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Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben

Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben

Titel: Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Meadows
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bildete Wölkchen in der kühlen Luft. »Ich lerne gern. Ich hätte wahrscheinlich darum gebeten, egal, was der Rat gefordert hätte. Aber ich bin nur eine Seelenlose. Die einzige. Was spielt es für euch für eine Rolle, ob ich die beste Zeit kenne, um Reis anzupflanzen? Was könnte ich tun, das dem Rat solche Angst macht, dass er mich pausenlos beschäftigen will?«
    Sie sah mich nur an, eingehüllt in die Rüstung ihres Mantels und ihrer Kapuze. »Sperrstunde. Du solltest dich beeilen.«
    Während ich gegen Tränen der Frustration anblinzelte, die auf meinen Wimpern zu gefrieren drohten, wandte ich mich der Südallee zu und ging, so schnell ich konnte. Es gab einen kürzeren Weg, den Sam manchmal mit mir einschlug, aber er führte durch mehrere unvertraute Straßen, vorbei an unvertrauten Häusern.
    Vielleicht hätte ich nicht so hart zu Sine sein sollen, aber jetzt, da ich über meine eigenen Worte nachdachte, war es eine gute Frage. Hatten sie Angst vor mir?

    Ich versuchte, mir vorzustellen, was Sam sagen würde, wenn er in der Stimmung gewesen wäre, mit mir darüber zu reden. Die Bewohner von Heart waren – seit fünftausend Jahren – so, wie sie waren. Sie kannten einander und konnten mehr oder weniger voraussagen, was jeder in einer bestimmten Situation tun würde. Aber ich war etwas Neues. Unbekannt. Ich war achtzehn Jahre lang verborgen gewesen, und sie hatten nicht über mich nachzudenken brauchen, aber jetzt war ich zurück, mit meinen eigenen Gedanken und Meinungen.
    Was würde ich tun?
    Im Moment wollte ich nur Sam helfen. Und am Tag der Maskerade wollte ich unsichtbar sein. Nur ein paar Stunden, in denen mich niemand kannte, mich beurteilte und darauf wartete, ob ich alles zerstören würde.
    Ich zählte die Straßen, bis ich die fand, die zu Sams Straße führte. Die Taschenlampe beleuchtete nichts Ungewöhnliches, nur meinen Atem in der Luft und einige Schneeflocken, die im Wind umherwirbelten. Ich schauderte, als Bäume raschelten, als machten sie sich zum Schlafen bereit.
    Meine neuen Schuhe klapperten über die Pflastersteine in einem gleichmäßigen Eins-zwei-Takt. Ein Drei-vier kam von hinter mir, gedämpft und verstohlen, aber da die ganze Stadt still war und auf Schnee wartete, zählte jedes Geräusch.
    Vielleicht war es nichts, nur jemand, der spät nach Hause ging, doch als ich über meine Schulter blickte, konnte ich nichts erkennen, nicht einmal einen Schatten. Die Dunkelheit verstärkte sich, sie war so vollständig wie die Stille, die herrschen sollte. Wenn ich meine Taschenlampe hinter mich richtete, würde mein Verfolger wissen, dass mir klar war, dass ich nicht alleine war.
    Ich hätte es beinahe getan, bereit, jeden anzuschreien, er solle aufhören, hinter mir herzuschleichen, aber dann erinnerte
ich mich an Li auf dem Markt, und mit der Kälte erfasste mich ein Grauen. Ich entschied mich für den Weg des Feiglings und ging schneller, ich zog mir den Schal vors Gesicht, damit die Kälte mir den Hals nicht austrocknete.
    Die Schritte folgten mir den ganzen Weg bis zu Sams Straße, und da raste mein Herz schon vor mir her und nahm meine Schwäche mit sich. Ich wirbelte herum und schwenkte den Strahl meiner Taschenlampe über die Straße, aber der dünne Schein traf nur auf einen staubigen Schleier aus Schneeflocken und Dunkelheit. Büsche raschelten am Straßenrand, aber ich war zu langsam, um zu sehen, ob es mehr war als nur ein Reh.
    Nein, ich hatte definitiv Schritte gehört. Ich starrte auf die Stelle, wo die Kiefernnadeln noch immer hinter jemandem herflüsterten, doch nichts geschah. Für einige Minuten stand ich mitten auf der Straße und überlegte, ob es sich lohnen würde, meinen Verfolger zu verfolgen.
    Die Vorstellung von jemandem, der mich ansprang, ließ mich bleiben, wo ich war. Jemanden in der Kälte und Dunkelheit und dem dünnen Schnee zu verfolgen – das war nicht mutig. Das war außerordentlich dumm.
    Nachdem ich noch eine Minute länger die Ohren gespitzt und mich bemühte hatte, irgendetwas anderes zu hören als meinen eigenen Atem und Herzschlag, rannte ich, so schnell ich konnte, den Rest des Weges und wiederholte mir, dass es dumm gewesen wäre, jemanden zu stellen. Weglaufen war klug.
    Es war klug, wie eine Maus zu fliehen, der eine Katze auf den Fersen war, aber definitiv nicht mutig. Es gefiel mir überhaupt nicht, dass mir jemand so zusetzen konnte.
    Als ich endlich den Weg zu Sams Haus erreichte, verlangsamte ich mein Tempo, um wieder zu Atem zu

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