Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben
meinem Kopf war, die mich nachts in den Schlaf sang. Es war nicht Sams Musik oder die eines anderen, deshalb war es wahrscheinlich meine eigene. Was für ein beängstigender Gedanke.
»Suchen wir nach Menehems Tagebüchern?«, fragte ich, als wir diesen Teil der Bibliothek erreichten.
Sine machte eine ausladende Handbewegung über die Nische aus Bücherregalen. »Da ich dir nichts über ihn erzählen kann, können wir genauso gut Menehems Worte sprechen lassen. Es ist bedauerlich, dass er das Reich so kurz nach deiner Geburt verlassen hat.«
Ja, bedauerlich, dass er sich so geschämt hat, dass er nicht einmal bleiben konnte, um Li zu helfen, die sich auch nicht um mich kümmern wollte.
Ich berührte eine Lampe, die die Nische erhellte. Zweitausend Bücher warteten auf ihren Regalen, während ich auf den Buchrücken nach dem Namen des Vaters suchte, der mich im Stich gelassen hatte.
Während einige der älteren Bände noch da waren, fehlten die neueren, diejenigen, die ich gebraucht hätte. Seine Tagebücher hatten mich ebenfalls im Stich gelassen.
Ich fluchte, was mir einen Blick von Sine eintrug. »Entschuldigung«, sagte ich. »Hat er seine Bücher mitgenommen, als er fortging?«
Sie musterte stirnrunzelnd die leeren Regale. »Das ist sehr unwahrscheinlich. Bücher sind schwer, und er hatte viele davon.«
»Und es gibt andere Exemplare.« Sam hatte mir gezeigt, wie man digitale Exemplare fand. Gut, er hatte Whit gebeten, es mir zu zeigen. »Wirst du mir einen Gefallen tun, während ich in den digitalen Archiven nachsehe?«
Sine nickte.
»Sieh einmal nach Lis Tagebüchern. Ich brauche keins davon zu lesen – jedenfalls nicht sofort –, aber ich frage mich, ob sie noch da sind.«
Sie warf mir einen seltsamen Blick zu, nickte jedoch noch einmal und begab sich tiefer in die Tagebuchabteilung hinein, während ich mich abwandte. Wenn sie nicht längst meinen Verdacht erraten hatte, würde sie nicht lange dafür brauchen.
Es machte mir auch nichts aus, dass sie es wusste, aber ich kam mir komisch dabei vor, einer Ratsherrin zu sagen, dass ich dachte, jemand – vielleicht einer ihrer Freunde – versuche, mich an den Nachforschungen über meine Herkunft zu hindern, indem er die Bücher entfernte, die ich brauchte. Abgesehen von Sam waren die Mitglieder des Rates die Einzigen, die von meinem Vorhaben wussten.
Zu den digitalen Archiven hatte man Zugang über Lesegeräte, die sich oben befanden, unweit der Nische, wo Sam und ich die archivierten Videos angesehen hatten. Auf dem Weg hinauf erstellte ich im Geiste eine Liste von Personen, die Menehems Tagebücher genommen haben könnten.
Nun, jeder hätte sie nehmen können, aber es war der Rat, dem ich nicht traute. Die meisten Mitglieder waren gegen mich. Antha, Frase und Deborl schienen mich nicht zu verachten, aber es war ihnen vermutlich egal, ob ich lebte oder tot war.
Sine war auf meiner Seite. Ich hatte sie gemocht, noch bevor ich herausgefunden hatte, dass sie in ihrem letzten Leben Sams Mutter gewesen war. Sie war bei der Geburt gestorben und wiedergeboren worden, als er drei war. Als Folge davon hatte er seine Jugendjahre damit verbracht, sich von einem Mädchen bemuttern zu lassen, das jünger war als er. Dann hatte sie ihn überlebt, und als er in diesem Körper wiedergeboren worden war, war sie alt genug gewesen, um seine Großmutter zu sein. Ich fand es unendlich irritierend.
Was Meuric betraf, so war ich mir nicht sicher. Er war immer freundlich, aber ich fühlte mich in seiner Gegenwart unwohl. Er beobachtete mich die ganze Zeit und wartete immer ab, was andere dachten oder wollten, bevor er entschied, was mit mir zu geschehen hatte, als würden seine eigenen Ideen nicht gebilligt werden.
Damit blieb die Hälfte der Ratsmitglieder übrig, die ich nicht gut genug kannte und der ich daher nicht trauen konnte. Jeder von ihnen konnte derjenige sein, der meine Bemühungen sabotierte – falls es überhaupt Sabotage war.
Ich setzte mich an das erste Lesegerät und schaltete es ein. Als es leise sirrte und ein Cursor mich anblinzelte, tippte ich: »Menehem«.
Hunderte von Tagebüchern erschienen. Davon waren die meisten als Labornotizen und anderer wissenschaftlicher Kram markiert. Vielleicht würde ich während der freien Zeit, die Sam für mich eingeplant hatte, einmal hineinschauen. Für den Moment engte ich die Suche auf persönlichere Dinge ein.
Ich erwartete fast, dass mir das Lesegerät den Zugang verweigern würde, aber es bot
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