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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Unter anderen Umständen hätte er sich unter den Linien eines harten Lebens verlieren können, doch statt dessen blieb er als das Ehrenmal sichtbar, als das ihn sein Besitzer eindeutig betrachtete.
    »Es ist ausgesprochen freundlich von Euch, von meiner Rückkehr Notiz zu nehmen, Sir«, sagte Grey. Das Herz hämmerte ihm in den Ohren und dämpfte Quarrys Worte - kein großer Verlust für die Unterhaltung.
    Es ist nichts, erinnerte ihn sein Verstand. Es kann nicht sein. Doch war nichts Verständiges an dem Aufruhr seiner Emotionen, diesem Gefühl, das über seinen ganzen Rücken brandete, als wollte es ihn hochheben und ihn mit Gewalt umdrehen, um dem rothaarigen Mann zu folgen, den er nur so kurz erspäht hatte.
    Quarry stieß ihn unsanft mit dem Ellbogen an, ein gar nicht so unwillkommener Ruf, der ihn in die Gegenwart zurückbrachte.
    »… bei den Damen, was?«
    »Häh?«
    »Ich sage, Eure Rückkehr ist auch an anderer Stelle bemerkt worden. Meine Schwägerin bittet mich, Euch Grüße auszurichten und Euren gegenwärtigen Aufenthaltsort in Erfahrung zu bringen. Bewohnt Ihr ein Regimentsquartier?«
    »Nein, im Augenblick wohne ich im Haus meiner Mutter auf der Jermyn Street.« Grey stellte fest, daß sein Becher immer noch voll war. Er hob ihn und trank in vollen
Zügen. Der Rotwein im Beefsteak war exzellent, doch er nahm sein Bouquet kaum zur Kenntnis. Draußen im Flur erklangen Stimmen, die sich im Disput erhoben hatten.
    »Ah. Dann werde ich sie davon unterrichten; Ihr könnt davon ausgehen, dass Ihr in der Morgenpost eine Einladung vorfinden werdet. Lucinda hat Euch für eine ihrer Cousinen im Visier, fürchte ich - sie verfügt über eine ganze Horde armer, aber gut bestückter weiblicher Verwandter, für die sie gute Ehemänner zu finden beabsichtigt.« Quarrys Zähne blitzten kurz auf. »Seid gewarnt.«
    Grey nickte höflich. Er war an solche Annäherungsversuche gewöhnt. Als jüngster von vier Brüdern konnte er nicht auf einen Titel hoffen, doch der Name seiner Familie war alt und ehrbar, seine Person und Erscheinung nicht unansprechend - und er bedurfte keiner Erbin, da er selbst über hinlängliche Mittel verfügte.
    Die Tür flog auf, und es entstand ein Luftzug im Raum, der das Feuer im Kamin aufflackern ließ wie die Flammen des Hades, so dass die Funken nur so über den türkischen Teppich stoben. Grey war dankbar für die Hitzewelle, denn sie entschuldigte die Farbe, die er in seinen Wangen aufsteigen fühlte.
    Überhaupt nicht ähnlich. Natürlich ist er ihm nicht ähnlich. Wer könnte das schon sein? Und doch war das Gefühl, das ihm die Brust erfüllte, genauso sehr Enttäuschung wie Erleichterung.
    Der Mann war groß, ja, aber nicht auffallend. Leicht gebaut, fast zerbrechlich. Und jung, fast zehn Jahre jünger als er selbst, schätzte Grey, der Mitte dreißig war. Aber das Haar - ja, das Haar war sehr ähnlich.
    »Lord John Grey.« Quarry hatte den jungen Mann aufgehalten,
indem er ihm die Hand auf den Ärmel legte, und er drehte ihn, um ihn vorzustellen. »Darf ich Euch mit meinem angeheirateten Vetter bekannt machen? Mr. Robert Gerald.«
    Mr. Gerald nickte knapp, dann schien er sich unter Kontrolle zu bekommen. Was auch immer es war, das ihm das Blut unter seiner hellen Haut aufsteigen ließ, er unterdrückte es und verbeugte sich. Dann heftete er den Blick auf Grey und erwiderte höflich dessen Gruß.
    »Euer Diener, Sir.«
    »Ebenso.« Nicht Kupfer, nicht Karotte; ein tiefes Rot, fast rotbraun, mit Schlaglichtern und Strähnen in Zinnober und Gold. Die Augen waren nicht blau - Gott sei Dank -, sondern von sanftem, leuchtendem Braun.
    Greys Mund war trocken geworden. Zu seiner Erleichterung bot Quarry ihnen etwas zu trinken an, und als Gerald zustimmte, schnippte er mit den Fingern nach dem Steward und führte die Dreiergruppe zu einer Ecke mit Armsesseln, wo der Tabakdunst wie ein schützender Vorhang über den weniger geselligen Mitgliedern des Beefsteak-Clubs hing.
    »Wer war das, den ich da im Flur gehört habe?«, wollte Quarry wissen, sobald sie sich gesetzt hatten. »Das war doch Bubb-Dodington, oder? Der Mann hat eine Stimme wie ein Straßenhändler.«
    »Ich … er… ja, so war es.« Mr. Geralds blasse Haut, die sich von der vorausgegangenen Aufregung noch nicht ganz erholt hatte, blühte zu Quarrys unverhohlener Belustigung erneut auf.
    »Oho! Und was für einen perfiden Antrag hat er dir gemacht, mein lieber Bob?«

    »Gar keinen. Er… eine Einladung, die ich nicht anzunehmen

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