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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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anzuregen. Nun gut. Das war einfach ein zu großer Zufall, um wirklich Zufall zu sein, dachte er. Und das bedeutete … was?
    Dass die Scanlons - oder zumindest Finbar Scanlon - etwas mit dem Tod des Mannes in Grün zu tun hatten. Und wer zum Teufel war der? Ein feiner Herr - oder jemand mit Ambitionen in dieser Richtung, dachte er. Der Tote war kein einfacher Arbeiter, das stand fest.
    »Mylord?« Tom Byrd war mit einem Tablett ins Zimmer getreten. Er trug den alten Morgenrock, den Grey ihm geschenkt hatte, und ihm standen die Haare zu Berge, doch er schien hellwach zu sein. »Ich habe gehört, wie Ihr aufgestanden seid. Möchtet Ihr Tee?«
    »Himmel, ja.« Er ergriff die Tasse, atmete ihren duftenden Dampf ein und genoss die Wärme des Porzellans in seinen kalten Händen.
    Der Regen fiel wie ein Vorhang von den Traufen. Wann waren sie aufgebrochen?, fragte er sich. Waren Scanlon und seine Frau bei diesem Wetter unterwegs, oder waren sie an einem sicheren Zufluchtsort? Wahrscheinlich waren
sie ja unmittelbar nach dem Tod des Mannes in Grün aufgebrochen - und doch hatten sie sich die Zeit genommen zu packen, alles Wertvolle aus der Apotheke zu entfernen… das war doch nicht das panische Verhalten von Mördern, oder?
    Natürlich, so musste er sich selbst eingestehen, hatte er noch nie mit einem Mörder zu tun gehabt, es sei denn… wie so oft huschte ihm die Erinnerung an das, was ihm Harry Quarry über Jamie Fraser und den Tod eines gewissen Sergeant Murchison in Ardsmuir erzählt hatte, durch den Kopf. Wenn das stimmte - und selbst Quarry war sich nicht sicher gewesen -, dann war auch Fraser kühl geblieben, nicht in Panik geraten und daher ungeschoren davongekommen. Was, wenn Scanlon ein ähnliches Temperament und ähnliche Fähigkeiten besaß?
    Er schüttelte ungeduldig den Kopf und verjagte diesen Gedanken. Fraser war kein Mörder, was immer er sonst sein mochte. Und Scanlon? Grey konnte sich einfach nicht entscheiden.
    »Deswegen haben wir ja auch Gerichtshöfe, nehme ich an«, sagte er laut und trank seine Tasse leer.
    »Mylord?« Tom Byrd, dem es gelungen war, das Feuer anzuzünden, rappelte sich hoch und ergriff das Tablett.
    »Ich habe nur darüber nachgedacht, dass sich unser Gerichtswesen auf Beweise stützt, nicht auf Gefühle«, sagte Grey und stellte die leere Tasse auf das Tablett zurück. »Was wohl bedeutet, dass ich welche suchen muss.« Tapfere Worte angesichts der Tatsache, dass er keine Ahnung hatte, wo er danach suchen sollte.
    »Oh, aye. Sir, braucht Ihr dann also Eure gute Uniform?«

    »Nein, ich denke nicht.« Grey kratzte sich nachdenklich am Kinn. Im Augenblick war der deutsche Wein seine einzige Hoffnung auf einen Anhaltspunkt. Dank des hilfsbereiten Mr. Congreve wusste er, was für eine Sorte es war und wer ihn gekauft hatte. Wenn er schon die Scanlons nicht finden konnte, konnte er ja möglicherweise etwas über den rätselhaften Mann in Grün herausbekommen.
    »Ich werde sie tragen, wenn ich Hauptmann von Namtzen einen Besuch abstatte. Aber zuerst -«
    Aber zuerst war es höchste Zeit, eine unangenehme Pflicht zu erledigen.
    »Jetzt nehme ich den Eisblauen, wenn er präsentabel ist«, entschied er. »Aber zuerst brauche ich eine Rasur.«
    »Sehr wohl, Mylord«, sagte Byrd mit seiner besten Kammerdienerstimme und verbeugte sich, wobei er die Teetasse umstürzte.
     
    Es war Tom Byrd gelungen, den eisblauen Anzug weitestgehend von dem Geruch zu befreien. Weitestgehend.
    Grey schnüffelte diskret an der Schulter seines Rockes. Nein, hier war alles in Ordnung; vielleicht war es ja nur die Ausdünstung des Gegenstandes in seiner Tasche. Er hatte ein blutverkrustetes Stück Stoff aus dem grünen Samtkleid herausgeschnitten und es in Öltuch gewickelt mitgenommen.
    Er hatte zunächst gezögert, dann aber auch einen Spazierstock mitgenommen, ein schlankes Stück aus Ebenholz mit einem ziselierten Griff in Form eines sinnierenden Reihers. Er hatte nicht vor, Trevelyan damit anzugreifen, ganz gleich, wie das Gespräch verlief. Allerdings war er sich bewusst, dass es in Situationen gesellschaftlicher Schwierigkeiten
nützlich war, etwas zu haben, womit man seine Hände beschäftigen konnte - und diese Gelegenheit versprach, sehr viel schwieriger zu werden als üblich.
    Er hatte zuerst an sein Schwert gedacht, einfach nur, weil er daran gewöhnt war und das Gewicht der Waffe an seiner Seite ihm Sicherheit verlieh. Doch dies war kein Anlass für einen uniformierten Auftritt.
    Nicht, dass er in

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