Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
sichtbaren Achselzucken, um anzuzeigen, dass ihn die Höflichkeit erst einmal an seinen derzeitigen Standpunkt fesselte.
    Seine Mutter verdrehte entnervt die Augen und sah sich dann hastig nach einem anderen Opfer um. Er folgte der Richtung ihres drohenden Blickes und sah, dass er sich auf Olivia geheftet hatte, die den Zeus-gleichen Befehl ihrer Tante richtig deutete, ihren Begleiter mit einem Wort stehen ließ und der Gräfin gehorsam zur Rettung eilte.
    »Ihr solltet allerdings warten und Euch Eure Unterwäsche in Indien anfertigen lassen«, instruierte ihn Lady Mumford gerade. »Man bekommt Baumwolle in Bombay zu einem Bruchteil des Londoner Preises. Und der pure Luxus der Baumwolle direkt auf der Haut, mein Lieber, vor allem, wenn man sehr schwitzt … Ihr wollt Euch doch keinen bösen Ausschlag holen, oder?«
    »Nein, natürlich nicht«, murmelte er, obwohl er kaum auf ihre Worte achtete. Denn zu diesem ungünstigen Zeitpunkt fiel sein Blick auf den verlassenen Begleiter seiner Cousine - einen Herrn in grünem Brokadestoff und gepuderter Perücke, der ihr mit nachdenklich gespitzten Lippen nachsah.

    »Oh, ist das nicht Mr. Trevelyan?« Als sie sah, dass er seinen Blick starr über ihre Schulter hinweg geheftet hatte, hatte Lady Mumford sich umgedreht, um den Grund für seine mangelnde Aufmerksamkeit festzustellen. »Warum in aller Welt steht er denn ganz allein da?«
    Bevor Grey antworten konnte, hatte Lady Mumford ihn am Arm ergriffen und schleppte ihn entschlossen auf den Herrn zu.
    Trevelyan war wie üblich spektakulär herausgeputzt; seine Knöpfe waren vergoldet mit je einem kleinen Smaragd in der Mitte, seine Manschetten mit Goldspitze gesäumt und sein Hemd mit einem zarten Hauch von Lavendel parfümiert. Grey trug nach wie vor seine älteste Uniform, die von seinen Exkursionen arg zerknittert und beschmutzt war, und er trug zwar auch sonst keine Perücke, doch hatte er jetzt nicht einmal die Gelegenheit gehabt, sein Haar zu ordnen, geschweige denn, es ordentlich zusammenzubinden oder zu pudern. Er konnte spüren, dass ihm eine lose Strähne hinter dem Ohr hing.
    Grey, der sich eindeutig im Hintertreffen sah, verbeugte sich und murmelte oberflächliche Höflichkeiten, während Lady Mumford begann, Trevelyan einem detaillierten Verhör in Bezug auf seine bevorstehende Eheschließung zu unterziehen.
    Angesichts von Trevelyans weltmännischem Gebaren fiel es Grey zunehmend schwerer zu glauben, dass er tatsächlich gesehen hatte, was er über dem Nachtgeschirr zu sehen geglaubt hatte. Trevelyan war freundlich und höflich und legte nicht das geringste Anzeichen innerer Unruhe an den Tag. Vielleicht hatte Quarry ja doch Recht
gehabt; eine Täuschung des Lichts, Einbildung, ein harmloser Kratzer, vielleicht ein Muttermal …
    »Ho, Major Grey! Wir sind uns, glaube ich, noch nicht begegnet? Ich bin von Namtzen.«
    Als bereitete ihm Trevelyans Gegenwart noch nicht genug Kopfzerbrechen, fiel an diesem Punkt ein Schatten auf Grey. Als er aufblickte, stellte er fest, dass der hünenhafte Hannoveraner zu ihnen gestoßen war, die falkengleichen Gesichtszüge zu einer Grimasse der Herzlichkeit verzogen. Hinter von Namtzens Rücken sah Olivia Grey mit hilflos verdrehten Augen an.
    Da Grey sich nicht wohl fühlte, wenn ihn jemand so überragte, trat er höflich einen Schritt zurück, doch es nützte nichts. Der Deutsche näherte sich voller Enthusiasmus und umfing ihn in einer brüderlichen Umarmung.
    »Wir sind Verbündete!«, proklamierte von Namtzen dramatisch, sodass es das ganze Zimmer hören konnte. »Wer will vor dem Löwen von England und dem hannoverschen Hengst bestehen?« Er ließ Grey los, und dieser stellte gereizt fest, dass seine Mutter irgendetwas an der Situation sehr witzig zu finden schien.
    »Also! Major Grey, ich hatte heute Nachmittag die Ehre, mir in Begleitung Eures Obersten Quarry das Übungsfeuer Eurer Artillerie im Arsenal von Woolrich anzusehen!«
    »Ist das so?«, murmelte Grey und stellte fest, dass einer seiner Westenknöpfe zu fehlen schien. Hatte er ihn während der Auseinandersetzung vor dem Gefängnis verloren, fragte er sich, oder durch die Hand dieses federgeschmückten Wahnsinnigen?
    »Welch ein Donner! Ich war betäubt, ganz betäubt«,
versicherte von Namtzen der versammelten Gesellschaft strahlend. »Ich habe auch schon die russischen Kanonen in St. Petersburg gehört - pah! Sie sind nichts im Vergleich, nur Fürze.«
    Eine der Damen kicherte hinter ihrem Fächer. Dies schien

Weitere Kostenlose Bücher