Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben
bist nicht als rechtmäßige Bewohnerin von Heart registriert.«
»Aber ich wurde hier geboren!«
»Sie wird mein Gast sein.« Sam schob sich dicht neben mich, als könnte diese Nähe irgendjemanden überzeugen. »Die Sache mit der Bürgerschaft regeln wir morgen Früh.«
»Ich fürchte, da kann ich nichts machen.« Corin verschränkte die Arme vor der Brust. »Du weißt, ich würde es tun, wenn ich könnte, aber es verstößt gegen die Regeln.«
»Was für Regeln? Es gibt keine Regeln, wer nach Heart darf und wer nicht.«
Corin griff Formulare vom Schreibtisch und hielt sie Sam vor die Nase. »Der Rat hat es vor einigen Jahren verabschiedet. Hast du nicht aufgepasst? Um Heart zu betreten, muss man ein Bürger sein, und um ein Bürger zu sein, muss man seit hundert Jahren ein Heim in der Stadt besessen haben.«
Sam ließ seine Taschen auf den Boden fallen – ich setzte meine ein wenig vorsichtiger ab –, packte die Formulare und überflog sie. »Das ist doch lächerlich.« Er schleuderte die Papiere durch den Raum. Sie flatterten und raschelten aneinander, bevor sie sich auf dem glatten Boden niederließen. »Ruf Meuric. Ruf den ganzen Rat zusammen. Sag ihnen, sie sollen sofort herkommen.«
»Sie tagen gerade. Ana darf heute Nacht in der Wachstation bleiben, da hinten steht ein ausreichendes Bett.« Er zeigte irgendwo hinter mich. »Ich bezweifle, dass irgendjemand protestieren wird.«
Ich wollte auf gar keinen Fall die ganze Nacht in der Wachstation bleiben. Neben dem Geysir würde ich mich sicherer fühlen. Ich würde mich selbst auf dem Grund des Endsees sicherer fühlen. »Sam …«
Er schüttelte den Kopf. »Du kommst mit mir nach Hause, egal, was jemand sagt.«
Ich konnte zur Tür rennen und versuchen, mich in den Straßen zu verstecken – das war vermutlich nicht allzu schwer –, aber die Chancen von einer Million zu zwei waren nicht gut. Sam und ich würden geschnappt und ins Gefängnis geworfen werden, daher blieb mir nur die Wahl, ihn dies regeln zu lassen. Ich hasste diese Wahl.
»Sam«, sagte Corin, »beruhige dich. Das ist doch keine große Sache.«
»Von wegen keine große Sache!« Sam packte Corin am Ärmel und zerrte ihn durch den Raum. Sie sprachen so leise, dass ich sie nicht mehr verstehen konnte. Das passte mir überhaupt nicht, aber ich wollte Sam nicht beschämen, indem ich hinter ihnen hermarschierte und verlangte, bei dem Gespräch dabei zu sein.
Während Sam Corin zweifellos alles darüber berichtete, dass ich Hilfe brauchte und niemandem vertraute, setzte ich mich an den Schreibtisch und wickelte meine Verbände ab. Meine Hände sahen besser aus. Rosig, mit empfindlicher Haut, aber wir hatten auf der Reise gut darauf geachtet, sie sauberzuhalten, vor allem, nachdem die Blasen aufgeplatzt waren. Ich kam mir wie eine Närrin vor, weil ich Lis Lüge geglaubt hatte, dass Sylphenverbrennungen nicht heilten. Bald würden meine Hände gesund genug sein, um Li mit Steinen zu bewerfen, sollte ich ihr jemals wieder über den Weg laufen.
Wütendes Getuschel zischelte durch den Wachraum, zu vernuschelt, als dass ich es hätte verstehen können. Ich ging
die Papiere auf Corins Schreibtisch durch und fand Schichtpläne und andere profane Dinge. Es sah aus, als sei derjenige, der einer Wachstation am nächsten wohnte, verantwortlich dafür, ein Auge darauf zu haben, wenn er zu Hause war. Sie wechselten sich tageweise mit ein paar anderen ab, aber insgesamt schien es keine schwierige Aufgabe zu sein, solange man die Regel nicht vergaß: Jeder außer Ana durfte die Stadt betreten.
»Allein im Wald? Es ist mitten im Winter.« Bei Corins überraschtem Fauchen versteifte ich mich, aber ich schaute nicht hinter mich. Sam brauchte nicht zu wissen, dass ich etwas von seiner geheimen Zusammenkunft mitbekommen hatte.
Der Stapel Papiere auf dem hinteren Teil des Schreibtisches enthielt Listen von Waffenkammern überall in der Stadt und deren Inhalt. Das war nun wirklich interessant. Alte Katapulte und Kanonen, neuere gepanzerte Fahrzeuge und Drohnen. Laserpistolen. Unter der Hälfte dieser Dinge konnte ich mir nichts vorstellen, aber ich blätterte die Seiten durch. Vielleicht konnte Sam sie mir erklären, oder ich konnte etwas in der Bibliothek finden – falls ich jemals weiter hinein in die Stadt gehen durfte.
»In Ordnung.« Corin baute sich hinter mir auf und riss mir die Papiere aus den Händen. »Die sind nicht für dich.«
»Keine Angst.« Ich stand auf und warf einen Blick auf
Weitere Kostenlose Bücher