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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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junger Mann mit einem hübschen Mund und sanften, braunen Augen trat lächelnd vor und ergriff seine Hand. »Percy Wainwright - zu Euren Diensten, Ma’am.« Er beugte sich höchst elegant über Greys Hand und küsste ihm den Handrücken.
    Als er den warmen Atem des Jungen auf seiner Haut spürte, standen Grey die Haare auf dem Unterarm zu Berge. Zu gern hätte er Percys Hand ergriffen und ihn an sich gezogen, doch das ging nicht, nicht jetzt.
    Er ließ seine Hand einen Moment reglos in Wainwrights liegen, gerade so, dass er ihn weder beleidigte noch ermutigte, dann zog er sie zurück.
    »Zu Diensten … Madam.«

    Das brachte sie zum Lachen, wenn auch immer noch mit einem Hauch von Argwohn. Sie wussten nach wie vor noch nicht genau, ob er nun Fisch oder Fleisch war, und er hatte vor, es so lange wie möglich dabei zu belassen.
    Er war jetzt sehr viel vorsichtiger als damals, als George Everett ihn zum ersten Mal hierher gebracht hatte. Damals hatte ihn überhaupt nichts gekümmert - außer George vielleicht. Nun, da er so dicht daran gewesen war, den seinen für immer zu verlieren, besaß er eine gewisse Hochachtung gegenüber dem Wert eines Rufes, und zwar nicht nur seines eigenen, sondern auch des Rufes seiner Familie und seines Regimentes.
    »Was führt Euch hierher, Herzchen?« Goldlöckchen trat näher, und seine blauen Augen brannten wie zwei Kerzenflammen.
    »Ich suche eine Dame«, sagte Grey gedehnt und lehnte sich mit dem Rücken gespielt lässig gegen die Anrichte. »In einem grünen Samtkleid.«
    Darauf folgte eine Lachsalve und sie wechselten Blicke, doch keinem von ihnen schien etwas zu dämmern.
    »Grün steht mir nicht«, sagte Goldlöckchen und leckte sich kurz mit spitzer Zunge über die Oberlippe. »Aber ich habe ein reizendes blaues aus Satin mit einer Spitzenschürze, das Euch bestimmt gefallen würde.«
    »Oh, natürlich«, sagte der Junge mit den braunen Haaren und betrachtete sowohl Grey als auch Goldlöckchen mit sichtlichem Abscheu. »Du Flittchen, Neil.«
    »Achtet auf Eure Wortwahl, meine Damen.« Percy Wainwright schubste Goldlöckchen mit dem Ellbogen fort und lächelte Grey an. »Diese Dame in Grün - wisst Ihr ihren Namen?«

    »Josephine, glaube ich«, sagte Grey und blickte von einem Gesicht zum nächsten. »Josephine aus Cornwall.«
    Dies hatte einen Chor leicht verächtlicher »Oooh«-Rufe zur Folge, und ein Mann begann, mit kippender Stimme ein anzügliches Lied zu singen. Dann öffnete sich die Tür, und alle drehten sich um, um zu sehen, wer hereingekommen war.
    Es war Richard Caswell, der Besitzer des »Lavender House«. Grey erkannte ihn sofort - und auch er erinnerte sich an Grey, das war offensichtlich. Dennoch, Caswell begrüßte ihn nicht mit seinem Namen, sondern nickte nur freundlich.
    »Seppings sagt, Ihr wünscht mich zu sprechen. Wenn Ihr mir folgen würdet …?« Caswell trat beiseite und wies zur Tür.
    Ein leiser, anzüglicher Pfiff der Bewunderung klang Grey aus dem Zimmer nach, gefolgt von johlendem Gelächter.
    » Du Flittchen, Neil «, dachte er und schüttelte dann jeden Gedanken ab, der nicht seinem Vorhaben galt.

10
    Reine Männersache
    »Ich war mir nicht sicher, ob Euch das Haus immer noch gehört, sonst hätte ich mich namentlich nach Euch erkundigt.« Grey ließ sich auf dem Sessel nieder, auf den sein Gastgeber zeigte, und nutzte die Gelegenheit, das unerwünschte Portweinglas neben sich auf einem Tisch mit Nippes abzustellen.
    »Wohl überrascht, dass ich noch lebe«, sagte Caswell trocken und setzte sich selbst auf die andere Seite des Kamins.
    Das stimmte. Grey gab sich keine Mühe, es zu leugnen. Das Feuer brannte nicht sehr hell und verlieh Caswells ausgezehrten Gesichtszügen einen trügerischen Rotschimmer, doch Grey hatte ihn in der Bibliothek bei hellem Kerzenlicht gesehen. Er sah schlechter aus als bei ihrer letzten Begegnung vor Jahren - aber nicht viel schlechter.
    »Ihr seht keinen Tag älter aus als tausend, Mutter Caswell«, sagte Grey scherzhaft. Auch das stimmte; unter seiner modischen Perücke und seinem extravaganten Anzug aus gestreifter blauer Seide hätte der Mann genauso gut eine ägyptische Mumie sein können. Knochige, braune Handgelenke und Hände, die an Bündel aus trockenen
Stöckchen erinnerten, ragten aus den Ärmeln, und der Anzug war zwar mit Sicherheit von einem exzellenten Schneider angefertigt worden, doch er umschlotterte ihn wie der Jutesack eine Vogelscheuche.
    »Ihr schamloser Schmeichler.« Caswell betrachtete

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