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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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anzusprechen. Doch es war auch ein Grund zu erhöhter Wachsamkeit; er musste Trevelyan so viel Information entlocken, wie er konnte. Wie? Unmöglich zu wissen, was wirken würde; er musste sich auf die Eingebung des Augenblicks
verlassen - und wenn sich der Mann halsstarrig zeigte, brachte ihn ja vielleicht eine Erwähnung der Scanlons weiter.
    Es dauerte nicht mehr als ein paar Minuten, die ihm jedoch wie eine Ewigkeit vorkamen, bis Trevelyan zurückkehrte und einen Krug und zwei Holzbecher mitbrachte.
    »Trinkt etwas, John«, sagte er und stellte beides auf den Tisch. »Lasst uns als Freunde miteinander reden.«
    Grey dachte zunächst daran, dies abzulehnen, doch wenn er es genauer überlegte, erwies es sich ja möglicherweise als hilfreich. Wenn Trevelyan entspannt war, gab er eventuell mehr preis als sonst - und es war schließlich der Wein gewesen, der Nessie zur Zusammenarbeit bewogen hatte.
    Er stimmte mit einem kleinen Kopfnicken zu und nahm den Becher entgegen, trank aber nicht, bevor nicht auch Trevelyan versorgt war. Dieser lehnte sich nun erneut zurück, ohne auch nur einen irgendwie verstörten Eindruck zu machen, und hob den Becher.
    »Worauf sollen wir trinken, John?«
    Die Dreistigkeit des Mannes war verblüffend - und höchst bewundernswert, wie er zugeben musste. Er hob seinerseits den Becher, ohne zu lächeln.
    »Auf die Wahrheit, Sir.«
    »Oh? Oh, unbedingt - auf die Wahrheit!« Nach wie vor lächelnd, wenn auch mit einem Ausdruck leisen Argwohns, leerte Trevelyan seinen Becher.
    Es war ein trockener Sherry, und zwar ein guter, auch wenn er sich noch nicht richtig gesetzt hatte.
    »Gerade mit dem Schiff aus Jerez gekommen«, sagte Trevelyan und wies mit entschuldigender Miene auf
den Becher. »Etwas Besseres hatte ich leider nicht zur Hand.«
    »Er ist sehr gut. Danke«, sagte Grey und versuchte, das Wort zu ergreifen. »Nun -«
    »Noch einen?« Ohne eine Antwort abzuwarten, füllte Trevelyan beide Becher erneut. Dann ließ er den Krug sinken und nahm endlich Notiz von dem Stück verfärbten Samtes, das sich wie eine Kröte auf seinem Schreibtisch niedergelassen hatte. Er betastete es vorsichtig mit dem Zeigefinger.
    »Ich - äh - gestehe, dass ich nicht weiß, was ich sagen soll, John. Hat dieser Gegenstand eine Bedeutung, deren ich mir bewusst sein sollte?«
    Grey verfluchte sich im Stillen dafür, zugelassen zu haben, dass der Mann den Raum verließ; verdammt, er hatte Zeit zum Nachdenken gehabt und offenbar beschlossen, dass es am besten war, wenn er hartnäckige Unwissenheit vortäuschte.
    »Dieses Stück Stoff stammt von dem Kleid einer Leiche«, sagte er mit gleichmütiger Stimme. »Einer Ermordeten.«
    Und da, Trevelyans linkes Auge zuckte ganz sacht, und in Greys Herz flammte Genugtuung auf. Er erkannte es!
    »Möge Gott der armen Kreatur Frieden schenken.« Trevelyan klappte den Stoff sanft zusammen, sodass das Blut zum Großteil verdeckt wurde. »Wer ist sie gewesen? Was ist mit ihr geschehen?«
    »Der Magistrat hat entschieden, diese Information vorerst geheim zu halten«, sagte Grey freundlich und wurde bei dem Wort »Magistrat« mit dem Zucken eines Muskels an Trevelyans Kinn belohnt. »Allerdings wurden
meines Wissens Hinweise entdeckt, die auf eine Verbindung zwischen dieser Frau und Euch schließen lassen. Angesichts dieser unschönen Umstände kann ich eine Fortdauer Eurer Verlobung mit meiner Cousine leider nicht gestatten.«
    »Was denn für Hinweise?« Trevelyan hatte sich wieder unter Kontrolle und legte genau das richtige Maß an Entrüstung an den Tag. »Es kann unmöglich etwas geben, das … diese Kreatur, wer immer sie ist, mit mir in Verbindung bringt.«
    »Ich bedaure, dass ich Euch nicht mit den Einzelheiten vertraut machen kann«, sagte Grey mit grimmigem Vergnügen. Man konnte auch zu zweit die Ahnungslosen spielen. »Aber Sir John Fielding ist ein enger Freund der Familie; er ist natürlich um das Glück und die Reputation meiner Cousine besorgt.« Er zuckte sacht mit den Schultern, um anzudeuten, dass ihm der Magistrat zwar einen Hinweis gegeben hatte, die unappetitlichen und belastenden Details jedoch für sich behalten hatte. »Ich hielt es für besser, die Verlobung zu lösen, bevor etwas Skandalöses ans Tageslicht kommt. Ich bin mir sicher, dass Ihr -«
    »Das ist -« Trevelyan trug im Lagerhaus keinen Puder; sein Gesicht wurde jetzt fleckig vor Aufregung. »Das ist unsäglich! Ich habe nichts mit irgendwelchen ermordeten Frauen zu tun!«
    Das stimmte - aber

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