Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben
dass es sich gut anfühlte. »Wirst du es mir zeigen?«
»Tausend Dinge, wann immer du bereit bist.«
Für einen Herzschlag hätte ich auf seine Erfahrung neidisch sein können, aber ich beschloss, stattdessen dankbar zu sein. Einer von uns würde immer wissen, was wir taten, statt dass wir uns beide dumm anstellten. »Nicht alles auf einmal. Ich will nichts überstürzen.«
»Ich bin mir sicher, dass wir uns das einteilen können.« Sein Mundwinkel zuckte in die Höhe. »Was denkst du? Immer eine Sache am Tag?«
Ich überlegte, dann schüttelte ich den Kopf. »Vielleicht zwei. Tausend Tage sind eine lange Zeit.«
Er lachte. »Wenn du meinst.«
Ich wich zurück und zog eine Augenbraue hoch.
Ihm stockte der Atem. »Okay, plötzlich kommt es mir vor wie eine Ewigkeit. Also zwei.« Während ich mich bemühte herauszufinden, was genau ich getan hatte, dass er so reagierte, fuhr er fort. »Leider fürchte ich, dass wir unsere zwei – oder zehn – für den Tag aufgebraucht haben.«
»Wirklich? Es ist nach Mitternacht.« Ich stützte mich an der Regalwand ab, um nicht zu fallen, stellte mich auf das Bett und arrangierte die Decke um meine Schultern neu. Der weiße Stoff kräuselte sich wie Flügel. »Ich denke, wir haben Zeit, dass du niederkniest und mir huldigst.«
»Nummer zwei auf der Liste.« Er kniete sich hin und blickte auf. »Nummer eins war, dich zu überzeugen, dass du mich magst.«
Er machte es mir unmöglich, nicht zu lächeln. »Küsse meine Hände und Füße, und du wirst meiner Zuneigung würdig sein.«
»Aber das waren fünf-sechsundneunzig und fünf-siebenundneunzig.«
Ich bot ihm die Hand, mit der ich mich nicht an der Wand festhielt. »So lange wolltest du warten?«
»Du hast gesagt, dass wir nichts überstürzen sollen.« Er gab mir einen zarten Handkuss. »Oh.« Sein Atem wärmte mir die Haut. »Mir sind gerade hundert weitere eingefallen.«
»Vielleicht drei pro Tag.« Während ich mich setzte, hielt er mich an den Hüften, um mich zu stützen. »Vielleicht zehn«, flüsterte ich und kniete mich neben ihn. Er hielt mich fest, ich legte die Hand direkt unter den Verband an seinem Arm. »Wie fühlt sich das an?«
»Wie eine Brandwunde. Es ist nicht schlimm.« Er küsste mich, nicht leidenschaftlich wie zuvor, aber genauso süß. Ein schläfriger Kuss, während er versuchte, wach zu bleiben. Er kam sonst so selten aus der Deckung, es war überraschend, ihn so zu sehen. »Was macht dieses Gewitter in dir?«
»Habe ich schon vergessen.« Ich wollte nicht, dass diese Nähe endete. Der Sam, den ich mir immer vorgestellt hatte, war hier und hielt mich im Arm. Er mochte mich. Ich würde den nachdenklichen Sam nach dem Angriff der Drachen nicht
vergessen, den Sam, der sich jede Nacht hinausgeschlichen hatte, oder den Sam, der dachte, wir hätten nicht tanzen und uns küssen sollen, aber für diesen Moment, mit diesem Sam, genoss ich das Gefühl von Glück. »Soll ich dir ein Geheimnis verraten?«
»Ja.« Er setzte sich, und ich tat es ihm nach. Wenn ich das Bett aufschlug, würde er vielleicht nicht gehen. Nach dem heutigen Tag konnte ich den Gedanken nicht ertragen, von ihm getrennt zu sein. Ich musste dafür sorgen, dass er so blieb, der süße Sam. Der Sam, der mich küsste.
»Abgesehen von den Teilen, in denen wir gekämpft haben und fast getötet worden wären und ich dann Sachen auf den Boden geworfen habe«, flüsterte ich, »war heute der beste Tag meines Lebens.«
Seine braunen Augen zogen mich in ihren Bann, als er sagte: »Mir geht es genauso.«
Ich wollte ihn gerade necken, dass ihm dieses Leben so kurz vorgekommen sein musste, aber unten knallte etwas. Wir versteiften uns, beide aufmerksam lauschend, als das Geräusch erneut erklang. »Jemand ist an der Tür.« Es war so spät. »Der Arzt? Oder unsere Angreifer?«
Er glitt vom Bett und nickte. »Behalt dein Messer bei dir, egal, was geschieht.« Ohne einen letzten Blick verließ er den Raum.
Hastig streifte ich richtige Kleidung über und steckte mir das Messer in den Taillenbund, bevor ich hinter Sam herschlich. Von der Galerie über dem Wohnzimmer konnte ich ihn so gerade an der Tür sehen, er verbarg den Blick auf den Besucher.
»Ich verstehe nicht«, sagte er.
»Du bist verhaftet.« Die hohe, jugendliche Stimme war vertraut. Meuric? Unten war es dunkel, doch ich konnte noch einen
anderen Schatten in der Tür ausmachen, vielleicht zwei. Richtig erkennen konnte ich es nicht. »Da gibt es nichts Verwirrendes. Ich hoffe
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