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Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben

Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben

Titel: Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Meadows
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und machte die Straße glatt. Aber das Wetter kam von Norden, daher würde ich das Schlimmste hinter mir haben, sobald ich auf der Südseite des Rathauses war. Hoffte ich jedenfalls.
    Ich ging um das Gebäude herum, aber es war doppelt so lang wie der Marktplatz, und es würde eine Ewigkeit dauern, wenn ich mich weiterhin so heranstahl. Also rannte ich los. Ich schlitterte über die Pflastersteine, aber ich blieb nicht stehen. Die Halbmondtreppe an einer Seite hinauf, hinter den Säulen durch, die die Türen bewachten, und auf der anderen Seite der Treppe wieder hinab. Der Marktplatz blieb leer.
    Meurics Haus ragte an der Ecke des südwestlichen Viertels auf. Oben brannte Licht, doch es stand niemand in den Fenstern, der darauf wartete, mich zu ertappen. Li und die Wachen würden erst am Morgen nach mir sehen. Bis dahin würde ich aus der Stadt sein.
    Donner grollte im Norden. Schlimmere Stürme zogen auf.
    Ich schlüpfte um die Südseite des Gebäudes herum und strich das Eis von den Kleidern und dem Rucksack. Zitternd warf ich einen weiteren Blick zu Meurics Haus hinüber – nichts – und lief auf der Suche nach dem Fenster, das ich gesehen hatte, weiter.
    Der Tempel warf gerade genug Licht, um etwas erkennen zu können. Sosehr ich die seltsamen Muster hasste, die auf seiner weißen Oberfläche schimmerten, ich war dankbar für das Licht, als ich nach einem Weg ins Rathaus suchte, etwas wie die Nebentüren zur Bibliothek.
    Gelbes Licht kam aus einem hüfthohen, vergitterten Fenster. Ich kniete mich hin und spähte durch das Glas, als abermals Donner grollte.
    Der Raum befand sich größtenteils unter der Erde, beleuchtet
von altmodischen Glühbirnen, wie ich sie aus dem Purpurrosenhaus kannte. Von meinem Platz aus konnte ich nicht viel sehen, aber Gitterstäbe unterteilten den Raum in mehrere Bereiche mit Pritschen und Toiletten. Zellen. Eine lag direkt unter meinem Fenster, doch ich konnte niemanden darin entdecken. In der nächsten Zelle lag Sam auf einer Pritsche, das Gesicht abgewandt. Er redete mit jemandem, den ich nicht sehen konnte. Glas dämpfte ihre Stimmen.
    Ich klopfte ans Fenster. Sam streckte sich, und ein Gesicht erschien direkt vor mir im Fenster. Erschrocken fiel ich auf den Hintern und unterdrückte mit meinen Fäustlingen einen Aufschrei. Stef grinste und fingerte an den Riegeln herum. Das Fenster glitt nach oben, und warme Luft wehte mir ins Gesicht.
    »Puh.« Stef schauderte. »Kalt da draußen.«
    »Es hagelt.« Ich schlang meine Fäustlinge um die Gitterstäbe.
    »Ana!« Sam stand an den Gitterstäben zwischen seiner Zelle und der von Stef und streckte einen Arm zu mir aus. »Was machst du hier? Geht es dir gut?«
    Als Stef vom Fenster zurücktrat, riss ich mir einen Fäustling herunter und schob die Hand hindurch. Unsere Finger berührten sich, aber meine Schulter war bereits gegen die Gitterstäbe gepresst, weiter konnte ich mich nicht recken. Resigniert zog ich den Arm zurück und hielt die Finger an die Brust. »Ich gehe fort.«
    Er ließ den Arm sinken. »Fort?«
    Ich nickte. »Fort von hier. Aus der Stadt, aus dem Reich, wenn es sein muss.«
    Stef blickte zwischen uns hin und her. »Ist etwas passiert?«
    Die Mischung aus Kälte und Hitze ließ meine Augen tränen. »Ich kann nicht mit Li leben. Nicht für ein paar Jahre, nicht
einmal für ein paar Tage. Ich muss weg von hier, selbst wenn das bedeutet, dass ich alles aufgeben muss, was ich herausfinden wollte.«
    Sam biss sich auf die Lippen. Sein Gesicht war dunkel und umschattet in dem schummrigen Licht, so wie ich ihn zum ersten Mal am Endsee gesehen hatte. »Hat sie dir wehgetan?«
    »Nein. Nur …« Ich schüttelte den Kopf. »Sie hat versucht, dein Lied zu verbrennen. Sie wird weiterhin solche Sachen tun, bis – ich weiß nicht – bis ich breche. Sie werden mir nie wieder erlauben, einen von euch zu sehen.«
    »Es wird schwer sein, irgendjemanden zu sehen, wenn du fortgehst.« Stef zog eine Schulter hoch.
    »Deswegen bin ich hier. Ich bin gekommen, um euch alle zu befreien.« Ich begegnete Sams Blick und hoffte mehr als alles andere, dass er Ja sagen würde. »Ich dachte, du würdest mit mir kommen.« Es war mir nicht in den Sinn gekommen, dass er es vielleicht nicht tun würde, doch jetzt schien es mir wahrscheinlicher, dass er bei seinen Freunden bleiben würde.
    »In Ordnung.« Sam lehnte die Stirn an die Gitterstäbe und sah mir in die Augen.
    Stef zog die Brauen hoch. »Du weißt, dass du dem Rat überstellt werden

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