keinen falschen Eindruck vermitteln willst, dann ist der Anzug genau das richtige: Ehrbarer geht es wohl kaum, und sittsamer auch nicht.“
    Taya lächelte. Da hatte Gwen recht. Alister mochte enttäuscht sein, wenn sie im Fliegeranzug statt im Kostüm auftauchte, aber die wenigen Röcke und Kleider, die sie besaß, waren eher für ein Sommerpicknick in Sekundus geeignet als für ein herbstliches Abendessen in Primus. Außerdem kam man aus einem Fliegeranzug nicht so einfach wieder heraus.
    Gedankenvoll kaute sie an ihrer Unterlippe.
    „Aber sein Bruder hat etwas dagegen ...“
    „Sein Bruder ist ein Freak.“
    „Ist er nicht!“
    „Er ist ein Erhabener, der mit nacktem Gesicht herumläuft und sich anzieht wie ein Famulat. Taya, meine Liebe, er ist eindeutig ein Freak. Noch dazu ein schlechtgelaunter.“
    „Wenn man ihn näher kennenlernt, wirkt er gar nicht mehr so sauertöpfisch.“ Taya hätte nicht sagen können, warum sie den Uhrmacher verteidigte. Gwen hatte recht! Aber trotzdem ... sie selbst empfand so etwas wie Mitleid für Cristof. Einfach war solch ein Leben als Geächteter ganz sicher nicht.
    „So wichtig ist der Mann ja nun auch wieder nicht“, fand Gwen. „Wenn ich du wäre, würde ich lieber einen Geächteten vor den Kopf stoßen als einen Dekatur. Wenn du mit den Adlern fliegen willst, meine Liebe, darfst du dir um die Krähen nicht allzu viele Gedanken machen.“
    Krähen! Taya musste lächeln. Cristof hatte wirklich Ähnlichkeit mit einer Krähe! Auf jeden Fall krächzte er wie eine.
    „Du findest also, ich sollte heute abend da hingehen?“
    „Du willst doch in den diplomatischen Dienst, oder?“
    „Was – oh!“ Tayas Stimme senkte sich zu einem Flüstern. Endlich begriff sie, worauf Gwen hinauswollte. „Oh!“
    Die Examensergebnisse bildeten nur einen Teil der Grundlage, auf der der Ausschuss seine Entscheidung traf. Da diplomatische Boten eng mit Erhabenen zusammenarbeiten mussten, erwartete man von ihnen politisches Einschätzungsvermögen, und auch die Persönlichkeit der Kandidaten spielte eine große Rolle. Eine Kandidatin, die einen Freund im Oporphyrturm besaß, fand vor den strengen Augen des Ausschusses bestimmt mehr Gnade als jemand, der über keinerlei Beziehungen

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