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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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nur, weil es keine Frau gewesen war. Auf die Wahrheit, in der Tat!
    »Wie bereits gesagt, bin ich nicht in der Lage, Genaueres zu sagen«, sagte Grey. »Allerdings ist mir in Verbindung mit dieser Sache ein Name zu Ohren gekommen. Seid Ihr vielleicht mit einem Mr. Scanlon bekannt? Einem
Apotheker?« Er hob seinen Becher und nippte daran. Er stellte sich gleichgültig, beobachtete Trevelyan jedoch genau durch die Wimpern.
    Trevelyan war zwar Herr über sein Gesicht, jedoch nicht über sein Blut. Er behielt zwar den Ausdruck verblüffter Entrüstung unverändert bei - doch sein Gesicht war totenbleich geworden.
    »Nein, das bin ich nicht, Sir.«
    »Oder ist Euch ein Etablissement namens ›Lavender House‹ vertraut?«
    »Das ist es nicht.« Die Knochen in Trevelyans schmalem Gesicht standen vor, und seine Augen glänzten dunkel. Wären sie irgendwo in einer Gasse allein gewesen, so war Grey überzeugt, dass er auf ihn losgegangen wäre.
    Sie saßen einen Moment da und schwiegen. Trevelyan trommelte mit dem Finger gegen seine Wange und hatte die schmalen Lippen zusammengepresst, während er überlegte. Das Blut strömte allmählich in sein Gesicht zurück, und er ergriff den Krug und schenkte Grey nach, ohne zu fragen.
    »Hört mir zu, John«, sagte er und beugte sich ein wenig vor. »Ich weiß nicht, mit wem Ihr gesprochen habt, aber ich kann Euch versichern, dass nichts Wahres an den Gerüchten ist, die Ihr gehört haben mögt.«
    »Es ist nur natürlich, dass Ihr das sagt«, merkte Grey an.
    »Das würde jeder, der unschuldig ist«, erwiderte Trevelyan ruhig.
    »Und jeder, der schuldig ist.«
    »Bezichtigt Ihr mich, jemanden ums Leben gebracht zu haben, John? Denn ich schwöre Euch - auf die Bibel, auf
das Leben Eurer Cousine, auf den Kopf Eurer Mutter, worauf immer Ihr wollt -, dass ich nichts dergleichen getan habe.« Trevelyans Stimme hatte jetzt einen etwas anderen Tonfall; er saß vorgebeugt und sprach mit Leidenschaft und flammendem Blick. Einen Moment lang verspürte Grey einen leisen Gewissensbiss - entweder war der Mann ein begnadeter Schauspieler, oder er sagte die Wahrheit. Zumindest zum Teil.
    »Ich bezichtige Euch keines Mordes«, sagte er und suchte sich vorsichtig einen anderen Weg an Trevelyans Verteidigungslinien vorbei. »Doch dass Euer Name in die Sache verwickelt ist, kann ich wirklich nicht auf die leichte Schulter nehmen.«
    Trevelyan grunzte leise und lehnte sich wieder etwas zurück.
    »Jeder Narr kann den Namen eines Mannes in den Schmutz ziehen - Gott weiß, dass es oft genug geschieht. Ich hätte Euch nicht für so leichtgläubig gehalten.«
    Grey trank einen Schluck Sherry und unterdrückte das Bedürfnis, auf diese Beleidigung zu reagieren.
    »Ich hätte gedacht, Sir, dass Euch die Neuigkeit so in Aufregung versetzt, dass Ihr augenblicklich Nachforschungen anstellt - wenn Ihr völlig unschuldig wärt.«
    Trevelyan lachte kurz auf.
    »Oh, ich rege mich auf, das versichere ich Euch. Ich würde sogar in dieser Sekunde nach meiner Kutsche rufen, um persönlich mit Sir John zu sprechen - wenn ich nicht wüsste, dass er derzeit in Bath ist, wo er sich bereits seit einer Woche aufhält.«
    Grey biss sich auf die Innenseite der Wange und schmeckte Blut. Gottverdammt, was für ein Narr er war!
Wie konnte er das vergessen - Joseph Trevelyan kannte Gott und jedermann.
    Er hatte den Sherrybecher noch in der Hand, trank ihn in einem Zug leer und stellte ihn mit einem Pochen nieder.
    »Nun denn, also gut«, sagte er ein wenig heiser. »Ihr lasst mir keine Wahl. Ich hatte vor, Rücksicht auf Euer Feingefühl zu nehmen -«
    »Rücksicht? Rücksicht ? Oh, Ihr -«
    »- doch ich sehe, dass dies nicht möglich ist. Ich verbiete Euch, Olivia zu heiraten -«
    »Ihr glaubt, Ihr könnt mir etwas verbieten? Ihr? Wenn Euer Bruder -«
    »- weil Ihr die Syph habt.«
    Trevelyan hörte so abrupt auf zu reden, dass es den Anschein hatte, als wäre er in eine Salzsäule verwandelt worden. Er saß völlig reglos da und starrte Grey mit seinen dunklen Augen so durchdringend an, dass dieser das Gefühl hatte, Trevelyan wolle ihm Haut und Knochen durchleuchten und Greys Herz und Hirn durch schiere Willenskraft die Wahrheit entlocken.
    Der silberne Griff seines Spazierstocks war schlüpfrig vom Schweiß, und er sah, dass Trevelyan die Bronzestatue ergriffen hatte und so fest hielt, dass seine Fingerknöchel weiß waren. Er verschob eine Hand an seinem Stock, um mehr Spielraum zu haben; eine Bewegung von Trevelyans Seite, um

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