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Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben

Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben

Titel: Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Meadows
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schien keine klare eigene Meinung über Janan zu haben, ob er echt war und verantwortlich für die Reinkarnation, oder ob Menschen es von alleine taten, einfach weil sie Menschen waren.
    »Sine?«
    Sie sah auf und zog eine Augenbraue hoch.
    »Glaubst du an Janan? Denkst du, dass er alle erschaffen hat und sie mit jedem Leben wiedergebiert?«
    Sie ließ ihren Stift sinken und lehnte sich zurück. »Manchmal denke ich, dass ich nicht an ihn glaube, einfach weil es Meuric und Deborl ärgert. Aber ehrlich gesagt möchte ich glauben, dass wir Menschen nicht alleine sind und immer wieder in einer Welt wiedergeboren werden, wo Drachen, Kentauren, Greife und Rocks ständig versuchen, uns zu töten.« Sie
zuckte die Achseln und sah mich an. »Genau wie du möchte ich glauben, dass all dies einen Anfang hat. Leben.«
    Mein Anfang war so viel jünger, dennoch konnte mir niemand sagen, was geschehen war. Menschen, die es erlebt hatten.
    »Was ist mit den Mauern? Findest du, dass sie sich seltsam anfühlen?«
    »Der Herzschlag?« Sie schüttelte den Kopf. »Jeder kann ihn spüren, gewiss, aber er ist tröstlich und ein Teil dessen, was mich an Janan und an sein Versprechen glauben lässt, er werde zurückkehren.«
    Vielleicht war er ja nie fortgegangen.
    Ich fand den Herzschlag überhaupt nicht tröstlich. Sam schien zu denken, dass es komisch oder niedlich war, wie ich es zu vermeiden versuchte, den weißen Stein zu berühren, aber er gab mir das Gefühl, als kröchen Würmer unter meine Haut.
    »Danke«, sagte ich und wandte mich mit einem Seufzen wieder dem Buch zu. Ich würde wirklich gern jemanden finden, der die Mauer auch nicht mochte, um zu überprüfen, ob er sich Gedanken darüber machte, aber es schien eine definitive Verbindung zwischen meiner Neuheit und dem unheimlichen Gefühl zu bestehen.
    »Vielleicht sind Philosophie und Spekulationen nicht das, wo du suchen solltest.« Sine beäugte mein Buch. »Ich habe Deborls Ansichten ohnehin nie für allzu scharfsinnig gehalten.«
    Ich betrachtete den Einband des Buches. Und tatsächlich, Deborl, ein Ratsmitglied, das jünger aussah als ich, hatte es vor über sechzig Quindecs geschrieben. Scharfsinnig oder nicht, diese Ansichten waren fast eintausend Jahre alt. Ich klappte das Buch zu und schob es in die Mitte des Tisches. »Vielleicht
hast du Recht. Ich dachte, die Antworten lägen in der fernen Vergangenheit, aber ich könnte mich irren.«
    Sie schob ein Lesezeichen in ihr Buch und bedeutete mir mit einem Nicken fortzufahren.
    Meine Gedanken sortierten sich, während ich mich in der dämmrigen Bibliothek umschaute. »Ich kenne Li ziemlich gut.« Besser, als mir lieb war. »Sie ist eine Kriegerin. Wenn ich als Kind ungezogen war, erzählte sie mir von den Zeiten, da sie Drachen getötet hatte. Bevor Laser und Luftdrohnen erfunden worden waren.« Nachdem ich vor Kurzem Drachen gesehen hatte, konnte ich endlich verstehen, was das für eine Leistung war.
    »Li war immer ehrfurchtgebietend.«
    Zweifellos. »Was ist mit Menehem?«
    »Nicht ganz so ehrfurchtgebietend.« Sie stand auf, wobei sie sich auf den Tisch stützte. »Ein brillanter Chemiker. Ich kannte ihn nicht gut, zum Teil deshalb, weil wir beide nie ein Wort von dem verstehen konnten, was der andere sagte.« Sie kicherte. Mir war nicht klar, ob sie es ernst meinte oder nicht.
    Ich folgte ihr durch ein Labyrinth von Regalen im Erdgeschoss. Mahagoni und Glas schimmerten im Lampenlicht, und der Raum roch nach Holzpolitur und Gabelbockleder. »Eine Kriegerin und ein Wissenschaftler. Ich verstehe nicht, dass ich davon das Ergebnis bin.«
    »Weil du Musik liebst?«
    Ich beschloss, die Frage, ob eine Seelenlose überhaupt zu einem Gefühl wie Liebe fähig war, nicht zu thematisieren. Diesmal nicht.
    »Einige Dinge sind sicherlich erblich. Körperliche Merkmale. Du siehst Menehem sehr ähnlich, als ich ihm das letzte Mal begegnet bin, mit dem kastanienbraunen Haar und den Sommersprossen. Du zeigst die Wildheit deiner Mutter und die Intelligenz
deines Vaters, aber manches, wie Musik und Poesie, sind Leidenschaften der Seele.«
    Das gefiel mir. Sam war das Kind von Bauern und Waldarbeitern und Glasbläsern. Armande, sein gegenwärtiger Vater, war Bäcker. Obwohl Sam Hunderte von Dingen aus Neugier gelernt hatte und aus dem Wunsch heraus, der Gemeinschaft zu helfen, war er immer zur Musik zurückgekehrt.
    Vielleicht würde es mich genauso zur Musik ziehen, wenn ich am Ende dieses Lebens wiedergeboren würde, weil Musik in

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