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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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war vielleicht nicht der geeignete Ort für ein Gebet, doch er sandte trotzdem ein kurzes Wort der Dankbarkeit gen Himmel. Die öffentliche Hysterie über den Sieg von Plassey hatte sämtliche anderen Neuigkeiten in der Versenkung verschwinden lassen; keine Gazette und kein Gossenschreiber hatte auch nur ein Wort über den Mord an Reinhardt Mayrhofer oder Joseph Trevelyans Verschwinden verloren - von anzüglichen Spekulationen bezüglich Trevelyans ehemaliger Verlobter ganz zu schweigen.
    Er hatte erfahren, dass in Finanzkreisen diskret verbreitet wurde, dass Trevelyan nach Indien unterwegs war, um dort im Kielwasser des Sieges neue Importmöglichkeiten zu erkunden.
    Eine Sekunde lang stand ihm Joseph Trevelyan vor Augen, so wie er in der großen Kabine der Nampara am Bett seiner Geliebten gestanden hatte, kurz bevor Grey das Schiff verließ.
    »Wenn …?«, hatte Grey mit einem kleinen Nicken in Richtung des Bettes gefragt.
    »Man wird hören, dass ich auf See verschollen bin - von einer Sturmwoge über Bord gespült. So etwas kommt vor.« Er blickte zum Bett, in dem Maria Mayrhofer lag, reglos, schön und gelb wie eine antike Elfenbeinschnitzerei.
    »So ist es wohl«, sagte Grey leise und dachte einmal mehr an Jamie Fraser.

    Trevelyan trat an das Bett und blickte hinab. Er ergriff die Hand der Frau und streichelte sie, und Grey sah, wie ihre Finger ganz sacht zudrückten; das Licht zitterte in dem Smaragdtropfen des Rings, den sie trug.
    »Wenn sie stirbt, wird es die Wahrheit sein«, sagte Trevelyan leise, die Augen auf ihr regloses Gesicht geheftet. »Ich werde sie in die Arme nehmen und über die Reling gehen; wir werden zusammen am Meeresboden ruhen.«
    Grey trat neben ihn, so dicht, dass er seinen Ärmel spürte.
    »Mit Geld kann man weder Gesundheit noch Glück kaufen, doch es hat seine Vorteile. Wir werden in Indien leben, als Mann und Frau; niemand wird wissen, wer sie war - es wird nur zählen, dass wir zusammen sind.«
    »Möge Gott Euch segnen und Euch Frieden schenken«, murmelte Grey und knöpfte seine Hose zu - doch er richtete seine Worte an Maria Mayrhofer, nicht an Trevelyan.
    Sobald er wieder zum Vorschein kam, wurde er von Leutnant Stubbs angehalten, der auf Hochglanz poliert war und heftig schwitzte.
    »Hallo, Malcolm. Amüsiert Ihr Euch?«
    »Äh … ja. Natürlich. Einen Augenblick, alter Knabe?« Ein Krachen am Fluss machte eine Antwort kurzfristig unmöglich, doch Grey nickte und winkte Stubbs zu einem relativ stillen Alkoven im Foyer hinüber.
    »Ich weiß, dass ich mit Eurem Bruder reden sollte.« Stubbs räusperte sich. »Aber da Melton nicht hier ist, seid Ihr doch sozusagen das Familienoberhaupt, oder?«
    »Als Buße für meine Sünden«, sagte Grey argwöhnisch. »Warum?«
    Stubbs warf einen langen Blick in Richtung der Glastür;
sie konnten Olivia auf der Terrasse sehen, wo sie gerade über etwas lachte, was Lord Ramsbotham zu ihr sagte.
    »Nicht, dass Eure Cousine nicht bessere Aussichten hätte, das weiß ich«, sagte er etwas verlegen. »Aber ich habe die fünftausend im Jahr, und wenn der Alte - nicht, dass ich nicht hoffen würde, dass er ewig lebt, versteht mich nicht falsch -, aber ich bin sein Erbe, und -«
    »Ihr wünscht meine Erlaubnis, um Olivia zu werben?«
    Stubbs wich seinem Blick aus und schaute vage in Richtung der Musiker, die am anderen Ende des Zimmers fleißig vor sich hinfiedelten.
    »Äh, das habe ich eigentlich schon mehr oder weniger getan. Hoffe, es macht Euch nichts aus. Ich, äh, wir hoffen, Ihr würdet uns eventuell die Hochzeit ermöglichen, bevor das Regiment aufbricht. Etwas hastig, ich weiß, aber …«
    Aber Ihr wünscht Euch eine Gelegenheit, Euren Samen im Bauch eines willigen Mädchens zurückzulassen, fügte Grey im Stillen hinzu, für den Fall, dass Ihr nicht zurückkommt.
    Die Gäste hatten jetzt alle aufgehört zu tanzen und drängten sich am Rand des Balkons, als die erste Explosion vom Fluss her in der Ferne erdröhnte. Blaue und weiße Sterne ergossen sich unter einem Chor von »Ooh!«-und »Aah!«-Rufen vom Himmel - und er wusste, dass jeder Soldat hier genau wie er jenes Krampfen im Unterleib verspürte, die Hoden bei jedem Echo des Krieges fest hochgezogen, selbst wenn der Anblick flammender Glorie ihre Herzen zum Himmel hob.
    »Ja«, hörte er sich in der stillen Sekunde zwischen zwei
Explosionen sagen, »ich wüsste nicht, warum nicht. Ein Kleid hat sie ja schließlich schon.«
    Stubbs zerdrückte ihm selig strahlend die Hand, und er

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