Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Meer Der Tausend Seelen

Das Meer Der Tausend Seelen

Titel: Das Meer Der Tausend Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Ryan , Catrin Frischer
Vom Netzwerk:
doch eigentlich …« Ich kann es nicht aussprechen.
    »… tot sein«, vervollständigt Catcher den Satz für mich.
    »Mudo«, flüstere ich.
    Er lächelt. »Ist doch dasselbe.«
    Mein Blick wandert an seinem Hals entlang zu der Stelle an seiner Schulter, an der die Bisswunde ist. Dort ist noch immer eine hochrote Strieme zu sehen, Schorf bedeckt die Stellen, an denen Mellies Zähne die Haut durchbohrt haben.
    »Es ist fast eine Woche her, seit du gebissen wurdest«, sage ich kopfschüttelnd. Das ergibt alles keinen Sinn, er müsste tot sein. Die Angesteckten halten doch nicht so lange aus. Etwas fängt an, in mir zu singen: Hoffnung.
    Catcher ist immer noch da. Er lebt.
    »Ich war da, ich habe es gesehen. Du hast es mir erzählt.« Meine Stimme wird lauter, all der Schmerz, die Angst und Reue brechen hervor, die sich seit jener Nacht in mir angestaut haben. »Du bist infiziert, hast du gesagt.«
    »Das war ich auch«, erwidert er.
    »Das ist er immer noch«, wirft Elias vom Boden aus ein. Ich schaue zu ihm. Er hat sich aufgesetzt, ein Arm ist um sein Knie geschlungen. Die Überreste der drei Kratzer sind immer noch zu sehen, und das Veilchen auf seinem Auge von dem Angriff am Strand blüht auch noch. Jetzt presst er eine Hand auf die Seite, auf die ich ihn gerade geschlagen habe, und auf der Wange ist ein kleiner roter Schnitt von meinem Messer. Sein weißes Gewand ist voller Blutflecken, ich habe ihn mit Daniels Blut beschmiert, als er mich gehalten hat.
    Ich bin frustriert, weil ich gar nichts verstehe. »So lange halten Menschen nicht durch, wenn sie infiziert sind«, sage ich. »Das dauert schon zu lange. Ich begreife das nicht.« Sie schauen einander an, dann steht Elias langsam auf. Er hebt das Messer auf, das ich fallen gelassen habe und hält es mir mit dem Griff voran hin.
    »Er ist immun«, antwortet Elias.

22
    I ch starre ihn an, um uns herum ist alles still und trist, nur mein Herzschlag kann nicht an sich halten. Und dann warte ich auf Catchers Erklärung, so etwas wie Immunität gibt es nämlich nicht. Sonst hätten sie uns in der Schule davon erzählt. »Das ist nicht möglich«, sage ich schließlich. »Keiner ist immun. Sie haben immer dafür gesorgt, dass wir das begreifen: Keiner ist immun.«
    Mein Blick wandert zwischen Elias und Catcher hin und her. Genau das wird uns erzählt, sobald wir alt genug sind zuzuhören. Genau das wissen wir schon als Kinder: Es gibt kein Heilmittel, es gibt keine Immunität, es gibt kein Entkommen. Nach einem Biss ist man infiziert und tot.
    »Du hast es selbst gesagt. Sechs Tage ist es her, Gabrielle«, erwidert Catcher. »Eine andere Erklärung gibt es nicht.«
    Aber ich schaue Elias an. Ich versuche zu entscheiden, ob ich einem Souler vertrauen kann. Er scheint zu verstehen, was hier vorgeht, und mehr zu wissen, als er sagt.
    Ich will ihm glauben. Ich will glauben, dass Catcher okay ist und dass ich ihn nicht im Stich gelassen habe – dass irgendetwas auf dieser Welt gut sein kann. Obwohl es allem widerspricht, was ich bisher gewusst und geglaubt habe.
    Ich habe so viele Fragen, aber jetzt ist mir nur eines wichtig. Ich starre Catcher an und kann kaum atmen. »Dir geht es gut?«, frage ich. »Es … es geht dir wieder besser jetzt?«
    Ich beobachte, wie sich seine Hände verkrampfen, wie sein Kiefer zuckt. »Ich bin immer noch infiziert«, entgegnet er.
    »Was bedeutet das?«, frage ich.
    Elias kommt Catcher mit seiner Antwort zuvor. »Das heißt, die Mudo spüren es nicht, wenn er ihnen nahe kommt. Sie greifen ihn nicht an. Die Ansteckung wird ihn nicht töten, er wird sich nicht wandeln …«
    Catcher unterbricht ihn. »Das heißt, wir können nach Hause gehen.« Er kommt zu mir, nimmt meine Hand und drückt sie an seine Brust. Seine Haut ist so heiß, dass ich seine Hitze durch die Kleider hindurch spüren kann. »Wir können weitermachen wie früher«, ergänzt er. »So tun, als wäre das alles nie passiert.«
    Elias verschränkt die Arme vor der Brust, die Lippen fest aufeinandergepresst. Aber er ist mir jetzt egal. Ich spüre nur, wie mein Herz singt. Catcher wird weiterleben! Noch vor wenigen Augenblicken habe ich gedacht, er wäre schon tot, wäre schon Mudo. Ich dachte, ich würde nie wieder mit ihm sprechen können, nie wieder von ihm gehalten und verstanden werden. Und plötzlich ist all diese Angst wie weggeblasen, und in mir keimt Hoffnung auf.
    »Wir können zurück nach Vista, Gabry. Wir können genauso weitermachen wie vorher. Du und ich und

Weitere Kostenlose Bücher