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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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den Dingen hier fehlen muss. Es gibt niemanden…« Gerald suchte nach Worten, dann sah er Lord John an, und sein Blick war plötzlich
zutiefst unglücklich. »Ich kann mich niemandem anvertrauen!«, sagte er in plötzlichem, leidenschaftlichem Flüsterton. Mit überraschender Kraft ergriff er Lord Johns Arm. »Vielleicht ist es nichts, gar nichts. Aber ich brauche Hilfe.«
    »Wenn es in meiner Macht steht, sollt Ihr sie bekommen.« Greys Finger berührten die Hand, die seinen Arm umklammerte; Geralds Finger waren kalt. Quarrys Stimme hallte laut und jovial hinter ihnen durch den Flur.
    »Die ›Change‹ in der Nähe der Arkade«, sagte Gerald rasch. »Heute Abend, gleich nach Anbruch der Dunkelheit.« Der Griff ließ von Greys Arm ab, und Gerald verschwand. Sein locker fallendes Haar hob sich lebhaft von seinem blauen Umhang ab.
     
    Grey verbrachte den Nachmittag mit notwendigen Besuchen bei Schneidern und Anwälten, dann mit Höflichkeitsbesuchen bei lange vernachlässigten Bekannten, um die Stunden zu füllen, die bis zum Anbruch der Dunkelheit leer vor ihm gähnten. Quarry, der nichts Besseres zu tun hatte, hatte ihm angeboten, ihn zu begleiten, und Lord John hatte keine Einwände gehabt. Quarry hatte ein gutmütiges, joviales Temperament, und seine Gesprächsthemen beschränkten sich auf Karten, Zechgelage und Huren. Er und Grey hatten wenig gemeinsam, abgesehen von ihrem Regiment. Und Ardsmuir.
    Als er Quarry im Club wiedersah, war sein erster Gedanke gewesen, dem Mann aus dem Weg zu gehen, weil er es für das Beste hielt, diese Erinnerungen ruhen zu lassen. Und doch - konnte man eine Erinnerung wirklich ruhen lassen, solange ihre Verkörperung noch lebte? Einen
Toten hätte er vielleicht vergessen können, nicht aber einen Mann, der einfach nur nicht anwesend war. Und Robert Geralds flammendes Haar hatte eine Glut neu entfacht, die er sicher erstickt geglaubt hatte.
    Vielleicht war es ja unklug, diesen Funken zu nähren, dachte er, während er seinen Soldatenumhang aus der Umklammerung eines lästigen Bettlers befreite. Offenes Feuer war gefährlich, das wusste er so gut wie jeder andere Mann. Ungeachtet dessen - die Stunden, in denen er sich durch das Gedränge Londons gekämpft hatte, gefolgt von Stunden gezwungener Geselligkeit, hatten ihn mit solch unerwarteter Sehnsucht nach der Stille des Nordens erfüllt, dass er sich plötzlich von dem Verlangen erfüllt fand, wenigstens von Schottland zu sprechen.
    Sie waren im Lauf ihrer Erledigungen an der Royal Exchange vorbeigekommen; er hatte einen verstohlenen Blick auf die Arkade mit ihrem schrillen Anstrich, ihren ramponierten Plakaten, den lauten Straßenhändlern und herausgeputzen Bummlern geworfen und ein leises Ziehen der Vorfreude gespürt. Es war Herbst; die Dunkelheit kam früh.
    Jetzt waren sie in der Nähe des Flusses; die lauten Rufe der Muschelverkäufer und Fischhändler drangen durch die gewundenen Gassen, und ein kalter Wind, der den anregenden Geruch von Teer und Sägespänen mit sich brachte, blähte ihre Umhänge wie Segel auf. Quarry drehte sich um und deutete mit einem Wink seiner Hand über die Köpfe der Menschenmenge in ihrem Weg auf ein Kaffeehaus; Grey nickte als Antwort, senkte den Kopf und machte sich mit den Ellbogen den Weg bis zur Tür frei.

    »Was für ein Gewühl«, sagte Lord John, als er sich hinter Quarry in den relativen Frieden des kleinen, nach Gewürzen duftenden Raumes schob. Er nahm seinen Dreispitz ab und setzte sich. Dabei zupfte er sacht die rote Schleife wieder gerade, die durch den Kontakt mit der Menge verrutscht war. Grey, der fünf Zentimter kleiner war als der Durchschnitt, befand sich im Gedränge im Nachteil.
    »Ich hatte ganz vergessen, was für ein wimmelnder Ameisenhaufen London doch ist.« Er holte tief Luft - Augen zu und durch. »Was für ein Kontrast zu Ardsmuir.«
    »Ich hatte ganz vergessen, was für ein unerträglich einsames Rattennest Schottland ist«, erwiderte Quarry, »bis Ihr heute Morgen im Beefsteak aufgekreuzt seid, um mich daran zu erinnern, wie gut ich es habe. Auf die Ameisenhügel!« Er hob das dampfende Glas, das wie von Zauberhand vor ihm erschienen war, und verneigte sich förmlich vor Grey. Er trank und erschauerte, vielleicht, weil er sich an Schottland erinnerte, vielleicht aber auch als Reaktion auf die Qualität des Kaffees. Er runzelte die Stirn und griff nach dem Zuckerschälchen.
    »Gott sei Dank, dass wir das beide hinter uns haben. Sich drinnen wie draußen den Arsch

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