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Das Meer Der Tausend Seelen

Das Meer Der Tausend Seelen

Titel: Das Meer Der Tausend Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Ryan , Catrin Frischer
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ist mir so peinlich, vor ihm von Catcher abgewiesen zu werden.
    Gerade als ich glaubte, alle Teile wieder zusammenzufügen, zerspringen sie und bilden andere Muster, dieses Mal mit schärferen Kanten. Wie soll je wieder alles gut werden? Ich weiß es nicht.
    Das vertraute Gefühl, nutzlos zu sein, kribbelt in mir. »Ich habe wieder alles vermasselt«, sage ich.
    Auf der Bühne hat Catcher sich vor die angeleinten Mudo gestellt und starrt sie an. Sie bemerken ihn nicht mal, greifen auch nicht nach ihm, und davon wird mir ganz kalt. Es wirkt so falsch, sie so dicht bei ihm zu sehen.
    Elias stellt sich neben mich. Ich müsste nur meine Finger ausstrecken, um ihn zu berühren und seinen Trost zu spüren.
    »Warum hat man uns nie etwas von Immunität erzählt?«
    Er seufzt und zieht eine Schulter hoch. »Es ist selten, Gabry. Wirklich selten. Ich glaube, man wollte keine Hoffnung wecken, nicht abwarten, bis Leute sich wandeln, und dann nur sehen, wie die Ansteckung wieder rasend um sich greift. Die meisten Menschen wissen nichts davon.«
    Das ist nur logisch, aber mir ist das egal. Ich verschränke die Arme vor der Brust, zum einen, um nicht in Versuchung geraten, ihn zu berühren, zum anderen, um die Fassung zu bewahren. »Woher weißt du, dass es Immunität ist? Dass er sich nicht in ein paar Tagen wandeln wird? Vielleicht dauert es einfach nur länger bei ihm?« Mit angehaltenem Atem warte ich auf seine Antwort und hoffe, dass ich mich irre.
    »Nur die Immunen können so etwas«, sagt er mit einer Kopfbewegung Richtung Catcher. »Das habe ich gelernt, als ich bei den Rekrutern war. Immune sind die Einzigen, die Ungeweihte nicht wahrnehmen.«
    Mein Magen verkrampft sich bei dem Wort »Ungeweihte«. Ich denke an meine Mutter und daran, dass sie weg ist. Rasch verdränge ich diesen Gedanken.
    »Deshalb habe ich es bei ihm gewusst«, fährt Elias fort. »Als der Sturm kam, dachte ich, du würdest es vielleicht nicht schaffen, wiederzukommen. Ich bin losgezogen und habe Catcher hier ins Lager gebracht, weil er ja Essen und Wasser brauchte, während er wartete …« Er schluckt, will seinen Bericht nicht fortsetzen. Ich studiere sein Profil. Ein feiner, dunkler Flaum hat sich auf seinem Kopf gebildet, und seine Haut ist gebräunt von den vielen Tagen draußen in der Sonne.
    Ich muss ihm die Frage stellen, die mir immerzu im Kopf herumgeht. Um den Mut aufzubringen, atme ich tief durch und drücke die Fingernägel in das weiche Fleisch meines Armes. »Hättest du … ich meine, wenn er sich gewandelt hätte, hättest du ihm das angetan? Hättest du ihn zu einem von denen gemacht?«
    Wir schauen beide auf die Souler-Mudo und ihre entstellten Gesichter.
    Elias blickt finster drein, seine Schultern werden starr. »Nein«, sagt er schlicht. Aber ich weiß immer noch nicht, ob ich ihm trauen kann.
    »Warum verehrst du sie?«, frage ich.
    Er holt Luft und atmet durch gespitzte Lippen aus. Wieder fällt mir auf, wie farblos seine Augen sind und wie scharf seine Wangenknochen hervortreten. »Ich verehre sie nicht«, erwidert er.
    Das verstehe ich nicht. »Aber du bist ein Souler«, entgegne ich, als ob das auf der Hand liegen würde.
    Er schaut mir lange ins Gesicht. Ich will wegsehen, zwinge mich aber, seinen Blick auszuhalten, auch wenn er mir unangenehm ist. »Ich bin kein Souler, Gabry«, sagt er. »Das wollte ich dir am Strand erzählen. Ich gehöre nicht zu ihnen.«
    Meine Augen weiten sich, und ich schüttele den Kopf. Will er mich hinters Licht führen? »Aber du warst mit ihnen hier. Neulich Nacht warst du dabei. Du hast zugeschaut, wie sie diesen Jungen geopfert haben. Du bist gekleidet wie sie und siehst aus wie sie.« Ich könnte weitermachen, doch er hält die Hand hoch, damit ich aufhöre – und ich verstumme.
    Er presst die Finger an die Stirn, massiert die Haut, als wolle er die nötigen Wörter zusammensammeln. Gereizt warte ich auf seine Erklärung.
    »Ich habe dir erzählt, dass ich auf der Suche nach jemandem bin«, sagt er, und ich nicke. »Meine Schwester. Ich suche meine Schwester.« Er schluckt. »Ich habe sie verloren.« Ich höre die Verzweiflung in seiner Stimme, und das gibt mir ein Gefühl von körperlicher Schwäche. Zwar möchte ich seine Hand nehmen, bin dazu aber noch zu misstrauisch.
    »Sie war alles, was ich noch hatte, und ich hatte versprochen, mich um sie zu kümmern, und sie ist weg. Wir haben in der Dunklen Stadt gewohnt, waren jedoch beide nicht Bürger. Ich durfte nur zum Handeln hinein, und

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