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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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unter Gebrüll zur Tür.
    Grey, der um ein oder zwei Schritte zurücklag, sah nicht mehr als ein Aufblitzen von Metall in der Sonne und den kurzen, erschrockenen Blick in Geralds Gesicht. Dann wich die Menge unter entsetzten Aufschreien zurück, und ein Gewühl wogender Rücken verstellte ihm den Blick.
    Ohne Zögern kämpfte er sich durch den kreischenden Pöbel und hieb sich rücksichtslos mit dem Schwertgriff den Weg frei.
    Gerald lag in den Armen eines seiner Träger; das Haar war ihm nach vorn gefallen und verbarg sein Gesicht. Der junge Mann hatte schmerzerfüllt die Knie angezogen und presste die geballten Fäuste auf den Fleck, der sich auf seiner Weste ausbreitete.
    Quarry war schon dort; er schwang sein Schwert gegen
die Menge, bellte Drohungen, um sie auf Abstand zu halten, dann sah er sich mit wilden Blicken nach einem Feind um, auf den er einhauen konnte.
    »Wer?«, rief er den Trägern zu, das Gesicht vor Wut verzerrt. »Wer hat das getan?«
    Der Kreis weißer Gesichter wandte sich hilflos fragend um, einander zu, doch er fand keinen Fixpunkt; der Feind war geflohen, und seine Träger mit ihm.
    Grey kniete in der Gosse nieder, ohne auf den Schmutz zu achten, und strich das rote Haar mit seinen Händen zurück, die steif und kalt geworden waren. Blutgestank lag heiß und schwer in der Luft, dazu der Fäkalgeruch durchbohrter Eingeweide. Grey hatte genug Schlachtfelder gesehen, um die Wahrheit zu kennen, noch bevor er die brechenden Augen, das leichenblasse Gesicht sah. Bei dem Anblick spürte er einen tiefen, scharfen Stich, als sei auch sein Inneres durchbohrt worden.
    Aufgerissene braune Augen fixierten die seinen, und tief unter dem Schrecken und dem Schmerz blitzte Erkennen auf. Er ergriff die Hand des Sterbenden und rieb sie, obwohl er wusste, dass es eine vergebliche Geste war. Geralds Lippen arbeiteten geräuschlos. In seinem Mundwinkel bildete sich eine rote Speichelblase.
    »Sagt es mir.« Grey bückte sich drängend zum Ohr des Mannes und spürte, wie das Haar sanft über seinen Mund strich. »Sagt mir, wer es gewesen ist - ich werde Euch rächen. Das schwöre ich.«
    Er spürte, wie ein leichter Krampf die Finger in den seinen durchlief, und drückte fest zurück, als könnte er Gerald mit Gewalt ein wenig von seiner Kraft abgeben; genug für ein Wort, einen Namen.

    Die sanften Lippen waren erbleicht, die Blutblase wurde immer größer. Gerald zog die Mundwinkel zurück, ein heftiger Krampf, der seine Zähne bloßlegte, die Blase zum Platzen brachte und Greys Wange mit Blut besprühte. Dann zogen sich die Lippen zusammen und spitzten sich, als wollten sie jemanden zum Kuss einladen. So starb er, und jeder Ausdruck wich aus seinen großen, braunen Augen.
    Quarry verlangte lauthals Auskunft von den Trägern. Weitere Rufe hallten von den Häuserwänden der Straße und der nahen Gassen wider, und die Neuigkeit verbreitete sich vom Tatort wie ein Lauffeuer.
    Grey kniete allein in der Stille, die den Toten umgab, im Gestank nach Blut und entleerten Eingeweiden. Behutsam legte er Geralds erschlaffte Hand auf dessen verwundete Brust und wischte sich geistesabwesend die blutige Hand an seinem Umhang ab.
    Eine Bewegung erregte seine Aufmerksamkeit. Harry Quarry kniete an der anderen Seite der Leiche nieder. Sein Gesicht war so weiß wie die Narbe auf seiner Wange geworden, und er öffnete ein großes Klappmesser. Mit größter Vorsicht durchsuchte er Geralds loses, blutverklebtes Haar und zog eine saubere Locke hervor, die er abschnitt. Die Sonne ging unter; ihr Licht fing sich in dem Haar, als es herabfiel, eine Locke aus lebendem Feuer.
    »Für seine Mutter«, erklärte Quarry. Er hatte die Lippen fest zusammengepresst, als er die glänzende Strähne zusammenrollte und sie sorgfältig verstaute.

TEIL ZWEI
    Die Einladung kam zwei Tage später, zusammen mit einer Notiz von Harry Quarry. Lady Lucinda Joffrey erbat sich Lord John Greys Gegenwart bei einem Abendempfang im Hause Joffrey. Quarrys Notiz lautete schlicht: »Kommt. Ich habe Neuigkeiten.«
    Und das nicht zu früh, dachte Grey und warf die Notiz beiseite. Die zwei Tage seit Geralds Tod waren von hektischer Aktivität erfüllt gewesen, von Nachfragen und Spekulationen - doch es hatte zu nichts geführt. Jeder Laden, jeder Straßenhändlerkarren in der Forby Street war gründlich auf den Kopf gestellt worden, aber man hatte keine Spur von dem Angreifer oder seinen Helfershelfern gefunden; sie waren in der Menge aufgegangen, so anonym wie

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