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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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trotz seiner gewöhnlichen Gesichtszüge einen gewissen Charme besaß.

    »So ist es«, gab er zu. »Mit Ausnahme der Brautjungfern. Wenigstens das bleibt mir erspart. Aber es wird ja bald alles vorüber sein.« Während er das sagte, blickte er zu Olivia hinüber, und ein Hauch von Sehnsucht in seinem Gesichtsausdruck überraschte Grey genauso sehr, wie er ihn beruhigte.
    Das Gespräch endete mit einem Austausch von Höflichkeiten, und Trevelyan verabschiedete sich freundschaftlich, um dann das Zimmer zu durchqueren und vor seinem Aufbruch noch mit Olivia zu sprechen. Grey sah ihm nach und bewunderte widerstrebend die Eleganz seiner Manieren, während er sich fragte, ob ein Mann, der wusste, dass er die Franzosenkrankheit hatte, wohl mit solcher Unbekümmertheit über seine bevorstehende Hochzeit plaudern konnte. Doch andererseits hatte Quarry das Haus an der Meacham Street gefunden - ein Fund, der in krassem Widerspruch zu Trevelyans frommem Versprechen am Sterbebett seiner Mutter stand.
    »Gott sei Dank, endlich ist er fort.« Seine eigene Mutter war näher gekommen, ohne dass er es bemerkt hatte, und stand jetzt neben ihm und befächerte sich voller Genugtuung, während sie zusah, wie Hauptmann von Namtzens Federn aus der Bibliothek zur Eingangstür entschwebten.
    »Entsetzlicher Hunne«, bemerkte sie, während sie sich lächelnd vor Mr. und Mrs. Hartsell verneigte, die ebenfalls aufbrachen. »Hast du gerochen , was für eine grässliche Pomade er benutzt hat? Was war das nur, ein widerliches Parfum wie Patchouli? Zibet vielleicht?« Sie hob ihren blauen Samtärmel an ihre Nase und schnüffelte argwöhnisch daran. »Der Mann riecht, als sei er frisch aus
dem Bordell gekommen, das schwöre ich. Und er hat mich dauernd berührt, der Schweinehund.«
    »Was weißt du denn von Bordellen?«, wollte Grey wissen. Dann sah er den Schabernack in den Augen der Gräfin aufblitzen, und ihre Lippen kräuselten sich sacht. Nichts, was seine Mutter lieber tat, als rhetorische Fragen zu beantworten.
    »Nein, sag’s mir nicht«, sagte er hastig. »Ich will es gar nicht wissen.« Die Gräfin zog einen hübschen Schmollmund, dann schloss sie klatschend ihren Fächer und presste ihn als Zeichen der Verschwiegenheit an ihre Lippen.
    »Hast du etwas gegessen, Johnny?«, fragte sie und öffnete den Fächer wieder.
    »Nein«, sagte er, und plötzlich fiel ihm wieder ein, dass er dem Verhungern nahe war. »Ich hatte noch keine Gelegenheit dazu.«
    »Nun denn.« Die Gräfin winkte einen Bediensteten herbei, wählte ein Pastetchen von seinem Tablett und reichte es ihrem Sohn. »Ja, ich habe gesehen, wie du dich mit Lady Mumford unterhalten hast. Lieb von dir, das gute alte Ding hängt sehr an dir.«
    Das gute alte Ding. Lady Mumford war höchstens ein Jahr älter als die Gräfin. Grey murmelte eine Antwort, bei der ihm jedoch die Pastete im Weg war. Steak mit Pilzen in köstlichem Blätterteig.
    »Aber worüber hast du dich denn so angeregt mit Joseph Trevelyan unterhalten?«, fragte die Gräfin und hob ihren Fächer als Abschiedsgeste von den Damen Humber. Sie wandte sich wieder ihrem Sohn zu und zog eine Augenbraue hoch, dann lachte sie. »Oh, du bist ja
ganz rot geworden, Johnny - man könnte glauben, Mr. Trevelyan hätte dir einen zweideutigen Antrag gemacht!«
    »Haha«, sagte Grey mit belegter Stimme und schob sich den Rest seiner Pastete in den Mund.

6
    Ein Besuch im Konvent
    Schließlich kamen sie erst am Samstagabend dazu, das Bordell an der Meacham Street zu besuchen. Der Türsteher zeigte mit einem freundlichen Kopfnicken an, dass er Quarry wieder erkannte - eine Begrüßung, die dann durch die Puffmutter fortgesetzt wurde, eine breitlippige Frau mit einem ausladenden Hintern, die ein grünes Samtkleid trug und deren Kopf eine überraschend respektabel aussehende, spitzengesäumte Haube zierte, die genau wie ihr Halstuch zu den Spitzeneinsätzen ihres Mieders passte.
    »Na, wenn das nicht der hübsche Harry ist!«, rief sie mit einer Stimme aus, die fast genauso tief war wie Quarrys. »Ihr habt uns vernachlässigt, alter Knabe.« Sie versetzte Quarry einen freundschaftlichen Hieb zwischen die Rippen und kräuselte ihre Oberlippe wie ein betagtes Pferd, sodass zwei große, gelbe Zähne zum Vorschein kamen, welche die letzten verbleibenden Exemplare in ihrem Oberkiefer zu sein schienen.
    »Aber wir müssen Euch wohl trotzdem verzeihen, nicht wahr, wo Ihr uns doch so’n süßes Kerlchen wie den hier mitgebracht habt!«

    Sie

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