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Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben

Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben

Titel: Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Meadows
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anwesend war, störte es ihn nicht.
    »Darf ich Sine sprechen?«, versuchte ich es eines Abends. »Sie sitzt im Rat. Das ist wohl kaum ein verderblicher Einfluss.«
    »Spar dir deinen Sarkasmus.« Li aß ihre Suppe auf und schob die Schale beiseite. »Du bist keine geeignete Gesellschaft, bis du ein Gespräch führen kannst, das sich nicht um das dreht, was du willst.«

    Sam und seine Freunde nicht eingerechnet? Ich wollte Musik und Tanz, wollte kleine Punkte und Striche in etwas unvorstellbar Schönes und Wirkliches übersetzen. Ich wollte wissen, warum ich geboren worden war, um diesen Fehler zu verstehen, der mir das Leben von jemand anderem gegeben hatte. Ich wollte wissen, ob ich nach diesem Leben wiedergeboren werden würde, ob es mir gestattet sein würde, alles fortzusetzen, was ich beginnen wollte.
    »Ich hasse dich«, flüsterte ich.
    Li schlug mit den Händen auf den Tisch und ließ Löffel und Schalen klappern, als sie aufstand. Ihr wütender Blick verfinsterte sich. »Was du für ein Gefühl hältst, ist nicht real. Du bist eine Seelenlose. Du hast keine Empfindungen. Du existierst ja kaum. In hundert Jahren wird sich niemand daran erinnern, dass du jemals gelebt hast.«
    »Du irrst dich.« Ich weiß, ich hätte nicht sprechen sollen, aber meine Muskeln zitterten von der Belastung einer zweiwöchigen körperlichen Überanstrengung und emotionaler Folter. »Die Menschen werden sich erinnern. Sam hat dafür gesorgt.«
    Der Zorn wich aus ihren Augen. »Tatsächlich?« Tiefe Furcht stieg in mir auf, als sie die Küche durchquerte und in eine Schublade griff. »Papier ist so vergänglich, meinst du nicht? Viele unserer ältesten Aufzeichnungen sind Dutzende Male kopiert worden, weil sich die Seiten einfach nicht halten. Wie jemand, den ich kenne.«
    Ich hielt den Blick auf den Stapel Blätter geheftet, den sie in den Händen hielt. »Was ist das?«
    »Das andere Problem mit Papier ist, dass das, was es enthält, verloren geht, wenn man etwas darauf verschüttet oder es verbrennt.« Sie ließ den Stapel auf den Tisch fallen, die Blätter verteilten sich und blieben ungeordnet liegen. Trotzdem
wusste ich, was auf ihnen stand. Musik. Taktstriche und Noten und kleine Schnörkel an den Rändern. AI-4, AI-10: Seiten eines längeren Stücks.
    Meine Hand war so schwer wie ein Ziegelstein, als ich nach der Titelseite griff und sie zu mir umdrehte. Ana Incarnata stand dort, ohne elegante Schwünge oder Unterstreichungen, nur ein winziger Schmetterling in der Ecke.
    Es war der Walzer, den Sam für mich geschrieben hatte. Mein Lied.
    »Rühr es nicht an«, flüsterte ich.
    »Papier ist so vergänglich«, wiederholt sie und blickte vielsagend zum Kamin.
    »Nein!« Ich warf mich über den Tisch und riss die Seiten an mich, aber Li war schneller.
    Sie zog mir die Blätter aus den Händen und warf sie ins Feuer. Papier flatterte, einige Seiten in die Flammen, andere segelten in die Asche auf dem Boden davor.
    Ich stürzte durch den Raum und rettete so viele Seiten, wie ich konnte, aber das Feuer versengte meine Hände. Egal, wie viele ich vor den Flammen rettete, Li zerknüllte weitere Seiten und warf sie lachend in den Kamin.
    Als sie sich langweilte, wischte sie sich die Hände an der Hose ab und ging zur Tür. »Geh ins Bett. Du hast morgen einen langen Tag vor dir.«
    Ich klopfte mit einem Geschirrtuch die letzte Glut aus und bemühte mich, die Seiten zu ordnen. Meine Hände brannten, als ich die empfindlichen Bogen sortierte. Einige waren noch zu retten, andere waren so stark verbrannt, dass es sich nicht lohnte, da die Noten schwarz und vernichtet waren.
    Diese Seiten kamen nach hinten. Vielleicht würde Sam wissen, wie man sie retten konnte. Entschlossen, ihm bei seinem Rettungsversuch zuzusehen, legte ich die Seiten meines Liedes
zur sicheren Aufbewahrung in ein Notizbuch mit festem Einband.
    Vergiss Li. Vergiss den Rat. Wenn das hier das Leben in Heart war, würde ich meine Mission aufgeben. Lieber verzichtete ich darauf zu wissen, woher ich kam, als zuzulassen, dass Li alles zerstörte, was mir etwas bedeutete.
    Ich ging nach oben, um mein Messer zu holen.
     
    Es gab nicht viel zu packen. Mein Lied passte in meinen Rucksack, zusammen mit einigen anderen notwendigen Dingen. Während der beiden letzten Wochen war ich zu verängstigt gewesen, um zu fliehen. Da waren Wachen – Li sorgte dafür, dass ich sie jeden Morgen sah –, und ich hatte Angst davor gehabt, was geschehen würde, wenn sie mich erwischten.

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