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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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wandte Grey ihr merkwürdig sympathisches Lächeln zu, während ihr gewiefter Blick auf Anhieb die Silberknöpfe an seinem Rock und den feinen Kambricstoff seiner Hemdrüschen registrierte.
    »Und wie ist Euer Name, Kindchen?«, fragte sie, packte ihn fest beim Arm und zog ihn hinter sich her in einen kleinen Salon. »Ich weiß, dass Ihr noch nie hier gewesen seid; an ein hübsches Gesicht wie das Eure würde ich mich erinnern!«
    »Das ist Lord John Grey, Mags«, sagte Quarry. Er legte seinen Mantel ab und warf ihn über einen Stuhl, als wäre er zu Hause. »Ein guter Freund von mir, klar?«
    »Oh, natürlich, natürlich. Nun, nun, ich frage mich, wer wohl zu ihm passen…?« Maggie schätzte Grey mit dem Geschick eines Pferdehändlers am Markttag ab; ihm wurde eng um die Brust, und er wich ihrem Blick aus, indem er vortäuschte, sich für die Ausstattung des Zimmers zu interessieren, die gelinde gesagt exzentrisch war.
    Er war schon zuvor in Bordellen gewesen, wenn auch nicht oft. Dieses hier war nobler als der Durchschnittspuff, mit Gemälden an den Wänden und einem guten Orientteppich vor dem prachtvollen Kaminsims, auf dem sich eine Sammlung von Daumenschrauben, Eisen, Zungenbohrern und anderen Gerätschaften befand, deren Zweck er sich lieber nicht vorstellte. Zwischen diesen Dekorationsstücken lag eine gescheckte Katze, die die Augen geschlossen hatte und eine Pfote träge über dem Feuer baumeln ließ.
    »Gefällt Euch wohl, meine Sammlung, wie?« Maggies stand neben ihm und wies auf den Kaminsims. »Das da stammt aus Newgate, und die Eisen hab’ ich vom Pranger
in Bridewell, wo sie letztes Jahr’nen neuen aufgestellt haben.«
    »Sie werden nicht benutzt«, murmelte Quarry ihm in das andere Ohr. »Nur Zierrat. Obwohl, wenn Ihr an so etwas Geschmack habt, gibt es hier ein Mädchen namens Josephine …«
    »Was für eine prächtige Katze«, sagte Grey übertrieben laut. Er streckte den Zeigefinger aus und kraulte das Tier unterm Kinn. Es ließ sich diese Zuwendung einen Moment lang gefallen, dann öffnete es die leuchtend gelben Augen und biss ihn fest.
    »Mit Batty müsst Ihr vorsichtig sein«, sagte Maggies, als Grey seine Hand mit einem Schmerzensausruf zurückriss. »Sie ist hinterlistig.« Sie schüttelte den Kopf mit einem wohlwollenden Blick auf die Katze und schenkte zwei große Gläser Portwein ein, die sie ihren Gästen reichte.
    »Nun, Nan haben wir leider seit Eurem letzten Besuch verloren«, sagte sie zu Quarry. »Aber ich habe ein liebes Mädchen aus Devonshire namens Peg, die werdet Ihr bestimmt mögen.«
    »Blond?«, fragte Quarry interessiert.
    »Oh, natürlich! Und Titten wie Melonen.«
    Quarry leerte prompt sein Glas und stellte es mit einem leichten Rülpser ab.
    »Hervorragend.«
    Grey gelang es, Quarrys Blick auf sich zu lenken, als dieser sich umdrehte, um Maggies zur Salontür zu folgen.
    »Was ist mit Trevelyan?«, fragte er lautlos.
    »Später«, hauchte Quarry zurück und klopfte auf seine Tasche. Mit einem Augenzwinkern verschwand er im Korridor.

    Grey saugte mürrisch an seinem verletzten Finger. Quarry hatte zweifelsohne Recht; die Chancen, an Informationen zu gelangen, waren besser, wenn die gesellschaftlichen Gepflogenheiten erst einmal mithilfe von Geld aufgelockert worden waren - und es war natürlich vernünftig, die Huren zu fragen; möglich, dass die Mädchen unter vier Augen Dinge ausplauderten, welche die Puffmutter mit professioneller Diskretion hüten würde. Er hoffte nur, dass Quarry nicht vergessen würde, seine Blondine nach Trevelyan zu fragen.
    Er steckte seinen verletzten Finger in das Glas Portwein und warf einen stirnrunzelnden Blick auf die Katze, die sich jetzt auf dem Rücken zwischen den Daumenschrauben räkelte und unachtsame Besucher einlud, ihr den pelzigen Bauch zu streicheln.
    »Was man nicht alles für die liebe Familie tut«, murmelte er säuerlich und ergab sich in das Schicksal eines Abends von zweifelhaftem Vergnügen.
    Er fragte sich, warum Quarry diesen Ausflug vorgeschlagen hatte. Er hatte keine Ahnung, wie viel Harry von seinen eigenen Vorlieben wusste oder ahnte; im Lauf der Affäre im Hellfire Club war zwar das eine oder andere Wort gefallen… doch er wusste nicht, wie viel Harry bei dieser Gelegenheit mitgehört hatte, oder wenn ja, welche Schlüsse er daraus gezogen hatte.
    Andererseits war es angesichts dessen, was er über Quarrys Charakter und Vorlieben wusste, unwahrscheinlich, dass dieser irgendwelche Hintergedanken hatte. Harry

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